Die Totgesagten
jedoch froh, ihn nicht mitschleppen zu müssen.
»Dann machen wir uns gleich auf den Weg.« Patrik nickte Martin zu.
Mit raschen Schritten gingen sie hinüber zum Heimathof. Da das Polizeigebäude am einen Ende der kurzen Einkaufsstraße von Tanum lag und der Heimathof am anderen, brauchten sie keine fünf Minuten. Als Erstes klopften sie an die Tür des Ü-Wagens, der ständig vor dem Haus parkte.Wenn sie Glück hatten, war der Produzent da, wenn nicht, würden sie ihn eben herbestellen.
Das Glück war auf ihrer Seite, denn die Stimme, die sie hereinbat, gehörte eindeutig Fredrik Rehn. Er ging gerade mit einem seiner Assistenten die Sendung für den nächsten Tag durch.
»Was ist denn nun schon wieder?« Er ließ keinen Zweifel daran, dass er in den polizeilichen Ermittlungen nichts als eine Störung sah. Genauer gesagt, er schätzte die mediale Aufmerksamkeit, die der Fall mit sich brachte, konnte es aber nicht leiden, wenn die Polizei die Teilnehmer und ihn von der Arbeit abhielt.
»Wir müssen uns mit Ihnen unterhalten. Und mit den Teilnehmern. Trommeln Sie die Gruppe im Heimathof zusammen. Jetzt.« Patriks Geduld war am Ende, und er verschwendete keine Zeit mehr mit Höflichkeitsfloskeln.
Fredrik Rehn, der den Ernst der Lage nicht gleich erfasste, protestierte mit weinerlicher Stimme. »Aber die arbeiten gerade. Wir drehen. Sie können nicht einfach …«
» JETZT !«, brüllte Patrik. Rehn und sein Assistent zuckten zusammen.
Widerwillig griff der Produzent nach seinem Handy und rief die Teilnehmer der Reihe nach an. Anschließend drehte er sich zu Patrik und Martin um und sagte säuerlich: »So, Auftrag erledigt. Sie sind in ein paar Minuten hier. Darf man fragen, was so wahnsinnig wichtig ist, dass Sie uns hier mitten in einem Millionenprojekt stören? Das obendrein von Ihrem Gemeinderat unterstützt wird, weil es Ihrer Gemeinde ungeheure Vorteile verschafft?«
»Das erzähle ich Ihnen gleich, wenn wir uns da drinnen versammelt haben.« Patrik und Martin verließen den Bus. Aus dem Augenwinkel sah Patrik, wie Fredrik Rehn sich wieder auf sein Handy stürzte.
Nach und nach trudelten die Teilnehmer ein. Während manche verärgert schienen, weil man sie so kurzfristig hierherbestellthatte, kam Uffe und Calle die Pause ganz gelegen.
»Was gibt’s?« Uffe setzte sich auf den Bühnenrand. Er zog seine Zigaretten aus der Tasche und wollte sich eine anzünden, doch Patrik riss ihm die Zigarette aus dem Mund und warf sie in den Papierkorb.
»Hier ist Rauchverbot.«
»O Mann!« Uffe wagte jedoch nicht, heftiger zu protestieren. Irgendetwas sagte ihm, dass Patrik und Martin nicht gekommen waren, um über die Brandschutzbestimmungen zu diskutieren.
Genau acht Minuten nachdem Patrik beim Ü-Wagen angeklopft hatte, schlenderte die letzte Teilnehmerin herein.
»Was ist denn hier für miese Stimmung? Ist jemand gestorben?« Tina warf sich lachend auf eins der Betten.
»Halt die Schnauze, Tina!« Fredrik Rehn lehnte mit verschränkten Armen an der Wand. Er wollte dafür sorgen, dass diese Unterbrechung nicht länger als absolut nötig dauerte. Deswegen hatte er in der Zwischenzeit auch bereits mit einigen wichtigen Leuten telefoniert. Diese Schikane würde er nicht länger hinnehmen. Dafür verdiente er zu viel Geld.
»Wir wollen nur eins von euch wissen.« Patrik blickte in die Runde und fixierte jeden Einzelnen. »Wer hat Lillemors Tagebuch gefunden? Und wer hat es ans Abendblatt verkauft?«
Fredrik Rehn runzelte die Stirn. Er wirkte verblüfft. »Tagebuch? Was für ein Tagebuch?«
»Das Tagebuch, das das Abendblatt heute veröffentlich hat«, sagte Patrik, ohne ihn anzusehen. »Es steht auf der Titelseite.«
»Wir haben eine Titelseite?« Rehn strahlte. »Echt? Das muss ich sehen …«
Martins Blick brachte ihn zwar zum Schweigen, doch es fiel ihm schwer, das Grinsen zu unterdrücken. Titelsei tenwaren in dieser Branche Gold wert. Nichts sonst brachte solche Quoten.
Die Teilnehmer saßen stumm da. Nur Tina und Uffe sahen die Polizisten an. Jonna, Calle und Mehmet starrten auf den Boden und wirkten bedrückt.
»Wenn ihr mir nicht sagt, wo das Tagebuch war«, fuhr Patrik fort, »wer es gefunden hat und wo es sich jetzt befindet, werde ich alles tun, was in meiner Macht steht, um diesen Kindergarten zu schließen. Bis jetzt haben wir euch gewähren lassen, aber wenn ihr mir nicht sofort erzählt…«
»Los jetzt, Leute«, rief Fredrik Rehn gestresst. »Wenn ihr was wisst, spuckt es aus. Falls einer
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