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Die Toten Von Jericho

Die Toten Von Jericho

Titel: Die Toten Von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Menschen kennengelernt.
    »Ich sehe, Sie ziehen Ihr Gemüse selbst«, sagte Morse, stand auf und sah vorbei an dem dunkelgrünen Schuppen, in dem sich vermutlich das Außenklo befand und eine Ecke für die Kohlen, auf das kleine Stück Garten hinaus. »Das finde ich vernünftig. Ich wollte neulich bei mir in Summertown einen Blumenkohl kaufen, und sie haben einen so unverschämten Preis dafür verlangt, daß ich es gelassen habe.«
    Sie strahlte geschmeichelt. Morse wußte, daß er jetzt den zweiten Schritt tun konnte, ohne daß sie mißtrauisch werden würde.
    »Was haben Sie hier eigentlich für einen Boden, Mrs Purvis? Lehmig oder …« Morse versuchte sich zu erinnern, welche Eigenschaften man einem Boden noch zuschreiben konnte, »oder eher alkalisch?«
    Sie hob etwas hilflos die Schultern. »Also da fragen Sie mich wirklich zuviel.«
    Morse lächelte ihr zu. »Na, wenn Sie wollen, kann ich ja mal einen Blick …«
    Einen Moment später standen sie draußen im Garten. Morse bückte sich, nahm etwas Erde auf und ließ sie mit Kennermiene durch die Finger rieseln. Dabei blickte er unauffällig zu Anne Scotts Haus hinüber. Der bei den Häusern in dieser Gegend übliche niedrige Küchenanbau war hier erweitert und durch eine geschickte Dachkonstruktion in das Haus einbezogen worden. An der Schmalseite des Gartens gab es eine Mauer, die offenbar frisch ausgebessert worden war; die Mauer an der gegenüberliegenden Längsseite dagegen wies, wohl als Folge jahrelanger Frosteinwirkung, viele abgeplatzte Stellen auf. Gleich hinter dieser Mauer begann das Gelände der Bootswerft. Von dort aus müßte es eigentlich möglich sein … Er warf noch einen letzten Blick in die Runde, dann verabschiedete er sich von Mrs Purvis. Er hatte erfahren, was er wissen wollte. Es war bezeichnend für Morses Gründlichkeit (manche nennen es auch krankhaften Perfektionismus), daß er sich die Mühe machte und, um den Anschein aufrechtzuerhalten, auch noch bei Nr. 5, 3 und 1 anklopfte, wenn auch, das sollte der Ehrlichkeit halber hinzugefügt werden, nicht besonders laut. Er hatte Glück. In Nr. 5 war niemand da, und das Gespräch mit der Frau in Nr. 3 war nur kurz, da sie schwerhörig war. Gegenüber dem taperigen Alten in Nr. 1, der gleich einen Schritt auf ihn zu machte, so als sei er nicht abgeneigt, ein längeres Schwätzchen zu halten, flüchtete Morse in die Frage, ob er ihm sagen könne, wo ein gewisser Mr … äh, Mr Green zu finden sei. Zu seiner großen Verblüffung nickte der Alte sofort zustimmend mit dem Kopf und wies mit einem knochigen, arthritisgekrümmten Finger hinüber zu Nr. 8, dort, wo Morse den so überaus beschlagenen jungen Automobilarbeiter angetroffen hatte.
    Morse hätte jetzt gehen können, doch der Alte ließ ihn so schnell nicht wieder ziehen. »Habe ich Sie nicht schon mal irgendwo gesehen, Mister?« fragte er, trat noch einen Schritt näher an Morse heran und blickte ihm mit vorgerecktem Hals forschend ins Gesicht.
    Morse spürte plötzlich eine ganz irrationale Angst, entlarvt zu werden, und beeilte sich zu erklären, daß er öfter in der Gegend sei, weil er die Geschichte Jerichos erforsche (»im Auftrag der Bibliothek, wissen Sie!«). Der Alte nickte, und sie kamen ins Gespräch. Morse erfuhr, daß er jeden Abend zwei Stunden im Printer’s Devil verbrachte (»von acht bis zehn, Mister, regelmäßig wie Stuhlgang«).
    Morse hörte es mit großem Interesse. Wenn – dann also zwischen acht und zehn. Was konnte schon groß passieren?!
    Sein nächster Besuch galt dem Schlosser (es war derselbe, den Walters vor einer Woche aufgesucht hatte). Er blieb ihm gegenüber einigermaßen bei der Wahrheit, wies sich korrekt als Inspector aus und erklärte, er habe sich im Haus Nr. 9 Canal Reach umsehen wollen (was der Wahrheit entsprach), aber leider feststellen müssen, daß er den Schlüssel für das Haus im Präsidium habe liegenlassen (was schlicht gelogen war) und ob er, Mr Grimes, ihm vielleicht mit einem Schlüssel für die Haustür aushelfen könne. Aber Mr Grimes bedauerte: er habe keinen passenden Schlüssel da. Natürlich könne er mitkommen und das Schloß öffnen, das sei kein Problem. Das Schloß, das er nicht aufbekomme, müsse erst noch gebaut werden … Falls also der Inspector einverstanden sei … Morse schüttelte energisch den Kopf. Mit einem Schlosser in Canal Reach anzurücken war wirklich das letzte, was er wollte.
    Er nahm einen neuen Anlauf. »Wissen Sie«, sagte er, »eigentlich dürfte ich

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