Die Totengräberin - Roman
ein herrlicher Tag! Geht es dir gut?«, fragte er auf Englisch.
»Nein«, antwortete Lukas. »Es geht mir nicht gut. Wie du dir vielleicht denken kannst.«
»Aber überhaupt nicht! Leidest du unter Depressionen?«
Lukas schnaubte nur.
»Das Leben ist großartig, und wenn du dich an unsere kleine Abmachung gehalten hast, gibt es überhaupt kein Problem.«
Lukas gab ihm den dicken Umschlag.
»Oh«, meinte Topo, sah in den Umschlag und lächelte. »Das nächste Mal besorge bitte nicht ganz so kleine Scheine. Ich zähle jetzt nicht nach. Vertrauen gegen Vertrauen. Und schließlich hast du auch ein Interesse daran, dass alles stimmt.«
Lukas spürte einen Stich, als Topo »das nächste Mal« sagte. Es würde also weitergehen. Natürlich. Warum sollte Topo auch mit seiner Erpressung aufhören, es lief ja alles fabelhaft.
»Es sind übrigens keine fünfundzwanzigtausend, sondern nur zwölftausendfünfhundert«, sagte Lukas und kam sich vor wie ein dummer Junge. »Ich habe zwei Euroüberweisungen von zwölftausendfünfhundert angefordert, aber nur eine ist angekommen. Innerhalb einer Woche
kriegen das die italienischen Banken offensichtlich nicht hin.«
Topo überhörte die Spitze. »Nächsten Mittwoch bin ich wieder hier. Dann möchte ich den Rest. Ansonsten bringe ich dich in ernste Schwierigkeiten.«
Lukas nickte und schluckte.
»Aber was hältst du davon«, fragte Topo, während er die Banknoten auf beide Hosentaschen verteilte und Lukas den leeren Umschlag wiedergab, »was hältst du davon, wenn wir es uns nächsten Mittwoch zur Feier des Tages mal richtig gemütlich machen?« Er lächelte süßlich. »Ich besuche euch doch so gerne, weil es immer schön ist bei euch. Ich werde eine Flasche Champagner mitbringen, und dann können wir auf unsere Freundschaft anstoßen. Findest du nicht auch?«
Lukas antwortete nicht, aber er fühlte die Wut wie ein Brennen in der Brust.
»Ach!« Topo spielte einen plötzlichen Einfall. »Das hätte ich ja fast ganz vergessen. Ich hab dir natürlich auch etwas mitgebracht. Hier.« Er zog aus seiner Hemdtasche ein winziges Foto von der Leiche. So groß wie ein Passbild. »Für deine Brieftasche. Als kleine Erinnerung.«
Noch nie in seinem Leben hatte Lukas so einen Drang verspürt, sich auf einen Menschen zu stürzen und ihm mit der Faust ins Gesicht zu schlagen. Er wollte den Kiefer krachen und die Nase brechen hören. Aber er tat es nicht. Er stand regungslos und fühlte sich wie ein Versager.
Topo schlug ihm jovial auf die Schulter. »Mach’s gut, mein Freund! Wenn wir uns nicht schon vorher mal zufällig begegnen, bis nächsten Mittwoch!«
Damit drehte er sich um und ging davon.
Lukas starrte ihm hasserfüllt hinterher.
»Marco hat gesagt, dass der Pool wohl nicht fünfzigtausend, sondern mindestens sechzigtausend kosten wird«, sagte Magda zu Lukas, als Topo und Marco wieder gefahren waren, und seufzte. »Das ist ein ganz schöner Batzen.«
»Wir brauchen keinen Pool, Magda. Wir haben noch nie einen vermisst. Du bist ein Mensch, der nur ins Wasser geht, wenn draußen fünfunddreißig Grad im Schatten sind und der Pool mindestens genauso warm ist, was vielleicht an fünf Tagen im Jahr vorkommt, und ich kann völlig darauf verzichten, ins Wasser zu gehen. Wenn mir heiß ist, gehe ich unter die Dusche. Lass es, Magda, für dieses Geld können wir die tollsten Reisen der Welt machen. Wolltest du nicht unbedingt mal nach Vietnam?«
»Thorben wünscht sich einen Pool. Seit Jahren schon.«
Lukas überlegte, wie er reagieren sollte. Dann sagte er leise: »Thorben ist tot, Magda. Hör auf, dir etwas vorzumachen.«
Magda riss die Augen auf. Ihre Lider waren blutunterlaufen.
»Was redest du da?«
»Thorben ist vor einem Jahr gestorben«, sagte Lukas ruhig. »Überfahren von einer S-Bahn in Berlin Wannsee.«
Magda drehte sich um und ging ins Haus. Lukas folgte ihr nicht. Unschlüssig stand er auf der Terrasse und wusste nicht, was er machen sollte, als er es krachen und scheppern hörte.
Er rannte ins Haus. Magda hatte im Fallen eine leere Karaffe mitgerissen, die auf den harten Steinfliesen zerbrochen war. Sie lag zwischen Tisch und Kühlschrank und war ohnmächtig.
Lukas beugte sich über sie. »Liebes, was hast du?«, flüsterte er. »Wach auf. Bitte, Magda, komm zu dir!« Er schlug
sie leicht auf die Wange und küsste sie auf den Mund. »Wir bauen den Pool, wenn du willst. Wir bauen ihn für Thorben. Kein Problem.«
Lukas sah auf die Uhr und fixierte seinen
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