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Die Totenmaske

Die Totenmaske

Titel: Die Totenmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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an Josh.
    »Das ist übrigens Kommissar Leonhard Strater.«
    Joshs Miene bot in rascher Folge ein Wechselspiel von Überraschung über Erkenntnis bis hin zu aufflammendem Argwohn.
    »Mmh.« Josh vergaß, in sein Croissant zu beißen.
    Der Signalton für eingehende SMS ertönte, und Zoe speicherte die Nummer ebenfalls ab. Bemüht locker setzte sie ihre angefangene Konversation fort. »Das ist Josh Ziller. Er ist … wir kennen uns aus der Schule.«
    Josh blickte sie vorwurfsvoll an. »Ja, genau, aus der Schule.«
    Ein dumpfes Gefühl in Zoes Magen zeugte von der unangenehmen Situation, in die sie sich hineinmanövriert hatte. Natürlich waren sie mehr als Schulkameraden. Josh war für sie wie ein kleiner Bruder. Der Ton in seiner Stimme zeugte davon, dass seine Laune zu kippen drohte. Er konnte zu einem richtigen kleinen Kampfzwerg werden. Das hatte Zoe ihm schließlich selbst beigebracht, nachdem sie in der Schule nicht mehr ständig auf ihn aufpassen konnte. Allerdings bestand überhaupt kein Anlass für ihn, sich aufzuregen. Sie konnte sich selbst nicht erklären, warum sie solch halbgares Zeug von sich gab. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund wollte sie nicht, dass der Kommissar dachte, Josh wäre ihr fester Freund. Was hätte sie denn sagen sollen? Jetzt stand sie da und hätte sich am liebsten auf die Lippe gebissen. Stattdessen nestelte sie beschäftigt an ihrer Handtasche herum und tat so, als wollte sie ihr Handy an einem speziell dafür vorgesehenen Platz verstauen. Den gab es natürlich nicht zwischen Kaugummipapier, Kassenbons und losen Notizzetteln.
    »Hallo, Josh. Ich bin zwar kein Superbulle, untersuche aber dennoch den Unfall im Steinbruch.«
    Strater streckte seine Hand aus, die Josh nach einem kurzen Zögern ergriff und schüttelte.
    »Und? Wollen Sie mich jetzt verhören?«, fragte er.
    »Im Moment sehe ich dafür keinen Grund«, erwiderte der Kommissar freundlich. »Es sei denn, du möchtest mir etwas erzählen.«
    »Ich wüsste nicht, was, außerdem sind Sie der Polizist«, gab Josh patzig zurück.
    »Josh!«, ermahnte Zoe ihn, weil sie seinen Tonfall grenzwertig fand.
    »Was?!«, funkelte Josh sie an, schien aber bemüht, sich zusammenzureißen. »Ach, weißt du was? Ich muss sowieso gehen, hab noch was Dringendes zu erledigen.« Er stopfte den Rest seines Gebäcks in den Mund, schulterte seine Tasche und stapfte davon.
    Durch seinen abrupten Abgang fühlte Zoe sich vor den Kopf gestoßen, was sie davon abhielt, ihm eine passende Erwiderung hinterherzurufen. Es erschien ihr nicht der richtige Augenblick, um mit Josh zu zanken. Sie starrte ihm wortlos hinterher und versuchte, den aufsteigenden Ärger zu ignorieren.
    »Da ist aber jemand sauer.« Straters Stimme holte sie aus ihren Gedanken.
    »Der kriegt sich schon wieder ein.« Sie hatte keine Lust, sich weiter mit Josh zu beschäftigen. »Ich muss jetzt los. Ich melde mich, wenn ich die Laborergebnisse habe.«
    Er nickte ihr zwinkernd zu. Ihr Herz machte einen Satz, und sie verfluchte sich insgeheim für diese alberne Reaktion. Bevor ihr Blut auf die Idee kommen konnte, ihr in den Kopf zu steigen, machte Zoe sich schnell auf den Weg zu ihrem Auto. Wenn sie das Grinsen zugelassen hätte, das in ihren Mundwinkeln zuckte, hätte jeder auf der Straße sie für geistesgestört gehalten. Sie wagte nicht, herauszufinden, ob Strater ihr hinterherschaute. Denn wenn er es tat, wäre sie garantiert gestolpert. Und wenn nicht, wäre sie enttäuscht gewesen, ob sie wollte oder nicht.
    Zum ersten Mal seit langer Zeit machte sie sich Gedanken über ihr Aussehen. Plötzlich erschienen ihr die praktische Cargohose und das bedruckte T-Shirt unangemessen. Ein bisschen Loretta hätte nicht geschadet, zumindest, was das Äußere betraf.

Kapitel 9
    L eon fuhr den Wagen auf den begrünten Seitenstreifen und stellte den Motor ab. Bevor er zum Unfallort fuhr, wollte er einen Blick auf das Radargerät werfen und sich bei dieser Gelegenheit einen Überblick über den möglichen Tatort verschaffen. Inzwischen erhärteten die Indizien seinen Verdacht, dass es sich nicht um einen Verkehrsunfall handelte. Dadurch war der Steinbruch zwar nach wie vor für die Spurensicherung wichtig, die Tat hingegen musste woanders geschehen sein. Vielleicht konnte er in der Nähe des Geschwindigkeitsmessers einen Hinweis finden.
    Die Landstraße erstreckte sich vor ihm weiter in Richtung Wald. Undurchdringliche Laub- und Nadelbäume wuchsen weit hinauf, bis sich ihre Gipfel in luftiger

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