Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toten Von Jericho

Die Toten Von Jericho

Titel: Die Toten Von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
Vom Netzwerk:
sofort und wandte sich ihm lächelnd zu.
    »Du brauchst mir gar nichts zu sagen. Das war Inspector Morse, hab ich recht? Ich merke es dir sofort an, wenn du mit ihm gesprochen hast, du bist dann immer so aufgekratzt.«
    Lewis nickte nur, aber es bedurfte zwischen ihnen auch nicht vieler Worte. Sie freute sich für ihn. Er war ein guter Mann, und sie wünschte sich, daß er Anerkennung fand. Anders als sonst schlang er heute das Frühstück herunter, ohne recht zu wissen, was er auf dem Teller hatte, aber das störte sie nicht. Er hatte wieder diesen bestimmten Ausdruck im Gesicht, und sie wußte: es hatte ihn wieder gepackt. Und das war gut so.
    Als Lewis um zehn nach acht bei Morse eintrat, bedurfte es nur eines Blicks in den von Stummeln überquellenden Aschenbecher, um festzustellen, daß – erstens – Morse sich wieder in einer seiner Rauchphasen befand (er hatte die Angewohnheit, entweder exzessiv Kette zu rauchen oder gar nicht) und daß er – zweitens –, der Anzahl der Kippen nach zu urteilen, bereits seit mehreren Stunden dasein mußte. Deshalb war es fast verständlich, daß er Lewis’ schnelles Erscheinen weder durch eine Geste noch durch irgendwelche Dankesworte honorierte, sondern gleich zur Sache kam.
    »Ich habe da eine Frage. Wenn ich meinen Wagen falsch parke und dabei von einer Politesse erwischt werde – was passiert dann?«
    »Sie bekommen ein Strafmandat, Sir«, antwortete Lewis prompt.
    »Sie Schlauberger! Das weiß ich selbst. Was mich interessiert, ist der anschließende Amtsweg. Wo wird das Ganze registriert?«
    »Na ja, also erst mal klemmt sie Ihnen die Anzeige unter den Scheibenwischer, und hinterher, nach Dienstschluß, geht sie mit den Durchschlägen …«
    »Wieso Durchschläge?« fragte Morse irritiert.
    »Das, was sie Ihnen an die Windschutzscheibe steckt, ist sozusagen das Original, Sir. Dann gibt es aber noch zwei Kohlepapierdurchschläge. Der erste geht ans Fixed Penalty Office und der zweite zum Magistrate’s Clerk.«
    »Hm. Und woher wissen Sie das alles?«
    »Das müßten Sie eigentlich auch wissen, Sir.«
    »So? Na, jetzt weiß ich’s ja. Wenn ich nun mein Strafmandat gleich bezahlen will – wo muß ich da hin?«
    »Zur Kasse im Magistrate’s Office.«
    »Und wenn nun die Politesse noch nicht dagewesen ist und den Durchschlag noch nicht abgegeben hat?«
    »Das macht nichts. Hauptsache, Sie haben Ihren Strafzettel dabei. Die ganzen Sachen wandern am Ende sowieso zur Archivierung ins Fixed Penalty Office.«
    »Und könnte man dort nachfragen, wer die Buße bezahlt hat?«
    »Ja, natürlich.«
    »Sehr schön. Dann möchte ich, daß Sie sich gleich mal auf den Weg machen, Lewis …«
     
    Bei seiner Rückkehr überreichte Lewis ihm eine Durchschrift der Aktennotiz, in der der Vorgang in allen Morse interessierenden Einzelheiten festgehalten war.
    Strafzettel, ausgestellt am Mittwoch, den 3. Oktober um 15.25 für Rolls-Royce, amtliches Kennzeichen ›LMK 306V‹, abgestellt Victor/Ecke Canal Street im absoluten Halteve r bot. Geldbuße wurde am Freitag, den 5. Oktober mit Scheck des Bankhauses Lloyd’s von C. Richards, 261 Oxford Av e nue, Abingdon, bezahlt.
    »Ganz, wie ich es mir gedacht habe«, sagte Morse, pfiff leise durch die Zähne, zog sich das Telefon heran und wählte die Nummer der Richards Press. Er meldete sich mit seinem vollen Titel (eine Form der subtilen Drohung) und fragte nach Mr Charles Richards. Seine Sekretärin, eine offenbar noch junge Frau, deren Stimme Morse sehr anziehend fand, erklärte ihm, Richards sei außer Haus. Ob Morse es noch einmal versuchen wolle – am besten morgen früh.
    »Morgen früh?« fragte Morse empört. »Nachmittags arbeitet er wohl nicht?!«
    »Mr Richards arbeitet sehr hart!« belehrte ihn die Sekretärin. Der Klang ihrer Stimme war nach wie vor angenehm, der Ton jedoch merklich kühler. »Soviel ich weiß, hat er heute nachmittag eine geschäftliche Besprechung.«
    »Oh, dafür habe ich natürlich volles Verständnis«, sagte Morse.
    »Das ist selbstverständlich sehr viel wichtiger, als der Polizei bei ihren Ermittlungen zu helfen.«
    »Ich … äh … ich könnte versuchen, ihn zu erreichen.«
    »Dann rate ich Ihnen, das schleunigst zu tun«, sagte Morse. Er gab ihr seine Nummer und hängte ein.
    Zehn Minuten später klingelte sein Telefon.
    »Inspector Morse? Hier Richards. Tut mir leid, daß Sie eben vergebens angerufen haben. Sind Ihnen noch weitere Fragen eingefallen?«
    »Ja. Es gibt da einen oder zwei Punkte, die

Weitere Kostenlose Bücher