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Die Totenmaske

Die Totenmaske

Titel: Die Totenmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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Schüler in eine derart prekäre Lage geraten war. Josh wäre ein Außenseiter, aber mit Sicherheit kein Verbrecher.
    Leon musste dem Direktor beipflichten und entschuldigte sich für die übereilte Aktion. Dennoch stellte Weglaufen selten eine gute Idee dar. Es machte alles nur schlimmer. Damit untermauerte er nur einen Verdacht, der längst nicht endgültig bewiesen war. Leon konnte die Panik des Jungen jedoch nachvollziehen. Er machte sich Vorwürfe, nicht eher mit ihm gesprochen zu haben. Jetzt würde ihm wohl eine umfangreiche Suchaktion bevorstehen, die ihn vermutlich mitten in den unübersichtlichen Wald führte. In seinen Augen war der Junge weit davon entfernt, ein gefährlicher Schwerverbrecher zu sein, den man mit Waffengewalt zu stellen versuchen musste. Es konnte zahlreiche Gründe dafür geben, dass er sich am Tatort aufgehalten hatte. Erst ein Gespräch mit Josh würde Klarheit darüber bringen. Allerdings kannte Leon sich nicht in den Wäldern aus und brauchte dringend Unterstützung. Zwar befähigte sein Orientierungssinn ihn, sich in jeder Großstadt problemlos zurechtzufinden. In einem Wald, der den Anschein machte, die Zeit wäre vor Jahrhunderten stehen geblieben, war er hingegen aufgeschmissen. Na ja, zumindest würde seine Suche wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen. Er konnte sich nicht darauf verlassen, dass die Behörden so lange die Füße still hielten.
    Zoe Lenz war ihm sofort in den Sinn gekommen. Sie stammte von hier und war mit dem Jungen befreundet. Vielleicht konnte er von ihr ein paar Tipps bekommen, wie er seine Suche am besten anging. Er konnte es sich selbst nicht erklären, aber jedes Mal, wenn er darüber nachdachte, in welchem Zusammenhang die junge Bestatterin mit dem Mordfall stand, beschlichen ihn Schuldgefühle. Er stieg in seinen Wagen und ließ den Motor an. Es gab nur eine Möglichkeit, herauszufinden, ob sein Blick getrübt war, wenn es um Zoe Lenz ging. Er musste zu ihr fahren und bestenfalls gemeinsam mit ihr der Sache auf den Grund gehen.

Kapitel 13
    Z oe schlenderte mit einer Kaffeetasse in der Hand von der Küche aus zum Ladenbereich. Es waren noch zwei Stunden, bis sie öffneten, also würde sie nicht Gefahr laufen, auf Kunden zu treffen. Der metallene Briefschlitz am unteren Teil der Eingangstür klapperte energisch, während der Postbote von draußen einen Stapel Briefe durchschob. Sie stellte ihre Tasse auf die gläserne Auslagefläche und ging zur Tür. Es gab nichts Langweiligeres als Geschäftspost. Werbung und Rechnungen ohne Ende. Was in irgendeiner Weise interessant sein konnte, hatte sie längst aufs Internet verlagert. Dort hatte sie Leon Strater gegoogelt und war auf der Seite der Polizei Mainz auch fündig geworden. Es waren ein paar Klicks nötig, bis sie ein Foto in einem Artikel gefunden hatte, in dem von seiner Mitarbeit bei einem Polizeieinsatz berichtet wurde. Ein bisschen seltsam kam sie sich dabei schon vor, doch es musste schließlich niemand erfahren. Außerdem würde der Polizist schon aus beruflichen Gründen ebenfalls Informationen über sie einholen. Dabei war er nicht auf eine Suchmaschine angewiesen, sondern dürfte über polizeiliche Dateien vermutlich jede einzelne Station ihres Lebens kennen. Sicher hatte die Kripo da so ihre Möglichkeiten.
    Zoe klemmte sich den Stapel Briefe unter den Arm, griff im Vorbeigehen nach ihrer Tasse und ging in den angrenzenden Wintergarten. Sie setzte sich in den bequemen Korbsessel und schloss für einen Moment die Augen. Ein freier Tag mitten in der Woche war purer Luxus. Seit ihrem letzten nächtlichen Ausflug vor ein paar Tagen fühlte sie sich seltsam beschwingt. Sie hatte den jungen Kommissar im Pydna gesehen. Lächelnd blinzelte sie in die Morgensonne. Er war also noch mit seinen Ermittlungen beschäftigt, was früher oder später dazu führen würde, dass sie ihm begegnete. Die Welt war so klein im Hunsrück!
    Einen Moment hatte sie befürchtet, er würde sie unter ihrer Maske erkennen. In seiner Miene hatte sich plötzliches Erkennen gespiegelt, als er näher an die Bühne herangetreten war. Doch kurz darauf war er in ein Gespräch mit Tom vertieft gewesen. Natürlich war sie ihm aufgefallen. Loretta fiel jedem auf. Aber nicht jeder schien auf Lorettas aufdringliche Anmachstrategie hereinzufallen. Das erfüllte Zoe mit einer grimmigen Belustigung. Nicht ein einziges Mal hatte Strater sie als Loretta so angesehen, wie er es im Café getan hatte. Als er sich auch noch einfach wegdrehte, um

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