Die Toten von Crowcross
verzeichneten, inoffiziellen Informanten benutzte. Jacobson, Mick Hume und ein oder zwei andere wussten davon, aber es gab keine direkte Verbindung zwischen McCulloch und dem CID, geschweige denn einen offiziellen Kontaktmann. McCulloch lebte vom Fensterputzen und war mehr oder weniger rechtschaffen geworden. Jedenfalls, soweit Kerr über ihn Bescheid wusste. Aber er lebte nach wie vor im verbrechensgeplagten Viertel Woodlands und hatte äußerst nützliche Augen und Ohren, wenn es denn nötig war. Im Augenblick war die Frage natürlich, was um alles in der Welt er vergangene Nacht um zwölf getrieben hatte und warum das gerade in Crowcross hatte sein müssen.
Lucinda Williams, Everything Is Wrong , Alabama 3, Woke Up This Morning , dann kam Ali Farka Touré mit Savane. Kerr liebt dieses Stück. Kurz vor Wynarth fuhr er in eine Haltebucht und hörte das Lied zu Ende, bevor er es mit der Handynummer versuchte, die er von McCulloch hatte.
Der meldete sich sofort, klang argwöhnisch wie immer und nannte Kerr nicht beim Namen.
»Wir müssen dringend reden«, sagte Kerr. »Heute Nachmittag, es ist wichtig und kann nicht warten . «
McCulloch sagte, er arbeite drüben in den Bartons. Das war ein solides Mittelklasseviertel, in dem er sich einigermaßen sicher fühlte.
In dem Pub dort war viel mehr los als im »Crowcross Arms«, besonders draußen im Hof, unter den Sonnenschirmen. McCulloch hatte sich einen Tisch möglichst weit weg von allen anderen ausgesucht. Kerr ging an die Theke und kaufte zwei Bier und ein Päckchen gesalzene Erdnüsse. Mit ein paar großen Schlucken rückte er seinem Durst zu Leibe, und dann kam er ohne Umschweife zur Sache.
»Sie könnten in bösen Schwierigkeiten stecken, Geordie. Ich muss wissen, was Sie gestern Abend gemacht haben. Lügen Sie mich nicht an, versuchen Sie nicht, mich für dumm zu verkaufen. Sie sind von einer Kamera aufgenommen worden. In Crowcross, um Mitternacht. Warum?«
McCulloch drehte sich seine unvermeidliche Zigarette, bevor er sprach. Er sah gepflegter aus, als Kerr ihn je erlebt hatte, in Arbeitskleidung, Jeans und T-Shirt, aber beides neu, sauber und gebügelt. Womöglich hatte er sich seit Ostern sogar rasiert. Was fehlte, war die Baseballkappe; wahrscheinlich wollte er seine Kunden hier im Viertel nicht verschrecken.
»Ach, ich bin nur ein bisschen herumgefahren, Mr Kerr. Das ist doch noch erlaubt, oder?«
»Ich sagte, Sie sollen nicht versuchen, mich für dumm zu verkaufen, und das meine ich ernst. Ich will Ihnen nur helfen.«
McCulloch starrte ihn an und versuchte seine Gedanken zu lesen.
»Es ist wegen Maxine. Sie geht mir auf die Nerven. Wir streiten uns in letzter Zeit ständig. Manchmal muss ich einfach raus.«
»Um Mitternacht? Nach Norden, auf die Umgehungsstraße, nach Wynarth und bis raus nach Crowcross?«
»Ich fahr manchmal einfach gern ein Stück, um den Kopf wieder klarzukriegen.«
Kerr trank noch einen Schluck Bier.
»Sie sagen also, Sie hatten Streit mit Maxine und sind mitten in der Nacht losgefahren, um sich zu beruhigen?«
»Jep, in aller Kürze können Sie das so sagen. Fragen Sie Maxine ruhig, wenn Sie wollen«, sagte McCulloch und hielt ihm sein Handy hin.
Kerr hatte die berühmte Maxine nie kennengelernt, aber er wusste, sie hatte einen gehörigen Anteil daran, dass McCulloch vom Heroin und den kleinen Verbrechen losgekommen war, mit denen er sich das nötige Geld für seinen Konsum verschafft hatte. McCullochs vorherige langjährige Beziehung, Sylvie (mit der er verheiratet gewesen war), war an verunreinigtem Stoff gestorben, was ein weiterer bedeutsamer Markstein auf seinem Weg nach Damaskus gewesen war.
»Das wird nicht reichen, Geordie. Sie wird eine offizielle Aussage machen müssen, dazu, wann Sie weggefahren sind und wann sie Sie wiedergesehen hat.«
McCulloch sah ihn erschreckt an.
»Wir schicken natürlich einen Uniformierten«, fügte Kerr schnell hinzu.
Wenn ein Streifenwagen vor seiner Tür hielt, würde keiner von McCullochs Nachbarn auch nur mit der Wimper zucken. Wenn einer vom CID kam, sah die Sache allerdings anders aus. Das konnte den Argwohn der Leute in Woodlands wecken.
»Um was geht es eigentlich, Mr Kerr?«, wollte McCulloch wissen.
Kerr ignorierte die Frage.
»Ich muss alles über Ihre Fahrt wissen, Geordie. Jedes Detail.«
McCulloch erzählte: Wann er losgefahren sei, wie lange er gebraucht und welche Route er genommen habe, hin und zurück. Er behauptete, nicht weiter als bis nach Crowcross
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