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Die Toten von Crowcross

Die Toten von Crowcross

Titel: Die Toten von Crowcross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Mc Dowall
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der Sizewell-B-Prüfung.«
    Ich hatte keine Ahnung, was zum Henker er mit Sizewell B meinte, ließ mir aber nichts anmerken, nippte nur an meinem Guinness und nickte.
    »Und dann sind da noch die Bergarbeiter«, fuhr Andy fort, »hast du mal von einem Typen namens Ian McGregor gehört?«
    »Nein«, sagte ich unverblümt.
    »Eine Drecksau, ein halber Yankie, Kumpel. Der hat schon British Steel unters Messer genommen und Tausende auf die Straße gesetzt.«
    »Und jetzt hat Maggie ihn geholt, damit er mit den Kohlegruben dasselbe macht«, warf Hilary aufgeregt ein. »Es heißt, er will etliche Bergwerke schließen, aber das lassen die Bergleute sich nicht gefallen. Es wird einen landesweiten Kohlestreik geben, der sich mit etwas Glück zum Generalstreik entwickelt. Genau wie 1926.«
    »Geeint wird die Arbeiterschaft nie unterliegen«, sagte Andy mit einem Lächeln. »Wer weiß, wie es nächstes Jahr um diese Zeit in diesem Land aussieht.«
    Ein paar angetrunkene Penner am Nachbartisch brummten irgendwas von verfluchten Kommunisten. Die »Market Tavern« war noch nie die feinste Zapfstelle gewesen, und Andy und Hilary hatten sich in Schwung geredet und gaben sich keine Mühe mehr, leise zu sprechen. Glücklicherweise reichte es aber, dass Andy einen drohenden Blick zu den beiden Besoffskis hinüberschickte; sie verstummten und wandten sich wieder ihrem Kartenspiel zu.
    Obwohl ich so gern im Cottage bleiben wollte, bekundete ich in meiner Unerfahrenheit einige Zweifel an dem, was sie da voraussagten (soweit ich es verstand).
    »Aber die Regierung, ich meine, die meisten unterstützen die doch, oder? Haben denen die Stimme gegeben und so.«
    Andy schob mir sein Päckchen Golden Virginia und die Rizlas über den Tisch, damit ich mir eine drehen konnte. Es ist wirklich seltsam: Bis zum heutigen Tag erinnere ich mich an das kleinste Detail seiner Bewegung, so belanglos sie auch war. Er hatte große, kräftige Hände und über den Fingerknöcheln L-O-V-E und H-A-T-E eintätowiert. Dazu trug er ein paar dicke Ringe, einen mit einer geringelten Schlange und einen mit einem Schädel mit rot glitzernden Augen. Ich höre auch noch, was ich damals hörte. Jemand hatte in der Jukebox O ễ M ề D ẳ gedrückt, Enola Gay ; und der Mann hinter der Theke drehte lauter.
    »Neunundsiebzig sind sie mit nur dreiundvierzig Prozent gewählt worden, Kumpel«, redete Andy gegen die Musik an. »Dieses Jahr war es schon weniger, und es hat sowieso nur noch jeder Dritte überhaupt gewählt. Das ist für mich kein Mandat. Das Problem mit unseren Landsleuten ist, dass sie allesamt schlafwandeln wie verdammte Hypnoseopfer oder so. Das ist es, was die Protestbewegung will: die Leute aufwecken und etwas gegen die allgemeine Hirnwäsche tun.«
    Ich zog ein Papierchen aus der Packung und nahm mir etwas von Andys Tabak. Hilary hatte den Kopf an seine Schulter gelegt, ihre Hand ruhte auf seinem Unterarm. Ich kann da jederzeit wieder weg, sagte ich mir, das ist keine Sekte oder so was. Warum sollte ich also nicht ein Weilchen bleiben und mir ansehen, wie die Sache sich entwickelte? Hilary hob den Kopf und flüsterte Andy etwas ins Ohr, das ihn erwartungsvoll lächeln ließ. Die beiden so zu sehen erinnerte mich natürlich an Claire. Wie sie wohl war? Vom ersten Tag an drehte sich letztlich immer alles um Claire.

11
    Zwei Wagen fuhren hinüber zum »Crowcross Arms«. Jacobson und Kerr folgten Mick Hume und DC Williams. Es war Mittagszeit, aber in dem Pub herrschte Ruhe, wie es an einem Montag von einem abgelegenen Landgasthof nicht anders zu erwarten war. Mick Hume ging hinein, während Jacobson vor der Tür noch ein paar Telefonate erledigte. Hume nahm den Wirt beiseite und besprach schon einmal die wichtigsten Dinge mit ihm. Der Pub war mit beeindruckenden Überwachungskameras ausgestattet, drinnen wie draußen – in größerer Nähe zu den beiden Tatorten hatten sie bisher noch keine entdeckt. Sie würden eine Kopie der Festplatte oder des Bandes brauchen (welche Technik auch immer im Einsatz war) und im Prinzip das gesamte Material Bild für Bild durchsehen müssen. Fürs Erste, und zwar sofort, musste aber schon mal einer mit geübtem Auge die letzten vierundzwanzig Stunden durchscannen, wobei es besonders auf die Nacht und den frühen Morgen zu achten galt. Jacobson hatte Mick Hume für den Job vorgesehen. Unterdessen sollten Ray Williams und Kerr mit den Gästen reden, vor allem den Ortsansässigen. Jacobson selbst wollte sich mit dem Wirt

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