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Die Totengräberin - Roman

Die Totengräberin - Roman

Titel: Die Totengräberin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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Ich habe Sie im ersten Moment gar nicht erkannt!«
    Lukas nickte, lächelte unsicher und kramte in seiner Brieftasche herum, um Zeit zu gewinnen. Schließlich zuckte er mit den Schultern und öffnete seine Handflächen.
    »Hab ich nicht«, stotterte er, »der Pass ist a casa.«
    Einfach nur, um irgendetwas zu tun, durchwühlte er das Handschuhfach, wo ihm ein Papier in einer Plastikhülle in die Hände fiel, das so ähnlich aussah wie ein deutscher Kraftfahrzeugschein. Lediglich etwas größer. Er reichte ihn Neri.

    »Stefano Topo«, las Neri. »Chi è? Un amico?«
    »Si si, un amico«, murmelte Lukas. »Un amico.« Er schlug sich immer wieder mit den Handflächen auf die Oberschenkel, was so viel hieß, wie: Was soll ich bloß machen?
    »Aber Sie haben einen Führerschein?«, fragte Neri.
    Das Wort Patente hatte Lukas verstanden. »Si si si si«, meinte er. »A casa. Hab ich vergessen. I’ve forgotten!«
    »Na ja, ist ja nicht so schlimm«, meinte Neri und lächelte gnädig. »Ich kenne Sie ja.«
    Lukas verstand kein Wort.
    »Kommen Sie morgen mit dem Führerschein in mein Büro. Ja?«
    Lukas sah ihn fragend an. »Come?«
    »Domani! Morgen! Tomorrow! In ufficio! Con la patente! Va bene?«
    Lukas nickte und lächelte dankbar. »Va bene. Grazie.«
    »Arrivederci, Signore Tillmann!«
    »Arrivederci.«
    Lukas brauste los. Morgen soll ich also mit Johannes’ Papieren erscheinen, dachte er, na hoffentlich hatte Magda oder wer auch immer die Leiche nicht samt Brieftasche im Gemüsegarten vergraben. Er wusste nicht, was Johannes für ein Bild auf seinem Führerschein hatte, er hoffte nur, dass es wenigstens eine kleine Ähnlichkeit mit ihm zeigte, sodass er es Neri als sein eigenes verkaufen konnte.
     
    Der Rest der Fahrt bis Florenz verlief problemlos. Allerdings hatte Lukas Schwierigkeiten, den Bahnhof zu finden. Er war zwar in Signa richtig abgefahren, aber die Stazione war schlecht ausgeschildert, er musste immer wieder fragen und verfuhr sich ein paarmal. Erst nach einer halbstündigen
Irrfahrt fuhr er direkt vor dem Bahnhof auf das fünfte Parkdeck eines riesigen Parkhauses und stellte den Wagen ab. Da im Parkhaus rund um die Uhr Betrieb war, würde es so schnell niemandem auffallen, dass hier ein Wagen abgestellt war. Es sei denn, die Polizei würde direkt nach der Autonummer suchen. Aber dies geschah sicher erst, wenn Topo als vermisst gemeldet wurde. Und wenn man dann den Wagen fand, sähe es so aus, als wäre Topo von hier aus mit dem Zug irgendwohin gefahren. Der Vermisste war also in Urlaub.
    Lukas wischte wegen der Fingerabdrücke sorgfältig Lenkrad, Schaltknüppel und Armaturenbrett ab, verschloss den Wagen, verließ das Parkhaus, warf sein Parkticket im Bahnhof in einen Papierkorb und fuhr mit dem nächsten Zug, auf den er zwanzig Minuten warten musste, zurück nach Montevarchi. Dort nahm er sich ein Taxi bis nach Solata und ging den Rest des Weges bis La Roccia zu Fuß.
    Und während der ungefähr zwanzigminütigen Wanderung fasste er einen Entschluss.
     
    Es war fast sechs, als er auf La Roccia ankam.
    Magda umarmte und küsste ihn, als wäre er vier Wochen weg gewesen.
    »Ich habe deine Nachricht gelesen«, sagte sie, »aber ich habe mir dennoch Sorgen gemacht. Ich mache mir immer Sorgen, wenn du nicht da bist! Beinah hätte ich schon wieder diesen komischen Neri angerufen, um dich als vermisst zu melden.« Magda lachte, und Lukas nahm sie in den Arm.
    »Ich habe einen wunderbaren und sehr, sehr langen Spaziergang gemacht. Bin gelaufen und gelaufen, ohne daran zu denken, dass ich ja auch noch zurückmuss. Tut mir leid.«

    »Wollte Topo nicht heute Vormittag vorbeikommen? Das ist mir erst eingefallen, als ich schon in Siena war.«
    »Ja. Wollte er. Ich war bis halb eins hier, aber er ist nicht gekommen.«
    Magda zuckte lediglich die Achseln. »Ist ja auch egal.«
    Lukas nahm ihre Hand und streichelte sie sanft. Magda machte auf ihn einen so entspannten und ausgeglichenen Eindruck, dass er den Zeitpunkt günstig fand, mit ihr über seine Abreise nach Deutschland zu sprechen.
    »Ich kann es nicht mehr länger aufschieben, Magda«, sagte er, »ich muss dringend nach Berlin und einiges klären.«
    »Wann?«
    »Am besten morgen schon.«
    Sie sah ruhig über den Wald und erwiderte gar nichts.
    »Komm doch mit! Lass uns gemeinsam fahren! Und ich verspreche dir, dass wir so schnell wie möglich wieder hierherkommen.«
    »Nein«, sagte sie. »Auf keinen Fall. Ich bleibe hier.« Sie stand auf, ging auf der

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