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Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Titel: Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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getroffen«, sagte er mit weit aufgerissenen Augen und wildem Blick.
    »Jetzt verstehen Sie mein Problem«, sagte sie zu Falcón. »Wie soll irgendjemand das auf die Dauer ertragen? Ich brauche eben hin und wieder eine Pause. Also gehe ich mit Esteban aus. Er ist charmant. Er macht mir Komplimente…«
    »Er macht dir Komplimente«, sagte Marty. »Komplimente! Willst du mir erzählen, dass du das alles für ein paar beschissene Komplimente machst? Bist du jetzt komplett verrückt geworden?«
    »Ganz ruhig bleiben, Marty«, sagte Falcón.
    »Jetzt will die Schlampe ein paar Komplimente«, sagte Marty. »Sie wirft eine fast zwölfjährige Ehe für ein paar Komplimente aus dem Fenster. Ich kann auch Komplimente machen. Kinderspiel. Neben dir sieht Man Ray aus wie ein mieser Amateur, Schatz. Wie gefällt dir das? Dein Name wird mit dem von Lee Miller im selben beschissenen Atemzug genannt werden. Ist das besser?«
    »Marty«, sagte Falcón, und Krugmans Kopf schnellte herum. »Sie haben ein paar Antworten verdient, und die kriegen Sie auch, aber es ist ein privater Streit. Das rechtfertigt doch nicht den Einsatz einer Waffe. Geben Sie mir die Pistole, und lassen Sie uns…«
    »Dort, wo ich herkomme, rechtfertigt alles den Einsatz einer Waffe. So werden wir erzogen. Es steht in unserer Verfassung.«
    »Lass stecken, Marty«, sagte Maddy gelangweilt.
    »Sie verstehen nicht, worum es geht, Inspector Jefe«, sagte Marty und fasste die Waffe fester. »Sie wissen nicht, was ich für sie getan habe.«
    »Was, Marty? Was?«, fragte Maddy. »Was hast du für mich getan?«
    »Das weißt du genau. Und wegen dem, was ich für dich getan habe, bin ich hier«, sagte er. »Diese Tat hat uns auf ewig aneinander gebunden.«
    »Was haben Sie für sie getan, Marty?«, fragte Falcón.
    »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Wir haben Zeit.«
    »Seien Sie vorsichtig«, sagte Maddy. »Sie haben ja keine Ahnung, was für eine Menge an Worten der Mann in sich hat. Wenn Sie ihn lassen, könnte das ein Bericht zur Lage der Nation werden.«
    »Lass ihn reden«, sagte Calderón zwischen zusammengepressten, weißen Lippen.
    Schweigen. Marty blinzelte gegen den Schweiß in seinen Augen an. Sekunden, die sich wie Minuten anfühlten, verstrichen.
    »Wir lebten in Connecticut«, begann er, als ob all das Geschichte wäre. »Ich habe in Manhattan gearbeitet, Maddy teilzeit in der Stadt. Ich habe ständig Überstunden gemacht. Wenn ich am Wochenende nach Hause kam, hatte ich das Gefühl, von einer Reise heimzukehren, so selten sah ich das Haus bei Tageslicht. Eines Morgens wurde ich bei der Arbeit ohnmächtig und schlug mit dem Kopf auf meinen Schreibtisch. Man schickte mich nach Hause. Maddy sollte eigentlich da sein, aber als ich heimkam, war sie weg. Ich legte mich schlafen. Ich wachte auf, dachte darüber nach, wie mir mein Leben dermaßen hatte entgleiten können, und beschloss, dass es Zeit für eine Veränderung wäre. Ich würde mir freinehmen, wir würden weggehen und in Europa leben. Ganz erfüllt von all diesen Möglichkeiten, stand ich am Schlafzimmerfenster, als ich sie heimkommen sah. Sie ging auf eine Art, wie ich sie nie hatte gehen sehen. Es war mehr ein Hüpfen als ein Gehen – ein hüpfendes Mädchen. Und mir wurde klar, dass ich einen sehr glücklichen Menschen betrachtete.
    Ich ging nach unten, um sie zu begrüßen. Als sie zur Tür hereinkam, stand ich dort und sah, wie ihr Gesicht in sich zusammensackte. All die Fröhlichkeit und das Glück verschwanden, ihre Schritte wurden wieder bleischwer. Sie lächelte mich an wie einen geisteskranken Verwandten. Und ich erkannte, dass ein anderer sie so glücklich machte.
    Ich erzählte ihr nichts von meinen Plänen, sondern bloß von dem Unfall. Und ich begann, sie zu beobachten und bemerkte all die Kleinigkeiten, die ich vorher übersehen hatte. Es gibt nichts Besseres als Argwohn, um einem Augen und Ohren zu schärfen. Ich delegierte meine Arbeit an Untergebene und nahm mir Zeit, wann immer ich konnte. Ich spionierte ihr nach und entdeckte Reza Sangari.«
    Marty wischte sich mit der Pistole über die Stirn. Allein den Namen auszusprechen kostete ihn Überwindung. Er leckte sich die Lippen.
    »Ich bin ein guter Spion, müssen Sie wissen«, sagte er. »Nicht so gut, dass die Frau, mit der ich zusammenlebe, es nie herausfinden würde, aber gut genug, um Reza Sangari an die Wand zu nageln. Ich erfuhr ziemlich schnell von den anderen Frauen, mit denen er sich traf. Er hatte einen

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