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Die Toteninsel

Die Toteninsel

Titel: Die Toteninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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nach Korung.«

7.
    Zu viert waren sie aufgebrochen, um die Insel diesmal genauer zu erkunden. Bei Tageslicht wirkte sie noch weit mehr wie ein riesiger gepflegter Park als während der Nacht. Saubere, mit Kies geschüttete Wege verliefen in undurchschaubaren Verschlingungen.
    Zunächst hatten Mythor, Fronja, Gerrek und Robbin sich geteilt, um jeweils zu zweit dem Verlauf der Küste zu folgen. Aber bald schon war das Gelände in diesem Bereich unwegsam geworden, und vor den zum Teil steil ins Meer abfallenden Felsen lauerte der Nebel. Die Insel selbst blieb von dem Brodem weitgehend verschont.
    Bei den Tempeln traf man sich schließlich wieder. Triumphierend hob Gerrek etwas hoch, das wie ein gewölbter Stein aussah.
    »Was ist das?« fragte Fronja.
    »Die Hälfte einer Frucht«, erwiderte Gerrek. »Ich wäre fast darüber gestolpert.«
    »Und?«
    »Das ist der Beweis dafür, daß wir nicht allein auf dieser Insel sind.«
    »Viele Pflanzen vermehren sich durch Samen.«
    »Aber diese wurde mit dem Messer geteilt. Hier, die Spuren sind auf der harten Schale deutlich zu erkennen.«
    »Der Samen kann seit Jahren in der Erde liegen, ohne daß er angegangen ist. Wenn du das einen Beweis nennst…«
    »Ihr wollt mir nicht glauben«, knirschte Gerrek verbittert. Noch einmal drehte und wendete er die halbe Frucht in seinen Händen, dann schleuderte er sie von sich. »Und trotzdem«, beharrte er. »Niemand kann mir verbieten, daß ich die Augen offenhalte.«
    »Wie groß mag das Eiland sein?« wollte Fronja nach einer Weile wissen.
    »Wenn wir sie durchquert haben, werden wir es wissen«, erwiderte Gerrek patzig.
    Überwiegend wuchsen jetzt Bäume, deren Äste fast bis zum Boden herabhingen. Es wurde merklich düsterer. Eine eigenartige Atmosphäre breitete sich aus, die die Ruhe des Todes hätte sein können. Hatte man bislang hin und wieder kleineres Getier zu Gesicht bekommen, so schien dieser Teil der Insel wie ausgestorben.
    Fronja fühlte Mythors Blick auf sich ruhen.
    »Da ist nichts Magisches«, sagte sie. »Ich habe selbst keine Erklärung dafür.«
    Robbin bedeutete ihr zu schweigen.
    Ein seltsames, zischendes Geräusch lag in der Luft, das sich in kurzen Abständen wiederholte.
    »Es kommt von dort drüben«, meinte Mythor und deutete nach rechts.
    Sie verließen den Weg und stapften durch kniehohes Gras. Das dichte Laub versperrte ihnen die Sicht, aber es behinderte zumindest nicht ihr Weiterkommen.
    Zweifellos wurde das Geräusch lauter.
    »Da übt jemand den Schwertkampf«, vermutete Gerrek. Wie zum Beweis dafür wirbelte er sein Kurzschwert durch die Luft. Es gab zwar ein leises Zischen, doch das klang gänzlich anders.
    Zu spät fiel Mythor dem Beuteldrachen in den Arm, als dieser gegen einige herabhängende Äste ausholte. Knackend zersplitterte das Holz.
    »Auch nicht«, seufzte Gerrek. Er hatte offensichtlich noch etwas hinzufügen wollen, schwieg jedoch, als ihm die plötzliche Stille bewußt wurde.
    »Kein Wunder, wenn du einen Lärm erzeugst wie eine ganze Herde von Yarls«, flüsterte Fronja. Gerrek bedachte sie mit einem flüchtigen Seitenblick und hastete weiter.
    Im nächsten Moment blieb er stehen, als sei er gegen eine unsichtbare Mauer geprallt.
    »Da«, brachte er hervor und streckte den Arm aus, um auf etwas zu zeigen, was allem Anschein nach nur er wahrnehmen konnte. Weder Mythor noch Fronja oder Robbin sahen es jedenfalls.
    Dann gab er sich einen merklichen Ruck.
    »Der Tod«, sagte er. »Eben stand er dort drüben zwischen den Bäumen.«
    Fronja tippte sich bezeichnend an die Stirn.
    »Ich weiß, was ich gesehen habe«, brauste Gerrek auf. »Ein Skelett mit einer riesigen Sense. Es war der Tod.«
    »Meinetwegen war er es. Sehen wir einfach nach«, schlug Robbin vor. »Ich denke, Beuteldrachen kennen keine Furcht.«
    »Kennen sie auch nicht«, nickte Gerrek.
    Eine kleine, hoch mit Gras bestandene Lichtung tat sich vor ihnen auf. Zu sehen war niemand. Mythor und Fronja mußten zwar an die vergangene Nacht denken, als sie ebenfalls flüchtig ein Skelett gesehen zu haben glaubten, solange jedoch keine Auswirkungen Schwarzer Magie spürbar wurden, konnte ihnen kaum Gefahr drohen.
    Plötzlich lachte Mythor auf.
    »Du hast recht, Gerrek. Der Tod trug eine Sense mit sich.«
    »Hä«, machte der Beuteldrache überrascht. »Wieso glaubst du mir auf einmal?«
    »Weil er dort drüben das Gras gemäht hat.«
    Am liebsten hätte Gerrek sich in den Erdboden verkrochen, als er die feixenden Gesichter seiner

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