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Die Toten von Crowcross

Die Toten von Crowcross

Titel: Die Toten von Crowcross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Mc Dowall
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alte Start- und Landebahn, eine von unzähligen tiefen Rissen durchzogenen Betonpiste. Der johlende Applaus von allen Seiten trieb uns an, und eine Menge einfacher Demonstranten drängte ebenfalls auf das Flugplatzgelände, verließ spontan die Menschenkette und folgte unserem Beispiel. Viele von ihnen legten oder setzten sich irgendwohin, um die Polizei herauszufordern.
    Wir rannten weiter. Hilary fiel etwas zurück, rief aber, wir sollten uns nicht um sie kümmern und um Himmels willen nicht langsamer werden. Die Polizisten waren völlig überrumpelt. Das war noch vor dem Bergarbeiterstreik, vergessen wir das nicht, noch vor Orgreave, und für viele von denen war es wahrscheinlich die erste Auseinandersetzung dieser Art. Im Nachhinein war mehr als klar, dass sie eigentlich nur um die Container und das Tor herum hätten in Stellung gehen müssen, um aus dieser Position heraus Trupps auszusenden und die Piste zu räumen. Stattdessen gerieten sie in Panik und wollten (ohne Erfolg) alles auf einmal. In der Ferne sahen wir die anderen Aktionstrupp-Zellen. Polizisten und normale Demonstranten rannten herum wie aufgescheuchte Hühner, aber hier und da waren zwei, drei Gestalten zu erkennen, die geradewegs auf unser gemeinsames Ziel zulief en ế
    Wir waren vielleicht noch fünfzig Meter von den Containern entfernt, als uns die ersten Polizisten erreichten. Es waren zwei. Große Mistkerle mit geschlossenem Visier und ohne irgendeine Nummer auf den Schultern (so viel hatten sie bei ihrem Training kapiert). Ich rannte auf der einen Seite um sie herum, Andy und Hilary versuchten es auf der anderen. Schilde und Schlagstöcke machten die Kerle unbeweglich, und wir kamen problemlos an ihnen vorbei. Sie nahmen sofort die Verfolgung auf, und einer von ihnen fluchte die ganze Zeit unflätig.
    Wir hängten sie ab, waren schneller, aber dann stolperte Hilary und schlug böse auf dem Beton hin. Keuchend rief sie uns zu, wir sollten ohne sie weiterlaufen. Andy zögerte, genau wie ich. Dann war schon einer der beiden Kerle bei ihr, der Brüllaffe. Ich dachte, er würde auf seinen Kollegen warten und Hilary mit ihm zusammen wegtragen, wie ich es bei anderen Demos und Sitzblockaden im Fernsehen gesehen hatte. Ich habe ja bereits darauf hingewiesen, wie naiv ich damals noch war. Der Bulle legte seinen Schild zur Seite und beugte sich über sie, wobei ich wahrscheinlich immer noch dachte, er wolle sich vergewissern, dass sie nicht ernsthaft verletzt sei.
    Wumms, wumms, wumms. Der Dreckskerl schlug dreimal mit seinem Knüppel auf sie ein. Auf die Schenkel, die Nieren und – völlig wahnsinnig – den Kopf. Und dabei schrie er: »Hure, Schlampe, Kommunistenbastard!« Andy ging auf ihn los, bekam irgendwie den Arm um seine Kehle und zerrte ihn von ihr weg.
    »Vorsicht!«, rief ich.
    Aber es war zu spät. Mittlerweile war auch der andere Dreckskerl herangekommen und fiel von hinten über Andy her. Viermal musste er zuschlagen, bis Andy zu Boden ging. Ich konnte es mit den beiden nicht aufnehmen (ich hätte schon bei einem allein den Kürzeren gezogen) ế Trotzdem musste ich sie von Andy und Hilary wegbringen. Also packte ich den Schild des Schreihalses und schleuderte ihn auf den anderen Kerl. Er konnte ihn mühelos mit dem Knüppel abwehren, aber meine Aktion genügte, um die beiden abzulenken. Ich lief weiter und vergewisserte mich mit einem Blick über die Schulter, dass sie mir folgten.
    Ich rannte, bis ich dachte, mir platzt die Lunge. Bald schon hatte ich den Schreihals und seinen Kollegen hinter mir gelassen (vielleicht hatten sie auch nur eine leichtere Beute entdeckt und sich abgewandt), mich geduckt, Haken geschlagen und noch eine Reihe weiterer Knüppelschwinger abgehängt. Mittlerweile wurde ringsum wild geprügelt: Es hatte ganz den Anschein, als hätte die Polizei keine andere Strategie, als auf alles einzuschlagen, was ihr unter die Knüppel kam. Später begriff ich, dass etliche von den Typen schlicht durchgedreht waren und jede Kontrolle verloren hatten. Ich schwöre, dass ich gesehen habe, wie einer auf eine hochschwangere Frau einschlug, die friedlich im Gras saß und nicht mal versuchte, bis zur Rollbahn vorzudringen. Die BBC konnte etliche solcher Szenen filmen, aber geheimnisvollerweise schafften die schlimmsten Bilder es nicht bis in die Nachrichten. Später ging das Gerücht, die Polizei habe die Filmcrew beim Verlassen des Freiheitsfeldes abgefangen und den Großteil des Filmmaterials gleich vor Ort vernichtet.
    Trotz

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