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Die Toten von Crowcross

Die Toten von Crowcross

Titel: Die Toten von Crowcross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Mc Dowall
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Friedensaktivistin sei sie nicht eben friedliebend. Da sah sie mich todernst an und erklärte, für den Frieden sei noch genug Zeit, nachdem der letzte Banker den letzten Waffen-handler mit dem letzten Exemplar des Wall Street Journal erwürgt habe, und dann lachte sie und küsste mich. Glaubte sie das alles? Oder war es nur ein Spiel, eine Phase, eine jugendliche Rebellion gegen die eigene privilegierte Familie? Ich wünschte, sie hätte lange genug gelebt, um mich das herausfinden zu lassen. Ich wünschte, sie wäre noch am Leben . Punkt.
    Ebenfalls nie herausgefunden (weil sie es nicht sagte) habe ich, ob das mit den noblen Hotels etwas war, das sie auch mit Nigel gemacht hatte, wenn sie zusammen nach London gefahren waren, oder ob dieses Geschenk mir Vorbehalten war. Die Nächte waren natürlich das Beste. Magisch, die reine Seligkeit. Wir gingen in alle angesagten Clubs und Kneipen, wo immer sie lagen, ob in Camden, Brixton oder sonst wo. Ich weiß noch, wie wir einmal in den frühen Morgenstunden auf eine Party auf einem Themse-Kreuzer kamen (wie wir da landeten, kann ich nicht sagen). Ich zog mir eine Line Koks rein (Claire wollte nicht), und zwar mit einem Typen, den sie noch von der Uni kannte. Später lachte sie wie verrückt über mich und sagte, er sei Rechercheur am Smith Square, was (wie sie mir erklären musste) bedeutete, dass er für Mrs Thatchers Tories arbeitete. Vielleicht liebte sie die Freiheit, den Spaß, den Irrsinn; vielleicht liebte sie es, willkürlich zwischen den verschiedenen, einander ausschließenden Welten zu wechseln.
    Nicht lange vor ihrem Tod waren wir das letzte Mal zusammen in London. Wir gingen nicht so viel aus wie sonst, sondern blieben in unserem Hotelzimmer, in unserem großen, bequemen Bett. Mittlerweile kannte ich Claires Körper in- und auswendig, was mir nichts von meiner Lust nahm. Wenn es ihr kam, durchzuckte sie ein einzigartiger kleiner Schauer, an den ich mich genauso erinnere wie an ihre Stimme, ihre Augen und ihr Lächeln. Es war noch hell, als wir am nächsten Tag nach Myrtle Cottage zurückkehrten, und wir sahen auf den ersten Blick, dass es neuen Ärger gab. Oben waren zwei Fenster eingeworfen, und auf die Haustür hatte jemand mit dicker blauer Farbe: Hippieabschaum verschwinde. Das ist eine Warnung gepinselt.

30
    Jacobson holte sich einen Kaffee aus der Kantine und nahm den Aufzug hinunter zum Einsatzraum im vierten Stock ế Emma Smith hatte angerufen und gesagt, die Durchsicht der Telefondaten von Martin Grove und Karen Holt habe bereits zu ein paar aussagekräftigen Ergebnissen geführt. Fast widerstrebend hatte er daraufhin Hunters Bericht zugeklappt und gesagt, er sei schon unterwegs. Um es übersichtlicher zu machen, hatte Smith drei Reihen mit Nummern auf die weiße Tafel geschrieben und einige von ihnen mit Pfeilen verbunden. Bis jetzt, erklärte sie, konzentrierten sie sich auf die Anrufe seit Freitag vergangener Woche. Bekommen hätten sie die Daten für den ganzen letzten Monat, da sei also noch einiges zu durchforsten.
    Jacobson studierte die Zahlenkolonnen und nippte an seinem Kaffee, den man immer noch nicht wirklich gut nennen konnte, der aber trinkbar war. Seit ein paar Monaten wurde die Kantine von einer neuen externen Firma bewirtschaftet, und seitdem hatte sich eindeutig manches gebessert. England hatte sein Empire verloren, es verfügte über keine verlässlichen Züge und keine ehrbaren, selbstlosen Politiker mehr, aber wenigstens die Kantinen wurden allmählich besser. Reihe A gehörte zu Groves Festnetzanschluss, B und C waren das Handy und der Festnetzanschluss von Holt (Martin Grove hatte, wie sie wussten, kein Handy besessen).
    »Schießen Sie los, Mädchen«, sagte Jacobson.
    DC Phillips drückte sich in der Nähe herum. Dafür hatte er sicher einen guten Grund. Soweit Jacobson sich erinnerte, sollte Phillips an Mick Humes Autokennzeichenliste sitzen und als Ansprechpartner für diesen Bereich fungieren ế
    Emma Smith fing mit dem Offensichtlichen an: Karen Holt hatte weitaus häufiger telefoniert als der zurückgezogen lebende Martin Grove. Freitag und Samstag hatte Groves Telefon nur zweimal geklingelt. Beide Male hatte Maureen Bright von ihrem Handy aus angerufen. Den Freitagabend hatte sie womöglich bei Jane Ebdon verbracht (was sich leicht überprüfen ließ), den Samstagnachmittag mit Einkäufen oder etwas ähnlich Prosaischem (was sich ebenfalls leicht nachprüfen ließ).
    »Was jetzt kommt, ist interessanter, Chef«,

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