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Die Totengräberin - Roman

Die Totengräberin - Roman

Titel: Die Totengräberin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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nicht warten?«
    Carolina schüttelte den Kopf. »Nein. Niemals. Ich werde verrückt ohne ihn. Leider habe ich das viel zu spät gemerkt.«
     
    Carolina startete Donnerstag früh um sechs Uhr mit einer voll aufgetankten Harley, einem Zelt, einer Isomatte, einem Schlafsack, zwei Jeans, drei T-Shirts, Bikini, Plastikgeschirr und Besteck, ein paar Bohnenkonserven, Tütensuppen, einem Bild von Penthesilea und einer Kreditkarte im Portemonnaie.

    Hochkonzentriert brauste sie über die Autobahn. Der Fahrtwind drückte gegen ihren Helm, die toten Fliegen klebten auf dem Visier, und sie jagte ihrer verlorenen Liebe hinterher. Wild entschlossen, den Mann zu finden, durch den sie gelernt hatte, dass ein Vogel nicht immer nur fliegen kann, sondern ab und zu auch mal landen muss.

59
    Lukas rechnete nicht damit, dass Topo ihm noch weitere Bilder schicken würde. Daher war er nicht nur erstaunt, sondern regelrecht schockiert, als Magda vom Friseur wiederkam und ihm einen großen Umschlag in die Hand drückte. Sie hatte auf dem Weg nach Montevarchi noch schnell an der Post in Ambra gehalten.
    »Ein Brief für dich«, sagte sie und fügte beinah vorwurfsvoll hinzu: »Ohne Absender.«
    Sie stand da, sah ihn an und wartete darauf, dass er den Brief öffnete. Lukas brach der Schweiß aus. Er wusste nicht, was er jetzt machen sollte. Reichte es nicht, dass Topo ihn erpresste? Musste er ihn auch noch mit diesen fürchterlichen Fotos bombardieren und in Schwierigkeiten bringen?
    »Danke«, sagte er und legte den Brief auf den Terrassentisch.
    »Willst du ihn nicht aufmachen?« Magda lächelte, aber ihr Ton war kalt.
    »Er ist wahrscheinlich von Anneliese. Sie hat die Angewohnheit, nie einen Absender auf die Briefe zu schreiben. Und ich hab jetzt keine Lust, den Brief zu lesen. Ich mach ihn später auf.«
    »Wer ist Anneliese?«

    ›Meine Agentin‹, wollte er sagen, aber dann fiel ihm gerade noch rechtzeitig ein, dass Johannes gar keine Agentin hatte.
    »Meine Sekretärin«, antwortete er daraufhin. »Sie hält mich auf dem Laufenden, was in der Firma los ist, und schickt mir ab und zu ein paar Unterlagen.«
    »Mit der Post?«, fragte Magda spöttisch. »Warum schickt sie sie nicht einfach per Mail? Ihr transportiert ja auch Möbel und Kisten mit Lastwagen und nicht mit der Pferdekutsche. Und seit wann heißt deine Sekretärin ›Anneliese‹? Ist Frau Krämer nicht mehr da?«
    Es wurde ja immer schlimmer. »Frau Krämer ist krank«, sagte Lukas schnell. »Schon seit drei Monaten. Sie hat Krebs. Anneliese ist ihre Vertretung.«
    »Und ihr duzt euch schon?«
    »Mein Gott, Magda, was ist denn los mit dir? Du bist doch nicht etwa eifersüchtig auf meine Sekretärin! Anneliese ist siebzehn, sie ist noch in der Ausbildung, aber ein wirklich tüchtiges Mädchen. Ich kann ihr’ne Menge anvertrauen. Und zu deiner Beruhigung: Ich duze sie, aber sie mich nicht.«
    »Dafür, dass sie siebzehn ist, hat sie aber einen ganz schön altmodischen Namen.« Wenn Magda sich einmal in ein Thema verbissen hatte, ließ sie so schnell nicht locker. Vielleicht hatte sie auch einfach nur schlechte Laune oder war wütend darüber, dass Lukas den Brief nicht vor ihren Augen öffnete und ihre Neugier stillte.
    »Ja, das ist wirklich komisch. Ich habe mich über den Namen auch gewundert. Aber diese altbackenen Namen kommen ja immer mehr in Mode. Plötzlich heißen die Kinder wieder Emma, Henriette und Hedwig. Oder eben Anneliese.«

    »Was für einen Krebs hat Frau Krämer eigentlich?«
    »Gebärmutterhalskrebs«, sagte Lukas wie aus der Pistole geschossen, ohne weiter darüber nachzudenken.
    »Ach?« Magda riss die Augen auf. »Ich dachte immer, den bekommt man durch einen Virus, den man sich durch häufig wechselnden Geschlechtsverkehr holt? Guck mal einer an, das hätte ich Frau Krämer mit ihren zweiundsechzig Jahren gar nicht zugetraut!«
    Lukas ärgerte sich maßlos über seine Dummheit, völlig unüberlegt geredet zu haben. Jede andere Krebsart wäre unverfänglich gewesen. Brustkrebs zum Beispiel, Lungenkrebs oder Darmkrebs, die man in jedem Alter bekommen konnte. Aber er hatte wie ein Vollidiot einfach drauflosgeplappert.
    »Ich habe keine Ahnung, wie man so einen Krebs bekommt. Vielleicht schlummert der Virus auch eine Weile, oder Frau Krämer hat sich noch mal verliebt? Könnte doch sein?«
    »Frau Krämer ist verheiratet.«
    »Na und?«
    »Lass es gut sein, Johannes«, sagte Magda und ging ins Haus.
     
    Nach dem Mittagessen war Magda wie

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