Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Titel: Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
Vom Netzwerk:
ausgeklügelten Terminplan. Françoise an diesen Tagen, Maddy an jenen und Helena an wieder anderen und eine Menge mehr dazwischen. Es war leicht.«
    »Was war leicht?«, fragte Maddy, ohne länger Langeweile vorzutäuschen.
    »Dich an einem Tag in die Stadt zu bestellen, der nicht deiner war. Wir haben zu Mittag gegessen, erinnerst du dich? Und ich wusste, dass du am Nachmittag der Versuchung nicht widerstehen können würdest. Es war ein Dienstag, Helena war an der Reihe. Ich war dort, als sie aus seiner Tür kam und du reagiert hast, als hättest du eine Ohrfeige bekommen. Du standest in einem Hauseingang gegenüber. Ich hätte dir eine Zigarette und Feuer anbieten können, und du hättest mich nicht gesehen, so angestrengt hast du auf diese Tür gestarrt. Ich war dort, als du die Straße überquert hast, um ihm die Augen auszukratzen, und einer weiteren Geliebten begegnet bist. Ihren Namen kannte ich nicht. Sie war keine seiner regelmäßigen Verabredungen…«
    »Du warst dort?«, fragte Maddy.
    »Ich bin im selben Zug nach Hause gefahren wie du. Ich habe dich ins Haus kriechen sehen. Ich war die ganze Zeit bei dir.«
    »Du bist ein kranker Spinner, Marty Krugman«, sagte sie.
    »Du hast deine Rache bekommen«, sagte Marty. »Ich habe sie weiter beobachtet, müssen Sie wissen, Inspector Jefe. Es wurde regelrecht zur Sucht. Ich habe mich dabei ertappt, das zu tun, was sie mit ihren Fotos macht. Ich habe sie in ihren unbewussten Augenblicken beobachtet, ihr zugehört, wenn sie dachte, dass sie allein war. Ihrem Weinen. So haben Sie noch nie jemanden weinen gehört. Sie hat geheult, als ob sich ein kranker Hund übergibt, das Gesicht auf dem Badezimmerfußboden, würgend und röchelnd. Hat je ein Mensch so um Sie geweint, Inspector Jefe?«
    Falcón schüttelte den Kopf.
    »Oder haben Sie je zugesehen, wie jemand, den Sie lieben, so um einen anderen weint? Bis zur Besinnungslosigkeit?«
    Falcón schüttelte wieder den Kopf.
    »Sie ist nicht zu ihm zurückgegangen«, sagte Marty. »Der Stolz dieser Frau ist unermesslich. Fetter als Buddha. Und davon hat sie danach gezehrt. Ihr Stolz verwandelte sich in Zorn. Sie ging auf den Speicher und schrie, bis ihre Stimmbänder ausfransten.«
    »Haben Sie je darüber gesprochen?«, fragte Falcón.
    Marty schüttelte den Kopf. »Dann begann die Schreiberei, dabei hatte Maddy noch nie in ihrem Leben ein Tagebuch geführt. Aber ein paar Wochen, nachdem ihr klar geworden war, was für einem Mann sie da verfallen war, fing sie an zu schreiben. Und was glauben Sie, warum?«
    Falcón zuckte die Achseln.
    »Weil sie wusste, dass ich sie beobachtete. Sie wusste, dass ich darauf brannte, es zu lesen. Und so war es. Ich musste es lesen. Ich musste es wissen. Ich hatte in ihren Schmerz investiert und wollte meine Dividende.
    Sie schloss ihre Tagebücher weg, aber ich fand sie. Ich weiß, dass Sie sich für Psychologie interessieren, Inspector Jefe, und es tut mir Leid, dass diese Aufzeichnungen nicht mehr existieren, weil ich bezweifle, dass Sie je etwas so Grausames gelesen haben wie diese Schmierereien von Maddy Krugman. Sie wollte den Mann nicht bloß tot sehen, Inspector Jefe, sie wollte, dass er unter ausführlichen Folterqualen starb. Wissen Sie, ich glaube, Sex und Folter hängen im menschlichen Gehirn irgendwie zusammen. Maddy dachte das auch – nicht wahr, Schatz?«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest, Marty«, sagte sie. »Das ist definitiv dein Trip – eine Solonummer.«
    »Erinnerst du dich nicht: ›die Zunge des Geliebten wie eine Elektrode auf der Brustwarze‹, Die Berührung seines Penis ›wie ein Knüppel in der Vagina‹? Das hast du geschrieben.«
    »Was haben Sie deswegen unternommen, Marty?«, fragte Falcón.
    »Ich habe getan, was sie von mir wollte. Ich habe alles für einen Samstagnachmittag geplant. Es war Herbst, es wurde früh dunkel, und am Wochenende war das Viertel, indem Reza Sangari lebte, beinahe menschenleer. Ich besuchte ihn und stellte mich vor. Er hatte eine sanfte Stimme, so verführerisch wie ein Folterknecht, der nichts herausfinden muss, sondern nur aus Vergnügen Schmerzen zufügt. Ich stand inmitten der teuren Seidenteppiche, auf denen er meine Frau gevögelt hatte, und war voller Wut über seine aalglatten Ausreden. Es war überraschend leicht, ihn zu erschlagen. Haben Sie das gehört, Inspector Jefe? Ich, Marty Krugman, kultivierter Intellektueller und Ästhet, der den Stierkampf verabscheut, fand es erstaunlich einfach, einen Mann zu Tode

Weitere Kostenlose Bücher