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Die Totenmaske

Die Totenmaske

Titel: Die Totenmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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Vorgesetzten darüber in Kenntnis gesetzt zu werden, warum dieser Fall überhaupt auf dem Tisch der Mordkommission gelandet war.
    »Es war kein Unfall, sondern Mord«, verkündete Leon in die Runde.
    Nur flüchtig nahm er die verdutzten Gesichter am Tisch wahr, ebenso das verhaltene Raunen. In Willis Augen blitzte es anerkennend auf, woraufhin Leon ihn fragend anblickte. Anscheinend hatte der Chef sich wieder einmal einen kleinen Test für seine Soko ausgedacht. Hin und wieder neigte er dazu, seine Leute wachzurütteln, indem er vermeintlich gelöste oder auf den ersten Blick belanglose Fälle präsentierte, um herauszufinden, wer von seinen Leuten motiviert genug war, über den Tellerrand hinauszublicken.
    Er nickte Leon zu. »Wir sollten diese Möglichkeit zumindest näher betrachten.«
    Ehe er etwas erwidern konnte, ergriff Georg das Wort. »Bei allem Respekt, Chef, aber wir sind hier nicht im Kindergarten! Es besteht kein Grund, uns auf diese Weise zu diskreditieren. Schließlich sind wir ein professionelles Team!«
    Einige Beamte nickten, hielten sich aber zurück.
    »Ein Profi fühlt sich nicht bloßgestellt, wenn man von ihm eine andere Betrachtungsweise erwartet«, erwiderte Willi und wandte sich wieder Leon zu. »Und? Was führt Sie zu der Annahme, dass wir es hier möglicherweise mit Mord zu tun haben?«
    »Die Uhrzeit auf dem Radarbild.« Leon hielt sein kopiertes Exemplar hoch und deutete auf die Datenanzeige in der unteren Ecke. »Das Bild entstand mehr als einen Tag nach dem ermittelten Todeszeitpunkt der Unfallopfer.«
    »Na und? Dieser uralte Geschwindigkeitsmesser mitten in der Pampa stammt vermutlich noch aus den Fünfzigern und funktioniert die meiste Zeit nicht. Wahrscheinlich hat bis zu diesem Foto kein Mensch mehr an die Kiste gedacht.« Georg hatte nicht vor, klein beizugeben.
    Für Leon kein Problem. Jeder Widerspruch regte ihn zum Nachdenken an, und Georgs Einwand war nicht von der Hand zu weisen. Wenn das Gerät ein falsches Datum angezeigt hatte, sah es mehr nach einem Unfall aus.
    »Das würde ich nicht unbedingt behaupten.« Willi zog ein Formular aus seinem Papierstapel. »Es gibt im Gebiet um Kastellaun zehn Geschwindigkeitsmesser, die offenbar gute Arbeit leisten. Dank des zunehmenden Tourismus durch das dortige Musikfestival sind die Einnahmen aus Bußgeldern für die Gemeinde nicht zu verachten. Fahren Sie fort, Strater!«
    Leon zog das Radarbild aus dem Stapel. »Fraglich ist die Identität der vierten Person.«
    »Ein Anhalter. Ein Saufkumpan, der vorher ausgestiegen ist, oder sonst jemand. Das ist wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen!«, warf Georg ein.
    »Eine Fahndung könnte den Heuhaufen aufwirbeln.« Leon sprach mehr zu sich selbst, weil er in den Obduktionsbericht vertieft war.
    Alle drei Leichen wiesen einen hohen Blutalkoholspiegel auf, weitere Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung zeigten Spuren von Drogen. Mögliche Gründe für einen vorzeitigen Tod, aber nicht einleuchtend – es sei denn, die jungen Männer waren an einer Überdosis gestorben. Alle drei gleichzeitig? Das erschien Leon unwahrscheinlich.
    »Ich schlage vor, wir überprüfen die Angelegenheit vor Ort. Dazu müsste ich einen von Ihnen nach …« Willi blätterte in den Unterlagen. »… Birkheim beordern.«
    Leon blickte auf. In den Gesichtern seiner Kollegen zeichnete sich deutlicher Unmut ab. Keiner von ihnen war erpicht darauf, das gewohnte Terrain zu verlassen. Leon schon. Doch wo zum Henker lag dieses Birkheim? Gleichzeitig reizte es ihn, als Ermittler seinen eigenen Fall zugeteilt zu bekommen. Er konnte nach eigenem Ermessen handeln, und die Auflösung eines möglicherweise dreifachen Mordes dürfte seine Vita mächtig aufpolieren. Seine Hand hob sich, ohne dass er weiter darüber nachdachte.
    Der Hauptkommissar nickte ihm anerkennend zu und entließ den Rest der Soko aus dem Besprechungsraum.
    »Die konnten ja nicht schnell genug verschwinden«, bemerkte Willi mit einem Schmunzeln.
    Als sie allein im Raum waren, setzte wie gewohnt ein gelockerter freundschaftlicher Umgangston ein.
    Leon zuckte mit den Achseln. »Das wird zwar kein Trip in die USA, aber ein Fall, bei dem ich sicher auf ein paar Überraschungen stoßen werde. Ich bin überzeugt, dass wir es nicht mit einem schlichten Unfall zu tun haben.«
    »Ich denke auch, dass sich da jemand im entlegenen Hunsrück ziemlich in Sicherheit wähnt. Wäre da nicht zufällig dieses Radarbild aufgetaucht, hätte niemand Kenntnis von der

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