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Die Toten Von Jericho

Die Toten Von Jericho

Titel: Die Toten Von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Reviers Mitte.
    »Ah ja, ich verstehe«, sagte Bell. »Sehr interessant. Über Geburtstage also.« Er bedankte sich höflich und legte in seine Stimme mehr Herzlichkeit, als er eigentlich empfand, aber schließlich hatte der Alte es ja nur gut gemeint. Geburtstage! Mit was für Scheiß die Leute einem aber auch kamen! Aus Gewohnheit machte er eine Notiz und legte sie in den Ablagekorb. Walters konnte sie morgen zu den anderen Sachen einordnen.
    Diese Notiz sollte Bells letzter Beitrag zum Fall Jackson sein.
     
    Morse war ein wenig überrascht gewesen, als er Mitte der Woche beim Assistant Chief Commissioner um einen Termin für eine Unterredung nachsuchte und dieser seinerseits den Wunsch äußerte, sich mit ihm zu unterhalten. »Ich erwarte Sie dann am Sonntag bei mir in Beckley zum Tee.« Morse erschien pünktlich um halb fünf. Es war einer der letzten schönen Herbsttage, und so tranken sie ihren Tee draußen im Garten, auf einem makellos gepflegten Rasen sitzend, mit Blick auf das weite Grün von Otmoor. Morse berichtete über seine gegen alle Vorschriften verstoßenden Ermittlungen, und der ACC hörte ihm, ohne ihn zu unterbrechen, zu. Nachdem Morse geendet hatte, saß der Chef eine Weile schweigend, und Morse machte sich auf ein paar harsche Worte gefaßt. Doch der erwartete Tadel blieb aus, der ACC ging auf seine Verfehlung mit keinem Wort ein.
    »Es trifft sich gut, daß Sie so detailliert über den Fall Jackson informiert sind, Morse. Ich möchte nämlich, daß Sie ihn übernehmen. Sie scheinen mir dafür geeigneter zu sein als Bell.«
    »Aber Sir, es lag mir fern, Sie zu bitten …«
    »Nun, ich gebe Ihnen den Fall eben trotzdem.«
    »Es tut mir leid, aber da muß ich ablehnen, Sir. Bell den Fall zu entziehen bedeutet eine Herabsetzung, die er nicht verdient hat. Ich halte ihn für einen fähigen Kollegen und glaube …«
    »Herabsetzung?« Der ACC lächelte, als sei er insgeheim amüsiert, und Morse hatte das unbehagliche Gefühl, jemand spiele mit ihm Katz und Maus. »Über Bell brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen. Ich werde anrufen und es ihm mitteilen.«
    »Aber ich …«
    »Vielleicht lassen Sie jetzt endlich Ihre Einwände und hören mir zur Abwechslung einmal zu.« (Wieder dieses rätselhafte Lächeln!) »Was Sie mir da eben erzählt haben, hat mir eine Entscheidung erleichtert. In gewisser Weise kommt mir Ihr regelwidriges Vorgehen gerade recht. Ich weiß, daß Sie sich nicht um den Posten des Superintendenten beworben haben, aber ich hatte trotzdem überlegt, ob ich Sie nicht vielleicht vorschlagen sollte … Ich denke, nach dem, was ich heute von Ihnen erfahren habe, brauche ich mir darüber kein Kopfzerbrechen mehr zu machen. Zu den Aufgaben eines Super gehört unter anderem auch, die Polizei nach außen zu repräsentieren. Wir werden in der Öffentlichkeit nicht zuletzt nach unseren Superintendenten beurteilt. Wenn ich Sie mir so ansehe, Morse, auch im Lichte dessen, was Sie mir eben berichtet haben, so bin ich der Ansicht, daß Sie dafür ganz bestimmt nicht der richtige Mann sind.«
    »Ich weiß nicht, Sir, ob Sie da nicht vielleicht doch etwas voreilig …«
    »Nun, es lag ja noch die Bewerbung von Bell vor. Er ist, glaube ich, sowieso länger dabei als Sie, oder?«
    »Na, also die zwei Jahre …« murmelte Morse.
    »Und er ist, wie Sie selbst ja eben bemerkt haben, ein fähiger Mann. Nicht unbedingt ein brillanter Kopf, aber Brillanz wird auf diesem Posten auch nicht erwartet. Sie brauchen wegen Bell also kein schlechtes Gewissen zu haben, er erfährt keine Herabsetzung, sondern im Gegenteil …«
    »Wenn ich es mir recht überlege, Sir, so würde ich eigentlich gerne noch einmal in Ruhe darüber nachdenken, ob der Posten des Super nicht vielleicht doch für mich …«
    »Dafür ist es zu spät, mein Lieber. Die Entscheidung ist bereits gefallen.«
    »Oh.« Morse fühlte einen leichten Stich von Neid. Aber dann tröstete er sich. Der ACC, so geschwollen er auch immer daherredete, hatte schon recht: um als Aushängeschild zu dienen, war er wohl wirklich nicht der geeignete Mann. Sich gut benehmen zu müssen hatte ihn schon immer schrecklich ermüdet.
    Doch der ACC war noch nicht fertig. »Wissen Sie, Morse, ich denke oft, daß Sie die Dinge nicht richtig angehen. Ihnen fehlt es an taktischem Geschick. Mit Ihren Fähigkeiten könnten Sie, wenn Sie es richtig angestellt hätten, jetzt auf meinem Stuhl sitzen und würden eine Menge mehr verdienen als in Ihrer jetzigen Position.«
    »Ich

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