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Die Totenmaske

Die Totenmaske

Titel: Die Totenmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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Familie Ziller existiert nicht. Zumindest steht dort kein Haus mehr. Die Kollegen hatten keine andere Wahl, als den Jungen in der Schule aufzugreifen. Allerdings ist er ihnen entwischt, was ihn auch nicht gerade entlastet.«
    Das konnte Zoe sich gut vorstellen. Josh war flink wie ein Wiesel, streifte schon seit seiner Kindheit durch die Wälder.
    »Eine falsche Adresse?«, sprach Zoe mehr zu sich selbst.
    »Nur ein Postfach. Ich finde es auch merkwürdig, dass so etwas niemandem auffällt. Anscheinend ist dieser Umstand bei der Meldebehörde schlicht untergegangen«, erklärte er.
    Obwohl sie aufgebracht war, musste Zoe sich ein Schmunzeln verkneifen. Joshs Elternhaus war vor über zehn Jahren abgerissen worden, weil das alte Gebäude drohte zusammenzubrechen. Seitdem lebte Josh mit seinem Vater in dessen Jagdhütte oben im Hunsrücker Wald. Allerdings hätten die beiden Streifenpolizisten das wissen müssen. Mit dieser Nachlässigkeit waren sie ihrem Ruf gerecht geworden, denn hinter vorgehaltener Hand nannten die Birkheimer die beiden kauzigen Beamten Pat & Patachon. Mit einem Seufzen erwiderte sie Straters Blick.
    »Hören Sie, ich darf das zwar nicht sagen, dennoch glaube ich persönlich an Ihre Unschuld, aber …«
    »Nichts, was vor dem Wort aber gesagt wird, ist wirklich von Bedeutung«, unterbrach sie ihn.
    Enttäuschung verrauchte nicht so einfach wie Wut. Bei ihrem letzten Treffen waren sie so etwas wie Partner gewesen. Zumindest hatte Zoe es so empfunden, während sie gemeinsam den Obduktionsbericht studiert, Schlussfolgerungen gezogen und die weiteren Untersuchungsmöglichkeiten eingeleitet hatten. Jetzt fühlte sie sich degradiert, sie war zur Verdächtigen geworden.
    Straters Hand näherte sich der ihren, als wollte er sie ergreifen, um sie zu beruhigen. Einem Impuls folgend zog Zoe ihre Hand zurück und fing an, ihre Handflächen nervös aneinanderzureiben. Irgendwann würde die Frage aufkommen, wo sie sich zum Zeitpunkt der Tat aufgehalten hatte. Übelkeit stieg in ihr auf. Sie war damals als Loretta verkleidet im Pydna gewesen. Hunderte Leute hatten sie dort gesehen, doch konnte niemand sie identifizieren. Den Rest des Wochenendes hatte sie allein in ihrem Atelier verbracht. Ein vollkommen nutzloses Alibi. Außerdem hätte ebenso gut Loretta in Verdacht geraten können, denn in dieser Aufmachung war Zoe schon mehrmals auffällig geworden – auch in Bezug auf Boris. Für jeden Außenstehenden war die Tänzerin Loretta eine Unbekannte. Um sich zu verteidigen, wäre Zoe gezwungen, ihr kleines Geheimnis aufzudecken. Wenn der Kommissar von ihren nächtlichen Ausflügen erfuhr, würde er ein völlig falsches Bild von ihr bekommen. Ihr Magen zog sich zusammen. Sie wischte ihre feuchten Handflächen an ihrer Jeans ab. Es fühlte sich an, als würde eine Falle zuschnappen, die sie selbst aufgestellt hatte. Loretta. Das war nicht wirklich sie, sondern nur eine Art Spiel. Doch wie sollte sie das erklären?
    Und der Kommissar? Konnte sie auf das vertrauen, was er sagte, oder handelte es sich bloß um irgendeine psychologische Strategie? Er tat seinen Job. Gut. Aber was dachte er wirklich über sie?
    Strater stieß die angehaltene Luft aus und betrachtete Zoe eindringlich. »Aber …«, wiederholte er sein letztes Wort mit fester Stimme, »… andere könnten das möglicherweise nicht so sehen. Deshalb muss ich den Jungen finden und der Gerichtsbarkeit übergeben. Nur mit seiner Aussage haben wir eine Chance, diesen Fall zu lösen.«
    Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Dabei wirkte er unschlüssig, als wollte er noch etwas sagen und hatte sich im letzten Moment anders entschieden. Sein Blick war nicht zu deuten. Er hatte allerdings recht: Sie mussten Josh finden. Seine Aussage könnte Licht ins Dunkel bringen. Wenn sich herausstellte, dass Josh unschuldig war, wovon Zoe ausging, würde die Polizei sich darauf konzentrieren, den wahren Täter zu ermitteln. Natürlich waren das nur Spekulationen, die nicht weiter hilfreich waren. Das Einzige, was sie tun konnte, war, Strater dabei zu helfen, Josh aufzuspüren. Sie konnte sich vorstellen, wohin der verrückte Kerl geflohen war.
    Zoe wischte ihre Befangenheit beiseite und sprang von den Stufen auf. Gleichzeitig erhob sich Kommissar Strater.
    »Okay, mal sehen, wie viel Zeit ich habe.« Zoe las den Termin zu ihrer Anhörung. »Fünf Tage sollten reichen.«
    Strater schüttelte lächelnd den Kopf. »Wozu reichen?«
    »Um Josh zu finden. Ich werde Sie zur

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