Die Totengräberin - Roman
schmutzfreien Lackschühchen, die teuren Designerhosen, das lässige Hemd, das sicher ein Vermögen gekostet hatte, und der dezente Seidenschal, der bei dieser Hitze absolut überflüssig war.
Topo telefonierte ohne Pause, Lukas verstand kaum ein Wort, nur so viel, dass er jetzt gerade bei Amici sei, entzückenden intellektuellen Deutschen, mit denen er einen Schluck Champagner trinken wolle …
Lukas wurde regelrecht übel. Hinter ihm redete diese Schmeißfliege, dieser widerliche Parasit und kam dabei langsam näher. Das spürte er im Nacken.
Seine Hände krampften sich um die Schaufel, so fest, dass seine Fingerknöchel weiß wurden und die Hände anfingen zu kribbeln. Im Mund hatte er ein pelziges Gefühl, und er atmete so heftig, dass er kurz davor war zu hyperventilieren.
Das Letzte, was Lukas hörte, war, wie Topo hinter ihm sagte: »Ciao, amico, ciao, ciao!«, und sein Handy zuklappte.
»Buongiorno, come stai?«, flötete Topo unmittelbar danach gut gelaunt in Lukas’ Rücken.
Lukas’ Gedanken waren ausgeschaltet, die Bewegung war wie eine Explosion, als er blitzschnell herumfuhr und mit aller Kraft zuschlug. Die schwere Schaufel traf Topo wie eine Fliegenklatsche, die den Brummer an der Fensterscheibe zerquetscht.
Topo war völlig überrascht und realisierte nur noch das Metall, das auf seinen Schädelknochen krachte. Als Letztes vernahm er ein lautes Geräusch, wie brechendes, splitterndes Holz, das sich in seinem berstenden Kopf potenzierte, als würde sein Gehirn zerplatzen wie ein in sich zusammenstürzendes Haus.
Den Aufprall auf die Erde spürte er bereits nicht mehr.
Lukas stand bewegungslos, in der Hand die Schaufel. Himmlische Ruhe, dachte er, endlich ist er still. Wie hypnotisiert starrte er auf das kleine Rinnsal Blut, das aus Topos linkem Ohr lief und einen roten Fleck auf dem hellen Beton der Klärgrube hinterließ.
Topo zuckte. Seine Lider flatterten. Lukas überlegte, ob er noch einmal mit der Schaufel zuschlagen sollte, so wie man auf die nur noch schlapp kriechende Wespe tritt, bis sie sich wirklich nicht mehr bewegt, aber dann ließ er es bleiben.
Nur widerwillig packte er Topo unter den Achseln, spürte noch dessen Körperwärme unter dem teuren Gucci-Hemd und zog ihn zur ersten Kammer der biologischen Klärgrube. In diesem Moment dankte er Gott für die Verfügung der Kommune, eine Klärgrube in dieser Größe auf La Roccia haben zu müssen.
Er öffnete den Deckel und sah hinein. Die Grube war halb voll mit dem Abwasser und den Rückständen aus der Toilette.
Topo war schlank und passte problemlos durch die Öffnung. Mit aller Kraft hievte er den Bewusstlosen über den Rand und schob seinen Körper dann in die Klärkammer, bis ihn das Übergewicht kopfüber in die Grube fallen ließ.
Er war bewusstlos, und wenn der Himmel gnädig mit
ihm war, würde er sein Bewusstsein auch nicht wiedererlangen, und gar nicht merken, wie er in dem stinkenden Abwasser ertrank oder durch die Fäulnisgase erstickte.
Lukas schloss den Deckel und atmete tief durch. Er horchte. War darauf vorbereitet, dass Topo um Hilfe rufen würde, aber aus dem Betongefäß kam kein Laut.
Er seufzte erleichtert, nahm die Schaufel wieder zur Hand und arbeitete jetzt noch schneller als zuvor, um den Rest der Grube mit Erde zu bedecken. Gleich morgen wollte er an dieser Stelle Rasen säen und nur die Deckel freilassen. Vielleicht schaffte er es, noch heute große Terrakottavasen zu kaufen, die man daraufstellen konnte.
Eine biologische Klärgrube wurde nie abgepumpt. Solange sie feucht war und immer wieder Abwasser nachströmte, funktionierte sie selbstständig. Die Feststoffe sanken auf die Erde und wurden von Bakterien gefressen, das Wasser lief am Überlauf in die zweite Kammer. Dort passierte dasselbe. In der dritten Kammer war das Wasser schon relativ sauber und wurde dann nach der letzten biologischen Klärung nach außen geleitet und in größtmöglicher Entfernung unterhalb des Hauses in einem Kiesbett verrieselt. Dies war ein absolut natürlicher Vorgang und funktionierte, solange das System nicht trockenfiel. Aber das konnte Monate dauern. Die Bakterien hatten also genügend Zeit, Topo vollständig aufzufressen.
Lukas arbeitete schwer und war beinah fröhlich dabei. Das Problem Topo war gelöst.
Magda war inzwischen zweieinhalb Stunden weg und konnte jederzeit wiederkommen. Sie hatte heute früh plötzlich Lust gehabt, nach Siena auf den Markt zu fahren, um sich ein paar neue T-Shirts zu
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