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Die Totenmaske

Die Totenmaske

Titel: Die Totenmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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ihnen den Auftrag gegeben hatte, Zoe zu belästigen, noch konnte ihnen mehr nachgewiesen werden als ein paar eingeschlagene Fensterscheiben. Selbst die Unfallfahrerflucht war hinfällig, da auf dem Marktplatz niemand zu Schaden gekommen war.
    Die wenigen Indizien hätten lediglich eine vierundzwanzigstündige Untersuchungshaft zur Folge. Danach würden die beiden wieder auf freien Fuß gesetzt werden.
    Sicherheitshalber beantragte Leon eine Unterlassungsverfügung, durch die sich die beiden Zoe nicht mehr nähern durften. Da Leon sich letztlich eingestehen musste, dass die Aussagen der beiden glaubwürdig waren, fand er sich erneut zum Ausgangspunkt seiner Ermittlungen zurückgeworfen. Irgendwo gab es einen Zusammenhang zu den Morden und den beauftragten Übergriffen auf Zoe. Nur wo? Die wenigen Hinweise mussten vorerst ausreichen. Die Auftraggeberin soll am Telefon wie eine Frau mit gewählter Ausdrucksweise geklungen haben. Ihre Anweisungen sollte sie leise, jedoch mit Nachdruck an ihre Helfershelfer weitergegeben haben. Dass sie es war, die in dem weißen Auto eine Hetzjagd veranstaltet hatte, war durchaus vorstellbar. Vermutlich hatten die Kleinkriminellen angefangen, Fragen zu stellen, so dass die Frau damit rechnen musste, als Nächstes mit weiteren Geldforderungen oder sogar Erpressung konfrontiert zu werden. Darauf reagierten die meisten Dienstgeber allergisch. Das grenzte die Möglichkeiten nicht gerade sinnvoll ein.
    Bevor er das Revier verließ, wendete Leon sich an den diensthabenden Beamten am Schalter.
    »Würden Sie bitte einmal überprüfen, welche Fahrzeuge auf die Eheleute Nauen zugelassen sind?«
    Der Polizist hob überrascht die Augenbrauen, tippte aber die nötigen Angaben in seinen Rechner.
    »Reine Routine«, erklärte Leon. »Es gibt nicht viele Leute in der Gegend, denen ich zutrauen würde, jemanden zu bezahlen, um eine offene Rechnung zu begleichen.«
    »Reichtum macht also verdächtig? Ist mal ein anderer Blickwinkel«, erwiderte der Beamte.
    Leon zuckte mit den Achseln. »Wir müssen eben jeder noch so kleinen Spur nachgehen.«
    Er hatte Herrn Nauen als kultivierten Mann kennengelernt, der sich bemühte, seine Fragen möglichst sachlich zu beantworten. Als angehender Politiker war es ihm sicher in Fleisch und Blut übergegangen, seine Gefühle im Griff zu halten. Doch in Anbetracht seines kürzlichen Verlustes wirkte seine Beherrschtheit auf Leon merkwürdig. Seiner Frau hingegen machte die Trauer um den Sohn sichtlich mehr zu schaffen. Sie war sehr still gewesen und während ihres Gesprächs immer blasser geworden. Wie eine kaltblütige Auftraggeberin, die anschließend versuchte, ihren Lakaien auf höchst undamenhafte Weise loszuwerden, hatte Frau Nauen nicht auf ihn gewirkt. Aber in seiner kurzen Dienstzeit war ihm schon das ein oder andere karierte Maiglöckchen begegnet.
    Der Drucker spuckte ratternd die Daten aus. Der Fuhrpark der Nauens umfasste fünf Pkws der gehobenen Klasse. Keiner davon war weiß.

    Zoe konnte sich nur schwer auf ihre Worte konzentrieren. Ein feines Rinnsal Schweiß lief an ihrer Schläfe hinab. Wind kühlte ihren feuchten Nacken. Ihre Hände, fest ans Stehpult geklammert, fühlten sich schon taub an. Glücklicherweise hatte sie ihre Rede so vorbereitet, dass sie die Worte nur ablesen musste. Die Rundmauer des Kolumbariums in ihrem Rücken spendete Schatten, dennoch brannte ihr die Sonne auf den Kopf. Jahrelang hatte ein Teil der Bevölkerung sich dafür eingesetzt, auf dem Friedhof ein Kolumbarium einzurichten. Zoe unterstützte die Bewegung, weil immer mehr Menschen sie nach preisgünstigeren Bestattungsmöglichkeiten, insbesondere als Alternative zur anonymen Urnenbestattung, angesprochen hatten. Das Geld saß den wenigsten locker in der Tasche, und die Kosten für eine Einäscherung mit anschließender Aufbewahrung in den reihenweise übereinanderliegenden Nischen hielten sich im Rahmen.
    Kein einfaches Unterfangen, auch nicht mit dem Bürgerverein und, man höre und staune, dem Pfarrer im Rücken. Dennoch befürchteten Gegner eine Profanisierung der Kirche, nannten die Idee absurd und makaber. Ihnen allen voran Zoes Mutter als Verfechterin der klassisch, christlichen Beerdigungszeremonie, die für das Unternehmen gewinnbringender war. Letztlich überzeugten der wirtschaftliche Faktor und die Tatsache, dass ein geeigneter Investor gefunden worden war. Kein Geringerer als Herr Nauen polierte mit dieser Investition in seinen Wahlbezirk sein politisches Image

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