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Die Toten von Crowcross

Die Toten von Crowcross

Titel: Die Toten von Crowcross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Mc Dowall
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Adresse von Vine gefragt, aber er überlegte es sich anders. Wenn sie mit ihm sprechen wollten, konnten sie ihn auch gut über die Gefängnisverwaltung ausfindig machen. Soweit er wusste, hatten nur die Gefangenenakten die Tendenz, verloren zu gehen.
    Jacobson stand auf.
    Sie fragte ihn wieder, wann sie die Leiche sehen könne. Er holte eine Karte aus der Brieftasche, auf der die Nummern der Opferhilfe standen. Das hätte Helen Dawson schon machen sollen . Aber vielleicht hatte sie es ja getan, und Maureen Bright hatte es nur nicht registriert.
    »Rufen Sie an, oder bitten Sie Ihre Freundin Jane, es für Sie zu tun«, sagte er. »Dort hilft man Ihnen mit allem weiter.«
    Robinson hatte die Obduktion vorgezogen, aber alles andere folgte dem normalen Zeitplan. Nach der Obduktion wurden die Toten für Freunde und Verwandte wieder hergerichtet. Allerdings war es unwahrscheinlich, dass sie in Groves Fall vor dem nächsten Nachmittag dazu kamen. Abgesehen von der Mordkommission und ein paar unwichtigen Hinterbliebenen empfand kaum jemand eine besondere Dringlichkeit, was Tote betraf.

17
    Jane Ebdons Haus lag in einer Sackgasse. Maureen beobachtete, wie die beiden Polizisten in den Wendekreis fuhren, drehten und erneut am Fenster vorbeikamen. Sie sah noch eine Weile hinaus, bis sie sicher war, dass sie tatsächlich weg waren. Sie behandelten dich wie ihr persönliches Eigentum, die Bullen, wenn du mit ihnen etwas zu tun hattest, das sie interessierte. Nahmen sich irre was heraus und bedrängten dich, egal, wo und wann, notfalls traten sie dir sogar nachts um zwölf noch die Tür ein. Aber diese beiden waren clever, oder dachten es zumindest. Schrien nicht, waren geduldig, wobei sie natürlich trotzdem dafür sorgten, dass sie ihre Antworten bekamen. Mit den Streifentypen in Uniform, diesen gesichtslosen Kerlen, mit denen sie sich während ihrer Zeit auf der Straße hatte herumschlagen müssen, hatten sie wenig gemein. Trotzdem gehörten sie zur selben Truppe und packten dich gleich in eine Schublade. Die Frauen waren die schlimmsten, das fand sie schon immer. Hochnäsige Schnepfen, die abfällige, gehässige Bemerkungen über dein Outfit machten. Als bliebe dir was anderes übrig, als auch in Winternächten mit praktisch nichts am Leib auf der Straße zu stehen, damit irgendein altersschwacher Kerl mit seinem Blick an dir hängen blieb, dich für einen Zwanziger betatschte, sein dreckiges, ranziges Ding in dich reinsteckte und auch noch erwartete, dass du ihn anlächeltest. Komm schon, Süßer, ist doch nett da in mir drin, oder ?
    Sie wandte sich vom Fenster ab, trug den Rest ihres Wodkas in Janes Küche, fand etwas Cranberry-Saft im Kühlschrank und füllte das Glas bis zum Rand damit auf. Jane hatte recht, sie musste etwas essen. Marty war tot. Tot, tot, tot. Und sie hatte trotzdem Hunger, ob sie wollte oder nicht. Einer von den beiden war in den Fernsehnachrichten gewesen . Der Ältere, Jacobson . Hatte einen Reporter zusammengestaucht, der ihn daran erinnert hatte, wie die Sache damals Marty angehängt worden war. Jetzt ist alles anders, behauptete dieser Jacobson. Die schwarzen Schafe von früher gibt’s nicht mehr, die haben längst den Löffel abgegeben oder sind in Rente. Ja, genau. Da sollte er nur mal spätabends zum Clarence Square gehen und sich ansehen, wie da die Streifenbullen vorfuhren und sich ganz diskret mit Barem, Koks oder Gratisficks abfinden ließen. Gar nicht zu reden von den kleinen Tricksereien und Fingerzeigen, mit denen die Bullen auf die Konkurrenz gehetzt wurden, bevor sie einem selbst an den Hals gingen .
    Die Erinnerung ließ sie schaudern. Das war ein verdammter Albtraum gewesen. Sie aber hatte ihn unglaublicherweise überlebt und sich wieder freigekämpft. Das hatte sie nicht allein Marty zu verdanken, das wusste sie. Kein Außenstehender konnte dich da herausholen. Nur du selbst. Das Gleiche galt für den Stoff. Der haute dir den Schädel gegen die Wand und hielt ihn da fest bis zu dem Tag, an dem du in dir die Orte und Kräfte fandest, an die er nicht herankam, die Adressen, die er nicht kannte. Marty hatte ihr allein schon dadurch geholfen, dass er ein zusätzlicher Grund gewesen war, es überhaupt zu versuchen. Sie musste an den Nachmittag denken, an dem sie ihn kennengelernt, ihn das erste Mal gesehen hatte. Es war ein Sommertag gewesen, vielleicht noch heißer als der heute, im Memorial Park.
    Alle, wirklich alle, auch Jane, lagen falsch, was sie beide anging; sie zählten alle

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