Die Toten von Crowcross
Besonderes mit den Kindern anstand ề Nein, sagte sie, da gebe es nichts … bis auf den unsinnigen Wunsch der zwei, manchmal auch etwas Zeit mit beiden Eltern zu verbringen. Kerr überhörte den Sarkasmus und versprach, sich zu beeilen, wobei er aber absolut nicht sagen könne, bis wann er es schaffe.
Er gönnte sich zehn Minuten in der Filiale von WH Smith, um die neuesten Musik- und Computerzeitschriften durchzublättern. Als er wieder nach draußen kam, sah er einen Streifenwagen auf dem Parkplatz stehen. Das eingeschaltete Blaulicht wirkte im Nachmittagssonnenschein seltsam blass und kraftlos. Mein Wagen steht da ganz in der Nähe, dachte er, und ging darauf zu, wobei er vage bedauerte, die Zeitschrift mit der Gratissoftware zur Datenorganisation nicht gekauft zu haben. Seine Musikdownloads mussten dringend geordnet werden, nur fand er einfach nicht die Zeit dazu. Nach Cathy, den Kindern und dem Bemühen, Rachel nicht zu vermissen, behaupteten die weniger wichtigen Hobbys allenfalls einen schwachen vierten Platz auf seiner Prioritätenliste.
Der Streifenwagen stand vor einem älteren, dunkelgrünen Mondeo, in dem ein junger Bursche und ein Mädchen saßen. Kerr schätzte die beiden auf vielleicht sechzehn oder siebzehn, mehr nicht. Der Junge hatte eine Baseballkappe mit langem, weißem Schirm auf. Das Mädchen sah wütend aus und schlug ihm mit aller Kraft auf den Arm, bis einer der Streifenpolizisten sagte, sie solle das lassen. Der Kollege schien Kerr zu erkennen (Kerr ihn jedoch nicht) und winkte ihn heran.
»Joyrider, Gott noch mal. Sind mit hundertachtzig durch die Radarkontrolle gebrettert und hatten dann Lust auf Burger und Pommes«, erklärte er.
»Ich wusste nicht, dass er geklaut ist«, sagte das Mädchen. »Mir hat er gesagt, er gehört seiner verdammten Schwester. Dieser Scheißer. Dieser verfi ...«
Der Polizist forderte sie noch einmal auf, Ruhe zu geben, und wandte sich wieder an Kerr.
»Der blaue Renault Clio, Sergeant«, sagte er, »da kam gerade was über Funk.«
Kerr sah ihn verständnislos an, vielleicht war er mit seinen Gedanken noch nicht ganz wieder im Dienst. Die Joyrider fuhren einen Mondeo, warum redete der Mann jetzt von einem Clio? Und was hatte das alles mit ihm zu tun?
Endlich wurde der Verkehrspolizist genauer.
»Eins der Fahrzeuge, nach denen Inspector Jacobson sucht? Das Kennzeichen stimmt auf jeden Fall. Die Martin-Grove-Sache?«
Jetzt begriff Kerr. Der blaue Clio. Der vermisste Wagen von Karen Holt.
Der Kollege erklärte ihm, dass eine Streife den Wagen gefunden habe, auf dem Hof eines Taxiunternehmens, drüben am Bahnhof. Bei Bridge Cars. Kerr kannte die Firma und beschloss, einen kleinen Umweg zu machen. Er versuchte Jacobson zu erreichen, bekam aber keine Antwort, unter beiden Nummern nicht, also hinterließ er eine Nachricht auf dem Handy und informierte gleich noch den Einsatzraum (Brian Phelps). Der Streifenwagen war noch da, als Kerr auf den Hof fuhr. Sie bewachten den Clio, bis die Spurensicherung kam. Kerr sah ins (abgeschlossene) Innere: ein paar Straßenkarten, eine offenbar leere Dose Red Bull, ein nicht angeschlossenes Navi. Die Streifenbeamten erklärten, sie seien auf einen Anruf hin hergekommen. Der Clio stehe seit Montagabend hier, der Besitzer habe ihn nicht wieder abgeholt, woraufhin das Taxi unternehmen jetzt die Polizei gerufen habe.
Kerr ging in den vollgepackten Bürocontainer und sprach mit dem Co-Eigentümer, Ramesh Mishra. Kerr kannte ihn. Mishra war Kellner im »Viceroy Tandoori« in Wynarth gewesen, als dessen Eigentümer von Rassisten bedroht worden war. Ramesh Mishra war Mitte zwanzig und arbeitete sich zielstrebig nach oben. Kerr befragte ihn kurz. Karen Holts Navi hatte wohl auf dem Weg von Birmingham nach Crowby plötzlich nicht mehr funktioniert, und da sie sich nicht auskannte, hatte sie Groves ländliche Bleibe nicht allein suchen wollen. Sie hatte ein Taxiunternehmen angesteuert und sich hinbringen lassen ế Es sei vereinbart gewesen, dass sie anriefe, wenn sie wieder abgeholt werden wollte. Nur hätten sie nie wieder von ihr gehört.
»Und Sie lassen den Wagen hier zwei Nächte lang einfach so stehen, Ramesh?«
»Auf Kunden kann man sich nie verlassen, Sergeant. Also dachten wir, wir warten erst mal ab.«
Die Daten des Wagens waren nicht an die Öffentlichkeit gegeben worden, aber was war mit den Bekanntmachungen zu Karen Holt selbst, die über Fernsehen, Radio und Zeitungen verbreitet worden waren? Hatte niemand sie
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