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Die Totgesagten

Titel: Die Totgesagten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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der Sohn, der den Namen meines Vaters weitertragen wird, das zukünftige Familienoberhaupt. Ich will einfach arbeiten. Mit meinen Händen. Ich habe keine großen Ambitionen. Ich bin zufrieden, wenn ich nach Hause gehe und das Gefühl habe, etwas mit meinen Händen gemacht zu haben. Ich kann nicht studieren. Aber das wollen sie nichtbegreifen. Also muss ich ihre Träume zerstören. Ein für alle Mal. Ich muss sie zertrampeln, bis nichts mehr davon übrig ist.« Tränen strömten ihm übers Gesicht. Simons warme Hände verstärkten den Schmerz. Mehmet hatte alles so satt, er war es so leid, nicht gut genug zu sein. Er wollte nicht mehr so tun müssen, als wäre er ein anderer.
    Zaghaft hob er den Kopf. Simons Gesicht war jetzt ganz nah an seinem. Simon sah ihm fragend in die Augen und wischte ihm mit warmen, zimtduftenden Händen die Tränen ab. Dann streiften Simons Lippen vorsichtig seinen Mund. Mehmet war verwundert, wie richtig sich der weiche Mund auf seinem anfühlte. Dann verlor er sich in einer Wirklichkeit, vor der er bisher ängstlich die Augen verschlossen hatte.
    »Ich würde mich gern ein bisschen mit Bertil unterhalten. Ist er da?« Erling zwinkerte Annika zu.
    »Gehen Sie einfach durch. Sie kennen ja den Weg.«
    »Danke.« Erling zwinkerte noch einmal. Warum sein Charme bei Annika nicht ankam, konnte er einfach nicht begreifen. Aber vermutlich war es nur eine Frage der Zeit.
    Mit raschen Schritten ging er auf Mellbergs Zimmer zu und klopfte. Als er keine Antwort bekam, klopfte er erneut. Nun waren hinter der Tür ein undeutliches Murmeln und geheimnisvolle Geräusche zu hören. Was trieb Bertil bloß dort drinnen? Als Mellberg endlich die Tür aufmachte, begriff Erling: Er hatte tief geschlafen. Auf dem Sofa lagen eine Decke und ein Kissen, und auf Mellbergs Wange sah man noch den Kissenabdruck.
    »Meine Güte, Bertil, liegen Sie etwa mitten am Tag auf der faulen Haut?« Erling hatte sich lange überlegt, wie er gegenüber dem Leiter der Dienststelle auftreten sollte. Er hatte sich für einen anfänglich lockeren und kameradschaftlichen Umgangston entschieden, der zunehmend ernster wurde. Normalerweise hatte er keine Probleme mitMellberg. Kommunalpolitische Fragen, die auch die Polizei betrafen, hatte er bislang mit Schmeicheleien und kleinen Bestechungen in Form der einen oder anderen Whiskyflasche gelöst. Auf diese Weise hatte sich eine glückliche und reibungslose Zusammenarbeit entwickelt. Er sah keinen Grund, weshalb es diesmal anders laufen sollte.
    »Tja, wissen Sie«, erklärte Mellberg leicht verlegen. »Hier war eine Menge los in der letzten Zeit. Das zehrt an den Kräften.«
    »Sie arbeiten hart, ich weiß.« Zu seiner Verwunderung sah er, dass sich eine tiefe Röte auf dem Gesicht des Kommissars ausbreitete.
    »Womit kann ich Ihnen dienen?« Mellberg zeigte auf einen Stuhl.
    Erling setzte sich und machte ein tiefbekümmertes Gesicht. »Nun ja, gerade hat mich der Produzent von Raus aus Tanum angerufen, Fredrik Rehn. Offenbar haben einige Ihrer Polizisten ein bisschen Rabatz auf dem Heimathof gemacht. Anscheinend wurde auch damit gedroht, die Sendung zu verbieten. Ich muss sagen, ich war sehr überrascht, als ich das hörte. Ich dachte, wir wären uns in dieser Frage einig und könnten uns aufeinander verlassen. Ich bin wirklich enttäuscht, Bertil. Gibt es dafür irgendeine Erklärung?« Er sah Mellberg mit dieser tiefen Sorgenfalte auf der Stirn an, die im Laufe seiner Karriere schon so manchem Gegner einen Schreck eingejagt hatte. Doch der Kommissar ließ sich ausnahmsweise nicht einschüchtern. Er sah Erling nur stumm an, bis dem Bürgermeister etwas mulmig zumute wurde. Vielleicht hätte er doch lieber eine Flasche Whisky mitbringen sollen. Zur Sicherheit.
    »Erling …« Erling schloss aus Mellbergs Tonfall, dass er diesmal möglicherweise zu weit gegangen war.
    »Erling …«, wiederholte Mellberg. Der Bürgermeister wand sich. Konnte der Kerl nicht endlich zum Punkt kom men?Er hatte doch nur eine harmlose Frage gestellt, weil er sich um das Wohl der Gemeinde sorgte. Was war denn daran so schlimm?
    »Wir ermitteln in einem Mordfall«, verkündete Mellberg schließlich mit starrem Blick. »Uns wurde nicht nur wichtiges Beweismaterial vorenthalten, es wurde sogar an die Presse verkauft. Ich neige daher im Moment dazu, meinen Kollegen zuzustimmen. Es wäre das Beste, den ganzen Laden dichtzumachen.«
    Nun kam Erling ins Schwitzen. Dieses Detail hatte Fredrik Rehn ihm natürlich

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