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Die Totengräberin - Roman

Die Totengräberin - Roman

Titel: Die Totengräberin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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kaufen. Außerdem suchte sie eine kleine sportliche Bauchtasche, in der sie Handy,
Papiere und Schlüssel aufbewahren konnte, wenn sie ins Dorf fuhr und keine Handtasche mitnehmen wollte.
    Während er wie ein Wahnsinniger schaufelte, hatte er keine Zeit, über das nachzudenken, was geschehen war, in seinem Kopf war nur der eine Gedanke, fertig zu werden, bevor Magda kam.
    Als er es geschafft hatte, lief er im Laufschritt zurück zum Haus, nur weg von dem zweiten Grab auf diesem Grundstück. Und dort durchfuhr ihn der nächste Schreck. Vor dem Haus parkte Topos Wagen. Er musste ihn wegfahren. Niemals konnte er Magda erklären, warum der Wagen vor dem Haus stand, aber Topo selbst verschwunden war.
    Mit zitternden Händen öffnete er die Fahrertür. Sie war zum Glück nicht abgeschlossen, aber im Zündschloss steckte kein Schlüssel!
    Bei Lukas brach die Panik aus. Er hatte einen riesigen Fehler gemacht, als er Topo, ohne weiter nachzudenken und auch ohne seine Taschen zu durchsuchen, in die Klärgrube gekippt hatte! Wahrscheinlich hatte er den Schlüssel in der Hosentasche.
    Lukas wurde schlecht, als er daran dachte, was ihn jetzt erwartete, aber er rannte los.
    An der Klärgrube angekommen, riss er den Deckel der ersten Kammer hoch und sah hinein. Topo lag zur Seite gekippt, sein Gesicht war zur Hälfte in der braunen Brühe versunken. Lukas beobachtete ihn ein paar Sekunden aufmerksam, aber er konnte kein Lebenszeichen mehr an ihm entdecken.
    Es war für ihn eine große Überwindung, trotz seines Ekels den Arm in das stinkende Abwasser zu stecken und mit der Hand nach Topos Hosentasche zu suchen. Toilettenpapier
berührte seine Finger, und er zuckte erschrocken und angewidert zurück. Lukas hoffte inständig, dass der Schlüssel in der Hosentasche steckte, die jetzt oben lag, aber als er mit der Hand hineinfuhr, merkte er, dass sie leer war.
    Er fluchte laut. Jetzt kam der schwierigste Part: Er musste Topo umdrehen.
    Mit beiden Händen und mit all seiner Kraft versuchte er, den Leichnam zu wenden. Topo kam auf dem Rücken zu liegen und versank blubbernd im Dreckwasser. Lukas schüttelte sich. Er stand auf und kniete sich auf die andere Seite der Klärgrube. Von dort musste er seine Hand nicht so verdrehen und hatte besseren Zugriff auf die rechte Hosentasche des Opfers.
    Es kostete ihn einige Mühe und Geduld, die Tasche zu finden, aber dann endlich spürte er etwas Hartes unter dem nassen Stoff: Er hatte den Schlüssel gefunden.
    Und nun ging alles sehr schnell. Er zog den Schlüssel heraus, schloss die Klärkammer wieder, wischte sich nur kurz die Hände an seiner Hose ab und rannte zurück zum Haus. Dort lief er schnell in die Küche, spülte seine Hände ab und legte Magda einen Zettel auf den Küchentisch. Liebste, schrieb er, ich mache eine lange Wanderung. Bin gegen Abend zurück. Sei umarmt. Er ließ die kurze Nachricht ohne Unterschrift, weil er es immer noch nicht schaffte, »Johannes« darunterzusetzen. Dann nahm er seine Brieftasche und die Hausschlüssel und verließ das Haus. Er verschloss die Tür, sprang ins Auto, startete den Motor und drückte aufs Gas. Der Kies spritzte zur Seite und donnerte gegen das Schutzblech, als er die Auffahrt hinunterschoss und Richtung Nusenna abbog. In dieser Richtung war die Wahrscheinlichkeit geringer, Magda bei ihrer Rückkehr zu begegnen.

    Das darf nicht wahr sein, dachte Lukas, als er kurz vor Bucine von zwei Polizisten in einen Parkhafen gewunken wurde. Seine Knie zitterten derart, dass er kaum bremsen konnte. Beruhige dich, redete er sich selbst ein, es gibt gar keinen Grund zur Aufregung, schließlich liegt die Leiche nicht im Kofferraum, sondern auf La Roccia in der Klärgrube.
    Der Polizist fasste sich grüßend an die Mütze und sagte auf Italienisch: »Die Papiere, Ihren Ausweis und Führerschein, bitte!«
    Den kenn ich irgendwoher, dachte Lukas, verdammt, wo hab ich den schon mal gesehen? Er starrte ihn an. Vielleicht einen Augenblick zu lange, denn auch der Polizist runzelte jetzt die Stirn, als überlege er, wer der Autofahrer war, der hier am Steuer saß. In diesem Moment fiel es Lukas siedend heiß ein: Neri stand vor ihm, Neri, dem er bei seinem letzten Besuch versichert hatte, Johannes Tillmann zu sein. Ihm durfte er also auf gar keinen Fall seinen Führerschein und seinen Ausweis mit dem Namen Lukas Tillmann geben. Er hielt zwar Neri nicht für den hellsten, aber das würde ihm sicher auffallen, zumal er in diesem Moment sagte:
    »Signore Tillmann!

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