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Die Totenmaske

Die Totenmaske

Titel: Die Totenmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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ihr Zorn gewann Oberhand. »Sie hätten mir sagen können, dass Sie mich verdächtigen!« Beinahe wäre sie laut geworden.
    Er zog ruckartig die Hand weg, als hätte er sich verbrannt. »Das bedeutet, man will Sie als Zeugin anhören wegen …«
    »Ich weiß, was die Worte bedeuten. Herrgott!« Jetzt hatte sie ihn angeschrien.
    »Beruhigen Sie sich, bitte! Es wird sich alles aufklären. Das ist nur eine Einladung zum Gespräch, nicht mal ein Verhör.« Die Ruhe in seiner Stimme ging ihr mächtig gegen den Strich.
    »Glauben Sie wirklich, dass ich damit etwas zu tun habe?« Zoe zwang sich, ihn anzusehen. Ihre Knie waren butterweich, weil sie die Antwort fürchtete.
    »Nein.«
    Sie blinzelte ihn an. Damit hatte sie nicht gerechnet. Es sich gewünscht, ja, aber nicht wirklich daran geglaubt. »Nein? Und warum …« Ihre Stimme brach. Sie deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger auf das Anschreiben hinter ihm.
    »Ich habe es selbst erst vor kurzem erfahren. Wenn ich geahnt hätte, dass die örtlichen Behörden so schnell reagieren, wäre ich sofort hierhergekommen. Zusammen mit den Hinweisen aus der Bevölkerung wurden die Indizien erdrückend.« Er atmete laut aus und rieb sich über das Gesicht.
    »Hinweise aus der Bevölkerung?« Zoe stieß ein hartes Lachen aus. »Wie viel Gewicht haben heutzutage irgendwelche Behauptungen?«
    »Das kommt darauf an. Josh Ziller hat in der Vergangenheit nicht gerade ein Blatt vor den Mund genommen, wenn es darum ging, Morddrohungen gegen Boris Nauen von sich zu geben.«
    Zoe blickte ihn an. »Morddrohungen? Meine Güte, das hat er doch nur so dahergesagt! Haben Sie noch nie jemanden verflucht, der Ihnen einen Parkplatz vor der Nase weggeschnappt hat?«
    Leon sah sie vielsagend an.
    »Okay, haben Sie wohl nicht. Entschuldigung.«
    Sein Schweigen brachte sie ins Grübeln darüber, ob Josh womöglich in der Lage sein könnte, seinen leichtfertig dahergesagten Worten auch Taten folgen zu lassen. Es stimmte, nicht nur ein Mal hatte er auf offener Straße Boris in seinem davonbrausenden Chevrolet mit erhobener Faust hinterhergebrüllt, er möge doch vor den nächsten Baum fahren. Sofort verwarf Zoe den Gedanken wieder. Völliger Blödsinn! So etwas konnte doch niemand ernst nehmen.
    »Und was ist mit den Beweisen?«, hakte sie nach.
    »Maßgebend sind zum gegebenen Zeitpunkt die Untersuchungen am möglichen Tatort«, antwortete der Kommissar.
    »Ich war an keinem Tatort.« Mittlerweile war ihre Wut zu einem düsteren Groll abgeklungen. Ihr wurde klar, dass Leon Strater der Einzige war, der ihr helfen konnte, ihre Unschuld zu beweisen.
    Er schüttelte den Kopf. »Sie vielleicht nicht, aber der mögliche Täter. Er ist flüchtig, nachdem die Kollegen von der Streife ihn verhaften wollten.«
    Es dauerte einen Moment, bis Zoe begriff. »Wen wollten sie festnehmen?«
    »Josh Ziller.«
    Der Boden unter Zoes Füßen wurde zu Watte. Sie hatte den Punkt des maßlosen Erstaunens überschritten und ließ sich matt auf die Stufen sinken.
    »Mein Gott!«
    Der Kommissar hockte sich vor sie, legte eine Hand vorsichtig an die Seite ihres Beins. Das Ganze kam ihr vor wie ein wirrer Traum. Das Wort »Verschwörung« bekam eine völlig andere Bedeutung. Anscheinend konnte bloßer Klatsch mehr Schaden anrichten, als sie jemals für möglich gehalten hatte. Die Leute hatten immer über sie geredet, ganz zu schweigen von dem, was ihre Mutter sich anhören musste. Dafür gab es andere, die ihnen wohlgesinnt waren. Irgendwie hielt es sich stets die Waage. Natürlich war Mord etwas anderes, erhitzte die Gemüter, und wer wusste schon, aus welchem braven Bürger plötzlich ein Denunziant wurde.
    Zoe bemühte sich, Leon zuzuhören, die Bilder in ihrem Kopf nicht allzu klar werden zu lassen. Josh hatte eine große Klappe, würde aber niemandem etwas zuleide tun – im Gegenteil: Er war es, den sie stets beschützen musste. Bis auf das eine Mal, als er sie gerettet hatte. Sie wollte sich gar nicht erst vorstellen, was damals geschehen wäre, wenn Josh nicht rechtzeitig mit seinem Vater aufgetaucht wäre. Dafür würde sie ihm bis in alle Ewigkeit dankbar sein. Vielleicht war nun der Zeitpunkt, sich zu revanchieren.
    »Sie haben versucht, ihn in der Schule zu verhaften? Das ist nicht Ihr Ernst!« Fassungslos schüttelte sie den Kopf. »Für jemanden wie Josh bedeutet eine solche Aktion das soziale Aus.«
    Im Blick des Beamten lagen Zustimmung und Wärme. »Es gab eine Vorladung, und die angegebene Postanschrift der

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