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Die Totenmaske

Die Totenmaske

Titel: Die Totenmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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Frau neben ihm sich ein. »Er hat damals versucht, Zoe zu vergewaltigen. Das ist ja wohl das Allerletzte! Ich finde, es war mal an der Zeit, dass jemand diesem Spinner von Boris zeigte, wo es langgeht. 'tschuldigung, ist nur meine Meinung.«
    »Tickst du noch richtig? Da muss man ihn ja nicht gleich umbringen!«, fuhr Lars sie an.
    »Mach mich nicht an, ja? Ihr habt doch selbst darüber gelacht, wenn er der kleinen Leichenpflegerin Angst eingejagt hat. Bestimmt habt ihr auch noch dabei mitgemacht!«
    Die offensichtlich beschwipste junge Frau zuckte mit den Achseln und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.
    Leon blickte interessiert in die Runde. Anscheinend teilte die Gruppe die Meinung ebenso wenig über Boris Nauen wie über Josh oder Zoe.
    »War jemand von Ihnen am Tatabend auf der Lichtung im Wald?«
    »Wir beide waren dort.« Lars deutete auf sich und den jungen Mann neben sich. »Aber nur kurz. Nach ein paar Schnäpsen sind wir losgezogen, weil wir hier mit den anderen verabredet waren. Boris wollte noch bleiben. Meinte, er und die Jungs würden später nachkommen. Tat ziemlich geheimnistuerisch. Schätze, die wollten ihr … äh … nicht teilen.«
    »Sag ich doch! Spinner eben!«, zischte die junge Frau.
    Leon vermutete, dass Boris sein Haschisch nicht teilen wollte.
    »Nachdem Sie die Lichtung verlassen hatten, befand sich außer den drei Opfern noch jemand dort?«
    »Da war niemand außer uns«, antwortete Lars und blickte zu seinem Freund, der mit einem Nicken zustimmte.
    Leon gab dem Barkeeper ein Zeichen, dass er zahlen wollte.
    »War Josh Ziller auch am besagten Abend dort?«, erkundigte er sich beiläufig, während er sein Portemonnaie aus der Jackentasche zog.
    »Nein«, kam es beinahe gleichzeitig mit unverhohlener Empörung aus allen Mündern.
    »Keine Chance«, äußerte der junge Mann neben Lars. »Der Josh hat sowieso immer rumgetönt, er würde Boris lieber tot als lebendig sehen.«
    Lars ergriff das Wort. »Er war nicht da, nicht an diesem Tag und auch an keinem anderen. Ich meine, was haben wir mit dem komischen Geek zu schaffen?!«
    »Oder was hat Josh Ziller mit Ihnen zu tun oder mit Boris Nauen? Genau das versuche ich, herauszufinden.«
    Wenn Josh nicht am Tatort gesehen worden war, bedeutete das nicht, dass er nicht dort war. Entweder hatten sie sich zu verschiedenen Zeiten dort aufgehalten, oder niemand hatte den Jungen bemerkt. Fürs Erste genügte Leon, was er gehört hatte. Sicher hatte er für Gesprächsstoff gesorgt, was möglicherweise die Erinnerung des ein oder anderen auffrischte. Wie es aussah, hatten diese beiden Jungen die Opfer zuletzt lebend gesehen. Leon nahm die Personalien der jungen Leute auf.
    »Kennt jemand von Ihnen eine junge Frau namens Loretta?« Er verstaute seinen Notizblock und musterte die fragenden Mienen. »Sie tanzt manchmal auf den Podesten hier im Pydna, ist groß, schlank und trägt eine pinkfarbene Perücke.«
    Allgemeines Kopfschütteln, bis Lars sich zu Wort meldete. »Die Mädels hier sehen zum Teil so abgedreht aus, dass man sie kaum auseinanderhalten kann. Keine Ahnung, wer das sein soll, sorry.« Er zuckte mit den Achseln.
    Leon nickte und legte seine Visitenkarte auf den Tisch, direkt neben die kaum sichtbare Spur aus weißem Pulver. »Falls Ihnen noch irgendetwas einfallen sollte, rufen Sie mich an, okay? Ansonsten hören Sie beide von meinen Kollegen, um Ihre Aussage zu Protokoll zu nehmen.«
    Der Barkeeper tauchte neben Leon auf. Dieser stand auf, bezahlte und nickte zum Abschied in die Runde.

Kapitel 12
    D er Tote saß im dämmrigen Zwielicht, wie er es bereits seit Monaten tat. Die Hände auf den Armlehnen, als wollten sie sich aufstützen, um aufzustehen. Doch nichts dergleichen würde geschehen. Nirgendwohin würde er gehen. Nie wieder. Und doch verging er auf seine Weise. Leichenfliegen trugen Tag für Tag ein Stück von ihm davon wie winzige Soldaten auf Beutezug. Gierig und gefräßig. Unaufhaltsam aus dem Hinterhalt lauernd, bis irgendwann nichts mehr übrig sein würde. Insektenspray verzögerte die Angriffe, hielt sie aber nicht auf.
    Feiner Schmutz bedeckte den Raum gleichmäßig wie ein Schneesturm, der in Zeitlupe eine karge Landschaft mit weißer Stille erdrückte. Auf dem Tisch lagen Sezier- und Jagdmesser unbenutzt in stummer Eintracht. Eine Staubschicht hatte ihren Klingen den Glanz genommen und verschmolz sie mit dem ganzen Raum zu einer Einheit voller ungesagter Worte.
    Der leere Blick des Mannes im Lehnstuhl war ins

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