Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Totenmaske

Die Totenmaske

Titel: Die Totenmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
Vom Netzwerk:
ihre Haltung lockerte. Ihre Muskeln entspannten sich, der Schmerz ließ nach. Den Druck gegen Lars’ Hüfte erhielt sie mit beiden Händen aufrecht und zählte dabei von zehn rückwärts.
    »Gleich haben wir es geschafft, Lars. Dann bist du wieder vollständig. Auf Sekundenkleber ist immer Verlass.«
    Das Bein blieb an Ort und Stelle, so dass Zoe sich dem Arm widmen konnte. Derselbe Vorgang, nur weniger anstrengend. Mit dem Ärmel wischte sie sich den Schweiß von der Stirn. Ihre Arbeit brachte sie nicht häufig zum Schwitzen. Abschließend fädelte sie einen groben Faden in eine gebogene Gerbernadel und vernähte die Schnittstellen mit flinken Stichen. Langsam wurde ihr flau im Magen. Sie schnitt den letzten Faden ab und warf ihre Instrumente in das Desinfektionsbecken. Bevor sie Lars ankleidete, musste sie etwas essen. Sie hatte die Zeichen zu deuten gelernt. Wenn ihr Blutdruck sank und ihr schwindelig wurde, weil sie vor lauter Arbeit das Essen vergaß, sollte sie rechtzeitig einlenken. Es hätte ihr gerade noch gefehlt, in ihrem Behandlungsraum ohnmächtig zu werden!

Kapitel 10
    W enige Tage später marschierte Leon in das Gebäude des Mainzer Dezernats, um seinen Chef aufzusuchen. Auch wenn er die meiste Korrespondenz per E-Mail erledigte, empfand er es jedes Mal als hilfreich, den aktuellen Stand der Ermittlungen in einem persönlichen Gespräch auszuwerten.
    Die Landluft mochte gut bekömmlich sein, doch Leon zog es in die Stadt. Abgesehen davon schlief es sich im eigenen Bett am besten. Den Bericht über die verschiedenen Zeugenaussagen hatte er getippt und per E-Mail ans Dezernat weitergeleitet. Die nachdenkliche Unruhe, die ihn dabei beschlich, hielt sich jedoch hartnäckig. Der Name Zoe Lenz war während der Befragungen öfter gefallen, als ihm behagte – wobei nicht immer versucht wurde, die junge Frau zu belasten. Manchmal wurde lediglich mitfühlend die versuchte Vergewaltigung Jahre zuvor erwähnt, die den Bewohnern offenbar nicht aus dem Sinn gegangen war. Natürlich maß Leon den Zeugenaussagen keine allzu große Bedeutung bei, denn schließlich musste er erst sämtliche Materialien auswerten, um eine Fallanalyse zu erstellen. Dadurch konnten Verdächtige eingegrenzt werden, was dazu führte, dass die weiteren Ermittlungsarbeiten sich strukturieren ließen.
    Der Gedanke an Zoes Augen, die sich manchmal klärten wie winzige Spiegel in die Seele, ließ ihn nicht mehr los. Er wollte etwas Abstand gewinnen, um sich ohne Ablenkung auf den Fall zu konzentrieren.
    Er nahm drei Stufen gleichzeitig und erreichte die Glastür zum Großraumbüro. Obwohl er nicht lange weg gewesen war, löste der Anblick seines Arbeitsplatzes ein vertrautes Gefühl in ihm aus. Einige Kollegen wandten ihm ihre Köpfe zu, im nächsten Moment schallten ihm die Begrüßungsrufe entgegen.
    »Hey, da ist ja unser strafversetzter Hinterwäldler!«, rief einer der Beamten hinter seinem Schreibtisch hervor. Den einen oder anderen Witz musste er über sich ergehen lassen. Doch Leon nahm es gelassen. Mit einem betont müden Lächeln nahm er den meisten Sprücheklopfern den Wind aus den Segeln. Kurz vor Willis Büro stellte sich ein neuer Kollege der Abteilung vor.
    »Krüger mein Name.« Er reichte Leon dienstbeflissen die Hand. »Ich hörte, Ihr Fall im Hunsrück sei brisanter als erwartet.«
    »Woraus schließen Sie das?« Leon wunderte sich, denn für gewöhnlich besprach Willi nicht jeden Fall mit dem ganzen Dezernat.
    Krüger zog die Schultern hoch. »Na, der Chef hat sich mächtig ins Zeug gelegt, damit er die Ergebnisse möglichst schnell von der Spurensicherung bekommt.«
    Leon blickte ihn fragend an.
    »Aber das will er Ihnen sicher selbst mitteilen.« Krüger räusperte sich verlegen, als er die Blicke seiner Kollegen bemerkte. »Er ist in seinem Büro«, sagte er schnell und wandte sich seinen Akten zu.
    »Das weiß ich wohl«, erwiderte Leon gedehnt und verkniff sich ein Schmunzeln gegenüber dem übereifrigen neuen Kollegen. Er klopfte an Willis Tür und trat ein.
    »Ah, Leon. Was führt dich hierher?«
    »Ich bin übers Wochenende zu Hause und wollte kurz bei dir reinschauen. Übermorgen fahre ich zurück.«
    Er setzte sich auf den Stuhl vor Willis Schreibtisch.
    »Das trifft sich gut, dann kann ich dir die Ergebnisse der Spurensicherung gleich persönlich überreichen.«
    »Das ging ja schnell!«, entgegnete Leon verblüfft.
    Für gewöhnlich zog mindestens eine Woche ins Land, bis eine Auswertung erstellt worden

Weitere Kostenlose Bücher