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Die Totenleserin1

Die Totenleserin1

Titel: Die Totenleserin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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nicht.«

    Der Esstisch war gedeckt mit den Köstlichkeiten des vogel- und fischreichen Sumpflandes. Für Adelias heimwehkranken Blick mangelte es an Gemüse, aber es war zweifellos ein üppiges Mahl.
    Simon sagte: »Gesegnet seist Du, HaSchem, unser Gott, Herrscher des Erdkreises, der Du Brot aus der Erde wachsen lässt«, und riss ein Stück von dem weißen Laib auf dem Tisch.
    Mansur beschwor den Segen von Salman dem Perser, der Mohammed Nahrung gegeben hatte.
    Adelia sagte: »Möge gute Gesundheit uns begleiten«, und dann aßen sie gemeinsam.
    Auf dem Schiff von Salerno nach Frankreich hatte Mansur mit der Mannschaft gegessen, doch das letzte Stück der Reise durch englische Gasthöfe und an Lagerfeuern hatte ihnen eine Demokratie aufgezwungen, die keiner von ihnen mehr aufgeben wollte. Außerdem wäre es nicht zu erklären gewesen, wenn Mansur, der ja jetzt als Kopf des Trios galt, mit den Mägden in der Küche gegessen hätte.
    Adelia hätte den Männern beim Essen berichtet, was ihre Untersuchungergeben hatte, aber da die beiden sich denken konnten, was sie erwartete, wollten sie sich nicht die Freude an Gylthas Essen verderben lassen. Auch nicht an ihrem Gespräch. Adelia war erstaunt, wie ausgiebig und überschwänglich sich zwei Menschen über Spanlamm, Kuchen und Käse auslassen konnten.
    Für sie war Essen ungefähr so wie Wind – notwendig, um Boote, Lebewesen und die Segel von Windmühlen anzutreiben, aber ansonsten nicht weiter erwähnenswert.
    Simon trank Wein. Ein Fässchen von seinem Lieblingsweingut in der Toskana war mit ihnen gereist, da englische Weine angeblich ungenießbar waren. Mansur und Adelia tranken abgekochtes und durchgeseihtes Wasser, weil sie das immer taten.
    Simon bedrängte Adelia, doch einen Schluck Wein zu kosten und mehr zu essen, obwohl sie beteuerte, in der Priorei zu üppig gefrühstückt zu haben. Er war besorgt, dass die Untersuchung der Leichen sie zu sehr mitgenommen hatte und sie davon krank werden könnte. So hätte sich diese Arbeit auf ihn ausgewirkt, aber sie sah darin eine Kritik an ihrer Professionalität und erwiderte barsch: »Das war meine Aufgabe. Wozu bin ich sonst hier?«
    Mansur riet ihm, sie ihn Ruhe zu lassen. »Die Ärztin pickt immer nur wie ein Spätzchen.«
    Was man von dem Araber weiß Gott nicht behaupten konnte.
    »Du wirst Fett ansetzen«, warnte Adelia ihn. Das war seine größte Angst. Zu viele Eunuchen frönten der Völlerei bis zur Fettleibigkeit.
    Mansur seufzte. »Diese Frau ist eine Sirene der Kochkunst. Sie lockt die Seele eines Mannes durch seinen Bauch.«
    Die Vorstellung, Gyltha als Sirene zu sehen, amüsierte Adelia.
    »Darf ich ihr das sagen?«
    Zu ihrer Überraschung nickte er achselzuckend.
    »Ooh«, sagte sie. In all den Jahren, seit Mansur von ihren Zieheltern zu ihrem Leibwächter gemacht worden war, hatte sie nie erlebt, dass er einer Frau ein Kompliment machte. Dass es nun ausgerechnet eine Frau mit Pferdegesicht sein sollte, mit der er noch nicht einmal eine gemeinsame Sprache hatte, war verblüffend und faszinierend zugleich.
    Die beiden Mägde, die sie bedienten und verwirrenderweise beide Matilda hießen, wobei sie sich nur durch den Anfangsbuchstaben des Schutzheiligen ihrer jeweiligen Gemeinde unterschieden und daher Matilda B und Matilda W gerufen wurden, beäugten Mansur so argwöhnisch, als wäre er ein Tanzbär, der sich zum Essen niedergelassen hatte. Sie kamen aus dem offenen Durchgang zur Küche, servierten die endlose Abfolge von Gerichten und räumten die Teller ab, ohne auch nur einmal an sein Ende des Tisches zu gehen. Stattdessen kicherten sie ängstlich und ließen ihm das Essen durchreichen.
    Nun ja, dachte Adelia, sie werden sich schon noch an ihn gewöhnen.
    Schließlich wurde der Tisch gänzlich abgeräumt. Simon gürtete im metaphorischen Sinne seine Lenden, seufzte und lehnte sich zurück. »Nun denn, Doktor?«
    Adelia sagte: »Es ist nur eine Vermutung, bedenkt das.« Ihre obligatorische Einschränkung.
    Sie wartete ab, bis beide Männer völlig ruhig waren, dann holte sie tief Luft. »Ich glaube, die Kinder wurden in eine Gegend mit kreidehaltigem Boden gebracht und dort getötet. Bei dem Kleinen St. Peter könnte es sich anders verhalten haben, vielleicht weil er das erste Opfer war und der Mörder noch keine Routine entwickelt hatte. Aber bei den drei Kindern, die ich untersucht habe, hatten die beiden Jungen Kreidespuren in den Fersen, was darauf hindeutet, dass sie durch Kreide geschleift

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