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Die Totenmaske

Die Totenmaske

Titel: Die Totenmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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hätte Zoe ihn für diese unsensible Bemerkung getreten, beließ es aber bei einem rügenden Blick.
    Leon zuckte gleichmütig mit den Schultern.
    »Papa hat gehofft, so lange am Leben zu bleiben, bis ich volljährig bin …« Josh hielt inne und starrte auf seine Füße. Dicke Tränen rannen über seine Wangen. Mit einer resoluten Bewegung wischte er sie fort.
    Es war für Zoe unverständlich, warum Josh keinen Arzt gerufen hatte, als es seinem Vater schlechter ging. So wie Josh ihn beschrieben hatte, war er zweifellos ein eigensinniger Mann gewesen. Davon gab es einige in der Gegend. Je ländlicher die Menschen lebten, desto zögerlicher schienen Ärzte konsultiert zu werden. Der Tierarzt wurde dagegen häufiger gerufen. Kein Wunder: Tiere bedeuteten Profit. Da kam es mitunter vor, dass ein Veterinär während seines Besuches auf dem Hof die fortgeschrittene Brustkrebserkrankung der Bäuerin am beißenden Geruch erkannte. Was von allein kommt, geht auch von allein wieder. Eine hartnäckige und wenig sinnvolle Bauernregel. Wenig später hatte die Bäuerin bei Zoe auf dem Tisch gelegen.
    Eine Weile gingen sie schweigend weiter. Zoe versuchte, die Gedanken in ihrem Kopf zu ordnen. Sie war froh, dass Leon die Fotos nicht erwähnte.
    »Kannst du erklären, wieso wir deine Spuren auf der Plattform an der Landstraße gefunden haben?«, unterbrach Leon das Schweigen.
    »Boah, keine Ahnung, Mann!«, presste Josh zwischen den Zähnen hervor, ohne seinen Kopf anzuheben.
    Zoe seufzte resigniert, weil Josh sich derart bockig verhielt. Sie konnte nur Joshs Profil sehen, dennoch spürte sie seine Verwirrung. Er schien nicht zu wissen, was da alles auf ihn einprasselte, und wirkte wie ein in die Enge getriebenes Tier. Er hatte sich verschlossen, sie kamen nicht mehr an ihn ran. Zumindest für den Augenblick.
    Leon zog ihn an den Handschellen mit sich, während Zoe ihre Schritte verlangsamte, um hinter ihnen herzugehen.
    Sie presste die Lippen zusammen. Die Bäume wurden immer lichter. Sonnenstrahlen fielen auf den Weg vor ihnen. Über ihren Köpfen stimmten die Vögel ihr abendliches Lied an. Sie blinzelte gegen die aufkommende Erschöpfung an. Den Rest des Weges legten sie schweigend zurück.
    Der Anblick des Autos vor ihnen auf der Landstraße schien Josh in die Realität zurückzuholen. Mit einem Ruck zerrte er an den Handfesseln, als wollte er einen letzten sinnlosen Fluchtversuch unternehmen. Leon umfasste Joshs Arm und hielt ihn mühelos fest. Joshs Blicke huschten umher, sein Haar klebte feucht an seiner Stirn. Zoe sah Angst und Wut in seinen Augen.
    »Komm schon, beruhige dich!«, ermahnte Leon ihn.
    Doch Zoe ahnte, dass bloße Worte ihm jetzt nicht weiterhelfen würden.
    Leon entriegelte den Wagen, öffnete die Tür und bugsierte Josh mit einer zielsicheren Bewegung auf die Rückbank.
    »Wir bringen dich erst einmal in ein Krankenhaus, von dort aus wirst du morgen dem Jugendrichter vorgeführt werden. Ich hoffe, bis dahin bist du gesprächiger.«
    Seine Worte waren zwar sachlich, klangen aber bestimmt. Zoe wagte nicht, etwas dagegen einzuwenden. Der Polizist Leon war ein völlig anderer. Sein autoritärer Tonfall duldete keinen Widerspruch. Wenig später startete er den Wagen und fuhr los. Außer dem monotonen Motorengeräusch war kein Laut im Innern des Wagens zu hören. Zoes Muskeln entspannten sich langsam. Josh gab hinter ihnen keinen Ton von sich. Sie lehnte den Kopf gegen die Scheibe und ließ die abendliche Landschaft an sich vorüberziehen.

Kapitel 16
    F achwerkhäuser umsäumten eng aneinandergeschmiegt den Marktplatz von Emmelshausen wie steinerne Hüter. Nur gab es nichts mehr zu beschützen, denn der alte Brunnen hatte längst als Quelle des Lebens ausgedient. Weder diente er heute noch der Wasserversorgung noch als sozialer Treffpunkt für die Bewohner.
    Zoe saß auf den denkmalgeschützten Mauerziegeln des aufgeschütteten Brunnens, der nun als Vogeltränke seine Dienste tat. Einen Fuß auf dem replizierten Kopf eines Ungeheuers aus Sandstein gestützt, reckte sie ihr Gesicht in die Sonne und atmete tief durch. Einer der wenigen Plätze, an denen man unter Menschen allein sein konnte. Außer ein paar Touristen zog es niemanden zu der moosbewachsenen Zisterne. Bis zu ihrem Termin bei einer alten Dame, um die Beerdigung ihres Mannes zu besprechen, hatte sie noch ein wenig Zeit. Die Leute nutzten das milde Wetter, um ihre Erledigungen zu machen, ohne dabei die sonst übliche Hektik an den Tag zu legen. Mütter

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