Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)
zu prügeln. Und ich habe noch etwas gelernt: Nie zuvor und nie wieder danach habe ich etwas derart Machtvolles verspürt wie die Gewalt, die in diesem Moment in meinen Adern pulsierte.
Ich kam im Dunkeln nach Hause, der Höhlenmensch mit seinem Knüppel, und sie empfing mich in ihrer Schürze. Sie hatte ein besonderes Essen gekocht, das wir bei Kerzenlicht verspeisten. Es war ein weiteres unserer wortlosen Abendessen, nur dass es diesmal anders war, weil sie sich hinterher auszog und mich aufforderte, sie zu ficken. Und mit diesem neuen Blut in meinen Adern tat ich ihr den Gefallen. Es war ein denkwürdiger Fick, Inspector Jefe. Endlich hatte ich herausgefunden, was Maddy Krugman erregte.«
»Bilde dir bloß nichts ein, Marty«, sagte sie voller Verachtung.
»Jedenfalls nahm der Wahnsinn zu Hause ein Ende. Wir fingen wieder an, wie Menschen zu leben. Ein paar Tage später berichteten die Nachrichten von der Ermordung Reza Sangaris, und sie reagierte völlig gleichgültig. Wir haben Gras geraucht, fantastisch gegessen, teuren Wein getrunken und hatten jede Menge sehr heftigen Sex.
In der darauf folgenden Woche tauchte irgendwann das FBI auf. Sie verlangten, Maddy unter vier Augen zu sprechen. Ich verließ das Haus, damit sie reden konnten. Dann wollten sie mit mir sprechen. Sie fragte, ob sie vorher mit mir reden dürfte. Wortlos schlüpften wir in unsere Rollen. Sie kam in die Küche und erzählte mir zum ersten Mal direkt von Reza Sangari. Meine Vorstellung war tadellos. Ich tat, als würde mich die Nachricht umhauen, während ich in Wahrheit nur über unsere brillante Schauspielkunst staunte.
Die Bullen zogen wieder ab, kamen aber ständig zurück. Ich hatte kein Alibi. Ich hatte ein Motiv. Man hatte mich an dem Samstag auf dem Weg in die Stadt gesehen, obwohl ich ziemlich sicher war, dass mich auf dem Rückweg niemand beobachtet hatte. Sie suchten mich auf der Arbeit auf und setzten mich unter Druck.«
»Und Sie haben mit Maddy nur dieses eine Mal über Reza Sangari gesprochen, als die FBI-Beamten in Ihrem Haus waren?«, fragte Falcón.
»Dieses eine Mal und nie wieder«, sagte Marty. »Die Mordermittlung wurde plötzlich eingestellt. Man hatte herausgefunden, dass Sangari wegen seines Kokain-Konsums hoch verschuldet war, und buchte das Ganze als Mord im Drogenmilieu ab. Wir kamen nach Europa. Mein Puls beruhigte sich.«
Maddy Krugman schnaubte ungläubig.
»Das passiert alles nur in deinem Kopf, Marty«, sagte sie. »Reine Fantasie.«
»Und jetzt macht sie das Gleiche mit Ihrem Freund, dem Staatsanwalt«, sagte Marty und schwenkte den Lauf der Pistole in Calderóns Richtung. »Sie will, dass ich Sie töte, Señor Calderón. Wissen Sie, warum?«
Calderón fing an zu zittern.
»Weil sie Sie hasst. Sie hasst das, wofür Sie stehen – den auf der Suche nach Beute umherstreifenden Mann, der seinen Samen sät, wo er nur kann. Ich kenne sie mittlerweile, wie ich nie einen Menschen gekannt habe. So tief geht es, wenn man für einen anderen mordet. Ich sage Ihnen, Juez Calderón, die Vorstellung Ihres Todes erregt sie sexuell. Sie will Sie mit leeren, offenen Augen und einem Loch in Ihrem steinernen Herzen sehen. Dann fühlt sie sich großartig.«
»Halt die Klappe, Marty!«, brüllte sie. »Halt einfach dein beschissenes Maul!«
»Ich habe dieses unerwartete Hochgefühl schon einmal gekostet. Es hat eine ganze Weile gehalten. Es hat uns aneinander geschmiedet. Es hat unser… Sexleben beflügelt«, sagte er, als wäre er selbst erstaunt, wie wenig das jetzt noch bedeutete.
»Bis…?«, fragte Maddy, schwer atmend nach ihrem Ausbruch.
»Bis was?«, fragte Marty.
»Bis du wieder angefangen hast zu denken , du blöder Wichser. Bis du wieder in deinem beschissenen Kopf verschwunden bist. Ich habe Reza Sangari geliebt. Er hat mit anderen Frauen rumgemacht. Ich habe aufgehört, ihn zu treffen. Und dann hast du ihn getötet – hast du das wirklich, Marty? Vielleicht ist das alles ja auch nur in deinem Kopf passiert. In deiner abartigen kleinen Fantasie. Ich habe dich nicht dazu angestiftet, ihn zu ermorden. Wenn du ihn getötet hast, war das allein deine Tat. Und als er tot war, brauchte ich dich, und du warst für mich da. Das hat uns zusammengeschweißt. Und diesen Mist, den du über Esteban erzählst, ich weiß nicht, woher…«
»Sie haben in Ihrer Geschichte etwas ausgelassen«, sagte Falcón. »Zwischen dem Zeitpunkt, an dem das FBI Sie unter Druck gesetzt hat, und Ihrem Auftauchen als Nachbar von
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