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Die Totenleserin1

Die Totenleserin1

Titel: Die Totenleserin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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Euch hierher führt.«
    Simon sagte: »Wenn Mylord es erlaubt, würden wir gerne mit Yehuda Gabirol sprechen.«
    »Dagegen ist wohl nichts einzuwenden, was, Mylord? Soll ich sie zu ihm bringen?« Er wandte sich bereits zum Gehen.
    Der Sheriff hielt ihn fest. »Lasst mich nicht allein, Picot.«
    »Es dauert nicht lange, Mylord, versprochen.«
    Er führte das Trio munter plaudernd durch die Halle. »Der Sheriff hat soeben die Nachricht erhalten, dass die reisenden Richter in Cambridge eine Assise abhalten werden. Obendrein muss er persönlich zum königlichen Schatzmeister, was beträchtliche Mehrarbeit bedeutet, und er fühlt sich ein wenig, sagen wir, überfordert. Ich mich natürlich auch.«
    Er lächelte die drei mit seinen Pausbacken an; ein weniger überforderter Mann war kaum vorstellbar. »Wir versuchen zu ermitteln, wer den Juden wie viel Geld schuldet und damit auch dem König. Chaim war der größte Geldverleiher in diesem County, und all seine Schuldnerlisten sind bei dem Turmfeuer in Flammen aufgegangen. Es ist äußerst schwierig, sich über etwas einen Überblick zu verschaffen, was nicht mehr da ist. Dennoch …«
    Er machte eine seltsame seitliche Verbeugung vor Adelia. »Ich höre, Madam Doktor hat in der Cam geplanscht. Recht befremdlich für eine Ärztin, wenn man bedenkt, was so alles in den Fluss hineinfließt. Ich nehme an, Ihr hattet Eure Gründe, Madam?«
    Adelia sagte: »Was ist eine Assise?«
    Sie waren durch einen Bogen hindurchgegangen und folgten Sir Rowley jetzt die Wendeltreppe eines Turms hinauf. Aufpasser tappte hinterdrein.
    Über die Schulter sagte der Steuereintreiber: »Ah, eine Assise. Das ist ein Gericht unter Vorsitz der reisenden Richter des Königs. Wahrhaftig ein Tag des Gerichts – und für diejenigen, die vor seine Schranken gerufen werden, ebenso schrecklich wie der Tag des göttlichen Gerichts. Verhandelt wird alles Mögliche. Verdünnung von Ale. Falsche Gewichtsangabe bei Brot. Aburteilung oder Freilassung der Häftlinge, die in den Gefängnissen sitzen. Klärung von Grundstücksfragen, Besitzansprüchen, Streitigkeiten und so weiter. Die Geschworenen müssen wir stellen. Findet nicht jedes Jahr statt, aber wenn … Heilige Muttergottes hilf, ist die Treppe steil.«
    Er schnaufte, während er die Besucher weiter hinaufführte. Sonnenstrahlen drangen durch die Schießscharten in den dicken Steinmauern und erhellten kleine Treppenabsätze mit je einer Bogentür.
    »Ihr solltet abnehmen«, sagte Adelia, die Sir Rowleys Allerwertesten während des Aufstiegs direkt vor Augen hatte.
    »Alles Muskeln, Madam.«
    »Reines Fett«, sagte sie. Sie blieb kurz stehen, bis er um die nächste Biegung verschwunden war, und zischte Simon hinter ihr zu: »Er wird mithören wollen, was wir zu sagen haben.«
    Simon nahm die Hände von dem Geländer, das ihm beim Aufstieg half, und breitete sie aus. »Er weiß offensichtlich … schon Bescheid, warum wir hier sind. Er weiß nämlich … Gott, die Treppe ist wirklich steil … wer Ihr seid. Also, was macht das schon aus?«
    Es machte einiges aus. Der Mann würde nämlich seine Schlüsse ziehen aus dem, was sie den Juden zu sagen hatten. Adelia misstraute voreiligen Schlussfolgerungen, solange nicht alleBeweise vorlagen. Und sie misstraute Sir Rowley. »Aber wenn er der Mörder ist?«
    »Dann weiß er sowieso schon Bescheid.« Simon schloss die Augen und tastete nach dem Geländer.
    Sir Rowley wartete oben an der Treppe, völlig aus der Puste. »Ihr haltet mich für fett, Madam? Bedenkt bitte eines: Als Nur ad-Din hörte, dass ich auf dem Vormarsch war, brach er schleunigst seine Zelte ab und stahl sich in die Wüste davon.«
    »Ihr wart Kreuzfahrer?«
    »Die Heiligen Stätten hätten auf mich nicht verzichten können.«
    Er ließ sie in einem kleinen kreisrunden Raum allein, dessen einzige Annehmlichkeiten aus einigen Schemeln, einem Tisch und zwei verglasten Fenstern mit einem weiten Ausblick bestanden, und versprach ihnen, Master Gabirol umgehend zu holen und seinen Knappen mit Erfrischungen heraufzuschicken.
    Während Simon auf und ab schritt und Mansur statuenhaft dastand, wie üblich, trat Adelia erst an das Fenster nach Westen, dann an das nach Osten und studierte das Panaroma, das sich ihr bot.
    Im Westen, zwischen den niedrigen Hügeln, sah sie zinnenbewehrte Dächer mit einer wehenden Flagge darauf. So klein es aus der Ferne auch wirkte, das Lehensgut, das Sir Gervase von der Priorei zur Verfügung gestellt bekommen hatte, war

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