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Die Totgesagten

Titel: Die Totgesagten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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…«
    Er brummte unschlüssig vor sich hin. Patrik musste sich beherrschen, um sich nicht über den Tisch zu lehnen und ihn kräftig zu schütteln, damit er endlich zum Punkt kam.
    »Ich musste an eine Sache denken, die 1967 passiert ist. Ich hatte damals gerade hier angefangen. Im Herbst hatte ich meinen Abschluss gemacht …«
    Patrikwurde immer ungeduldiger. Wie konnte man nur so umständlich erzählen!
    Gösta nahm einen neuen Anlauf. »Wie gesagt, ich hatte noch nicht lange hier gearbeitet, als plötzlich ein Notruf kam. Zwei Kinder waren ertrunken. Zwillinge. Drei Jahre alt. Sie wohnten mit ihrer Mutter auf Kalvö. Der Vater war einige Monate zuvor im Eis eingebrochen und ertrunken, und die Mutter hatte wohl angefangen zu saufen. An diesem Tag – es war im März, wenn ich mich recht entsinne – war sie mit dem Boot nach Fjällbacka und anschließend mit dem Auto nach Uddevalla gefahren, um irgendetwas zu erledigen. Auf der Rückfahrt nach Kalvö frischte der Wind auf. Angeblich kenterte das Boot, kurz bevor sie die Insel erreichten. Beide Kinder ertranken. Die Mutter schwamm an Land und rief über Funk Hilfe.«
    »Aha. Und was hat das mit unserem Fall zu tun? Wenn die Kinder ertrunken sind, können sie doch nicht zwei Jahre später im Auto von Sigrid Jansson gesessen haben.«
    Gösta zögerte und schluckte. »Aber es gab eine Zeugin, die behauptete, Hedda Kjellander habe die Kinder gar nicht dabeigehabt, als sie mit ihrem Boot in Fjällbacka ablegte.«
    Patrik schwieg eine Weile. »Warum ist man der Sache nicht weiter nachgegangen?«
    Gösta machte ein bekümmertes Gesicht. »Na ja, … die Zeugin war eine ältere Dame. Etwas wirr im Kopf. Sie hockte den ganzen Tag mit dem Fernglas am Fenster und beobachtete dabei so manches.«
    Patrik zog fragend eine Augenbraue hoch.
    »Seeungeheuer und so.« Gösta wirkte immer noch bedrückt. Er musste sich eingestehen, dass er hin und wieder an diese Geschichte gedacht hatte. An die Zwillinge, deren Leichen nirgendwo angespült wurden. Aber jedes Mal hatte er den Gedanken wieder beiseitegeschoben und sich eingeredet, es sei ein tragischer Unfall gewesen. Und nichts anderes.
    »Alsich Hedda sah, fiel es mir schwer, ihr nicht zu glauben. Sie war so verzweifelt. So aufgewühlt. Es gab keinen Grund zu der Annahme …« Er konnte nicht weitersprechen und wich Patriks Blick aus.
    »Was ist aus ihr geworden?«
    »Nichts. Sie lebt immer noch auf der Insel. Im Ort sieht man sie selten. Ihre Lebensmittel lässt sie sich liefern, vor allem Alkohol.«
    Plötzlich fiel bei Patrik der Groschen. »Du meinst die Kalvö-Hedda!« Warum hatte er das nicht gleich kapiert? Aber er hatte noch nie gehört, dass sie zwei Kinder gehabt hatte. Er wusste nur, dass sie tragische Schicksalsschläge erlitten hatte und sich seitdem das letzte bisschen Verstand aus der Birne soff.
    »Du glaubst also …«
    Gösta zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, was ich glaube. Aber es ist ein merkwürdiges Zusammentreffen. Und vom Alter her passt es.« Er schwieg und ließ Patrik nachdenken.
    »Wir sollten hinausfahren und mit ihr reden.«
    Gösta nickte.
    »Wir können unser Boot nehmen.« Patrik stand auf. Gösta ließ immer noch den Kopf hängen.
    Patrik drehte sich zu ihm um. »Das ist Jahre her, Gösta. Vielleicht wäre ich damals zu der gleichen Einschätzung gekommen wie du. Bestimmt sogar. Außerdem war es ja nicht deine Entscheidung.«
    Gösta war sich nicht sicher, ob Patrik genauso gehandelt hätte wie er. Und natürlich hätte er bei seinem damaligen Chef ein bisschen hartnäckiger sein können. Aber nun war es zu spät. Es hatte keinen Sinn, sich deswegen Vorwürfe zu machen.
    »Bist du krank?« Lars setzte sich besorgt auf die Bettkante und legte ihr eine kühle Hand auf die Stirn. »Du glühst ja.« Er zog ihr die Decke bis unters Kinn. Sie hatte Schüt telfrost,doch gleichzeitig stand ihr der Schweiß auf der Stirn.
    »Lass mich in Frieden.« Sie wälzte sich auf die Seite.
    »Ich will dir doch nur helfen.« Gekränkt nahm Lars seine Hand von der Bettdecke.
    »Du hast mir genug geholfen.« Hanna klapperte mit den Zähnen.
    »Hast du dich krankgemeldet?« Er wendete ihr den Rücken zu und sah durch die Balkontür hinaus. Sie waren so weit voneinander entfernt, als befänden sie sich auf zwei verschiedenen Kontinenten. Irgendetwas krallte sich um sein Herz. Es fühlte sich wie Angst an, aber diese Angst war so groß und so durchdringend, dass er sich nicht erinnern konnte, wann er zuletzt

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