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Die Toten Von Jericho

Die Toten Von Jericho

Titel: Die Toten Von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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geben?«
    »Ich glaube fast, ja.«
    »Steckst du in Schwierigkeiten?«
    »Bis zum Hals. Aber ich komme da schon wieder raus – wenn du mir hilfst. Ich brauche so etwas wie ein Alibi … für gestern nachmittag.«
    »Das ist jetzt schon das zweite Mal in dieser Woche.« (Schwang da in seiner Stimme ein neuer, ungewohnter Ton von Gereiztheit mit?)
    »Ja, ich gebe es zu. Aber, wie ich eben sagte, es ist bestimmt das letzte …«
    »Was haben wir also gemacht?«
    »Äh, ich dachte, am besten wäre, du sagst, wir hatten ein Treffen mit unserem schwedischen Kunden …«
    »Und wo?«
    »Äh … vielleicht High Wycombe?«
    »Gut, also High Wycombe. Sind wir in meinem Wagen hingefahren?«
    »Äh, ja. Ich … äh, wir waren so gegen sechs Uhr fertig.«
    »Gegen sechs. Na schön.«
    »Es ist nur für alle Fälle – du verstehst, was ich meine? Ich bin mir ziemlich sicher, daß Celia, falls sie sich bei dir erkundigt, nicht nach Einzelheiten fragen wird, aber …«
    »Ich habe verstanden. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
    »Das sagst du so einfach!«
    »Hör mal, Charles, es tut mir leid, aber ich muß jetzt langsam los. Es ist schon …«
    »Ja, natürlich. Entschuldige! Ich wünsche dir eine gute Reise. Und, Conrad … was ich noch sagen wollte: vielen Dank; du hast mir sehr geholfen!«
    Charles hatte kaum aufgelegt, da klingelte es, und seine Sekretärin teilte ihm mit, daß sie einen Anruf von außerhalb für ihn habe. Privat.
    »Richards. Guten Morgen.«
    »Charles!« Ihre Stimme war zärtlich und hingebungsvoll.
    »Ich habe dir doch gesagt, du sollst mich nicht hier im Büro …«
    Der Ärger war ihm deutlich anzuhören, aber sie ging unbekümmert darüber hinweg.
    »Aber Liebling, nun hab dich mal nicht so. Du bist doch allein. Ich habe deine Sekretärin extra vorher gefragt.«
    Charles holte tief Luft. »Was willst du also?«
    »Dich!«
    »Hör zu, ich …«
    »Ich hatte heute morgen einen Anruf von Keith. Er muß noch mindestens eine Woche in Südafrika bleiben. Eine Woche! Deshalb wollte ich dich fragen, ob ich nicht so gegen halb zwei, zwei im Schlafzimmer die Heizung anstellen soll …?«
    »Hör zu, Jenny! Ich kann heute nicht kommen. Du weißt doch, daß es samstags nicht geht«, sagte er unfreundlich.
    »War ja nur eine Frage! Du brauchst deshalb doch nicht gleich so ärgerlich zu werden. Dann sehen wir uns eben morgen. Ich dachte nur, ich könnte es ja mal versuchen. Es hätte ja sein können, daß du vielleicht ausnahmsweise …«
    »Hör zu …«
    »Nun laß doch endlich mal dieses blöde ›Hör zu‹!«
    »Tut mir leid. Entschuldige bitte. Was ich dir sagen wollte, war, daß wir uns nächste Woche nicht werden treffen können. Es ist zu riskant. Gestern …«
    »Was soll das heißen?«
    Charles dachte an ihr langes blondes Haar und ihren schlanken Körper und fühlte, wie eine verzweifelte Angst in ihm hochstieg.
    »Hör zu, Jenny«, sagte er bittend, »ich werde versuchen, es dir zu erklären, nur jetzt …«
    »Auf die Erklärung bin ich gespannt!«
    »Ich kann jetzt nicht. O Gott!« Es war wie ein Aufschrei.
    »Wann denkst du, daß wir uns sehen können?« fragte sie kühl.
    »Ich werde mich bei dir melden. Aber nächste Woche ist es unmöglich. Es geht einfach nicht …«
    Doch sie hatte schon aufgelegt.
    Charles lehnte sich schwer atmend in seinem Ledersessel zurück. Der scharfe, krampfartige Schmerz zwischen seinen Schulterblättern drohte ihm die Luft zu nehmen. Er wollte eine Tablette nehmen, doch als er die Schachtel öffnete, sah er, daß sie leer war.
     
    An diesem Samstag brachte die Oxford Mail auf Seite zwei einen verspäteten Bericht über den Selbstmord einer gewissen Anne Scott aus Jericho, Canal Reach Nr. 9. Unter denen, die ihn lasen, waren auch einige, die sie gekannt hatten: die Murdochs, Conrad Richards, Morse. Daß auch Charles Richards ihn zu Gesicht bekam, war wohl nichts anderes als Zufall. Er hatte, nachdem die Arbeit im Verlag erledigt war, den White Swan aufgesucht und sich dort drei doppelte Whiskies genehmigt. Bei seiner Ankunft zu Hause stellte er fest, daß Celia sich den Rolls genommen hatte. In der Küche lag ein Zettel, sie sei nach Oxford zum Einkaufen gefahren. »Bin gegen fünf wieder da. Im Kühlschrank steht eine Pastete für dich.« Als sie zurückkam, hatte er im Wohnzimmer gesessen und gerade die Sportschau gesehen. Sie hatte eine Oxford Mail mitgebracht, die sie, als sie wieder hinausging, beiläufig neben ihn auf den Wohnzimmertisch legte – Seite

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