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Die Totengräberin - Roman

Die Totengräberin - Roman

Titel: Die Totengräberin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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nicht konkurrieren. Und er wollte es auch gar nicht.
    Plötzlich fand er es reizvoll, noch einmal ganz von vorn anzufangen. Nicht mit einer jüngeren Geliebten, sondern mit Magda und einem neuen Kind.

32
    Magda hatte den ganzen Samstag gepackt. Im Flur stapelten sich Koffer und Taschen, Kisten und Tüten.
    »Es sieht aus, als würdest du ganz nach Italien ziehen«, bemerkte Johannes eigentlich recht freundlich, als er vor dem Gepäckberg stand. Er erwartete nicht unbedingt eine Antwort, und er bekam auch keine. Magda ging schweigend von Zimmer zu Zimmer und stellte immer mehr Dinge im Flur dazu.
    »Bist du sicher, dass das alles ins Auto passt?«, fragte er vorsichtig, aber auch darauf reagierte sie nicht.
    Als sie fertig war, alles ins Auto gebracht hatte und nur noch ihre Handtasche kontrollierte, ob sie auch nichts Wichtiges wie Geld, Ausweis, Führerschein, Kreditkarten oder Schlüssel vergessen hatte, kam sie ihm so verloren, so unglücklich vor, dass er sie spontan in den Arm nahm. Aber sie entzog sich ihm heftig, als habe er eine ansteckende Krankheit.
    »Das ist kein Zustand«, sagte er leise und ging aus dem Zimmer.
    Am nächsten Morgen stand sie um sechs auf, duschte, trank im Stehen einen Kaffee und war bereits kurz nach halb sieben abfahrbereit.
    Er schreckte hoch, als er hörte, dass sie ihren Schlüsselbund
von der Kommode nahm und die Haustür aufschloss. In Windeseile und noch ein bisschen schwindlig sprang er aus dem Bett, riss seinen Bademantel vom Haken, warf ihn sich über und rannte in den Flur. Sie wollte gerade gehen, als er ihr die Klinke aus der Hand nahm.
    »Tschüss, Magda«, sagte er leise und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. »Fahr vorsichtig und pass auf dich auf. Ich komme so schnell wie möglich nach. Wahrscheinlich schon am Wochenende.«
    Sie nickte nur und sah zu Boden.
    »Und vergiss nicht, dass ich dich liebe.«
    Sie sah ihn an, und er bemerkte den Spott in ihren Augen.
    Dann drehte sie sich wortlos um und ging.
    Vom Balkon aus beobachtete er, wie ihr Wagen davonfuhr, und er schwor sich, dieser Quälerei ein Ende zu machen. Er würde Carolina verlassen und zu Magda zurückkehren, auch wenn es wehtun sollte.
     
    Am Donnerstagabend ging Johannes zu Carolina.
    Sie sah hinreißend aus, als sie ihm die Tür öffnete. Ihre wilde lockige Mähne hatte sie glatt geföhnt, sodass ihr das Haar in sanften Wellen auf die Schultern fiel, sie war sorgfältig geschminkt und trug einen hautengen Lederanzug.
    Sie umarmte ihn wie immer stürmisch, küsste ihn wie eine Löwin, die sich in ihre Beute verbeißt, und jubelte fast: »Wir haben uns eine ganze Woche nicht gesehen! Ich bin ja fast gestorben ohne dich.« Dann zog sie ihn in die Wohnung und ließ den Korken einer Flasche Sekt knallen, noch bevor Johannes irgendwie zu Wort gekommen war.
    Sie prostete ihm zu: »Auf dich, auf mich, auf uns und auf die Zukunft!«

    Der Abend fing denkbar schlecht an. Er hatte sich entschlossen, die Beziehung zu beenden, aber wenn Carolina so weitermachte, würde er es niemals schaffen.
    Sie trank ihr Glas in einem Zug aus, setzte sich dicht neben ihn und schmiegte sich an seine Schulter. »Du, ich brauche dich so sehr, das hätte ich niemals gedacht. Es war alles so trostlos ohne dich. Einfach schrecklich!«
    »Und dein Naturbursche?«
    Sie winkte ab. »Euch beide kann man nicht vergleichen. Fredi ist nicht wichtig, hör auf, an ihn zu denken. Du bist einfach anders. Ganz anders. Du bist ein Mann zum Heiraten.«
    Johannes erstarrte.
    »Ich habe noch nie ans Heiraten gedacht, aber seit ich dich kenne, denke ich daran.«
    »Carolina, ich bin verheiratet!«
    »Das weiß ich. Aber wenn du es nicht wärst …, würdest du mich dann heiraten?« Sie umarmte ihn und sah ihm direkt in die Augen.
    Er entzog sich ihrer Umarmung und wich ihrem Blick aus. »Das weiß ich nicht. Das ist eine völlig hypothetische Frage, die ich nicht beantworten kann.«
    »Natürlich ist es hypothetisch! Aber du kannst es dir doch vorstellen!«
    »Vielleicht würde ich dich heiraten, vielleicht auch nicht. Das kommt auf die Situation an.«
    »Die Situation ist heute. So wie du bist, was du bist, wie ich bin. Alles ganz genauso. Nur ohne deine Frau.«
    Anstelle einer Antwort zog er sie aus und trug sie ins Schlafzimmer.
    In der Nacht schlief er fast gar nicht und wusste absolut nicht mehr, was er machen sollte. Er spürte ihre warme,
weiche Haut und roch ihren zarten zimtigen Duft. Ihr Atem berührte seine Wange wie eine Liebkosung. Er

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