Die Totenmaske
Sitzgruppen ausgestatteten Raum. Ein kleiner Tresen sorgte dafür, dass die Gäste hier im zurückgezogenen Ambiente mit Getränken versorgt wurden. In einer Ecke gruppierten sich einige junge Leute und schienen sich angeregt zu unterhalten.
Leon stellte sich nahe der Sitzgruppe an die Bar und orderte ein Bier. Obwohl hier nicht viel los war und die Musik eine gesprächsfreundliche Lautstärke hatte, musste er sich anstrengen, um ein paar Wortfetzen aufzufangen. Aber das würde schon gehen. Bisher waren die Gesprächsthemen der jungen Leute belanglos, drehten sich um Mode oder Berichte aus der Boulevardpresse. Die regionalen Begebenheiten schienen für die Cocktail schlürfenden Gäste im Augenblick nicht von Belang zu sein. Leon beschloss, noch eine Weile sitzen zu bleiben und abzuwarten, bevor er sich als Kriminalbeamter zu erkennen gab. Vielleicht würde sich das Gesprächsthema doch zu den Mordfällen hinbewegen und ihm möglicherweise ein paar Hinweise liefern.
Er nahm einen großen Schluck aus seinem Glas. Das Zeug konnte man auch ohne Durst trinken, und er wollte nicht auffallen, also orderte er ein weiteres. Nach einer Weile hatte er genug von dem Geplapper der Gruppe und entschied, die jungen Leute direkt zu befragen. Gerade als er sich zum Tisch begeben wollte, zog einer der Jungen ein paar Papiertütchen mit verdächtigem weißem Pulver aus der Tasche und bot der Runde an. Zwei der jungen Frauen kicherten und schienen sich sicherheitshalber an ihre Cocktailgläser zu klammern, während der Rest der Gruppe aufgeregt lachte.
»Hey, Alter, spendierst du ’ne Line? Voll cool!«
Leon musste zugeben, dass ihn das dreiste Verhalten ein wenig überraschte. Sie hatten tatsächlich vor, Kokain in aller Öffentlichkeit zu konsumieren! Obwohl, so öffentlich war dieser Raum nicht. Trotzdem kein Grund, wie selbstverständlich mit illegalen Drogen herumzuhantieren. Er musste wohl doch noch einmal ein ernstes Wort mit dem Clubbetreiber reden.
Leon näherte sich dem Tisch. Sofort wurden mit hastigen Bewegungen die Tütchen gegriffen und verstaut. Ganz so sicher schienen sich die jungen Leute doch wieder nicht zu sein. Er beschloss, so zu tun, als hätte er das Koks nicht bemerkt. Das würde die Gruppe verunsichern und möglicherweise dazu bewegen, Informationen zu seinen Fragen herauszurücken – in der Hoffnung, damit von den Drogen abzulenken.
Leon zog seinen Dienstausweis. »Strater, Kripo Mainz. Ich habe ein paar Fragen. Darf ich mich setzen?«
Unsichere Blicke wurden ausgetauscht.
»Ja klar«, antwortete eine der jungen Frauen und rückte auf der Sitzbank ein Stück weiter, um Platz für Leon zu schaffen. Der junge Mann, in dessen Tasche Leon das Kokain wusste, war ein bisschen blass um die Nase herum geworden.
Leon legte das Foto von Boris und seinen Freunden auf den Tisch. »Ich nehme mal an, Ihnen sind die drei bekannt. Ebenso dürfte es sich herumgesprochen haben, dass sie tot sind. Können Sie mir etwas über die jungen Männer sagen?«
Betroffenes Schweigen. Leon beobachtete die Gesichter der jungen Leute, während diese Blicke austauschten. Die direkte Konfrontation mit einer derartigen Information ließ häufig Rückschlüsse auf die Beteiligung des Gesprächspartners an einem bestimmten Vorfall ziehen. Die meisten Menschen reagierten auf extreme Nachrichten vollkommen intuitiv, weil nicht genug Zeit blieb, um sich vorzubereiten. Vor allem, wenn eine Person etwas zu verbergen hatte, zeigten sich auffallende Merkmale wie übertriebene Gesichtsausdrücke oder unruhige Körperbewegungen.
»Wir waren zusammen auf der Schule, bevor die runtergeflogen sind. Später haben wir manchmal zusammen abgehangen«, ergriff der junge Mann mit den Drogen das Wort.
»Sie waren nicht befreundet, Boris und … wie heißen Sie?«
»Lars Olm – und ja, schon, aber meistens waren die drei allein unterwegs. Es heißt, sie wären umgebracht worden, und Josh Ziller hätte damit zu tun.«
»Darüber gibt es noch keine näheren Hinweise«, entgegnete Leon.
»Der Josh war sowieso immer so komisch, hing ständig mit der bleichen Totengräberin zusammen.«
»Sie meinen Zoe Lenz?« Leon ließ seine Stimme streng klingen.
Lars räusperte sich verlegen. »Ja, Boris hatte es irgendwie auf sie abgesehen und sie ständig schikaniert.«
»Vielleicht war Boris wütend, weil er wegen ihr damals der Schule verwiesen wurde.« Leon musterte das Gesicht seines Gegenübers.
»Daran war er doch selbst schuld!«, mischte die junge
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