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Die Totgesagten

Titel: Die Totgesagten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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nirgendwo fand sich ein Hinweis darauf, dass hier einmal Kinder gelebt hatten. Hedda musste alles weggeworfen haben.
    »Die feine Dame« ging ihm nicht aus dem Kopf. Schließlich setzte er sich neben Hedda und schüttelte sie sanft, um sie noch einmal aufzuwecken. Widerwillig setzte sie sich auf. Ihr Kopf fiel zuerst nach hinten, bevor sie ihn einigermaßen gerade auf dem Hals balancieren konnte.
    »Hedda, du musst mir antworten. Hat diese feine Dame deine Kinder?«
    »Sie waren so anstrengend. Ich wollte nur ein paar Besorgungen in Uddevalla machen. Der Schnaps war auch alle«, lallte sie. Sie sah aus dem Fenster. Draußen glitzerte die Frühlingssonne auf dem Wasser. »Sie haben nur Ärger gemacht. Ich war so müde. Das war so eine feine Dame. Richtig nett. Sie hat gesagt, sie kümmert sich um sie. Also habe ich sie bei ihr gelassen.«
    Hedda sah Patrik an. Zum ersten Mal entdeckte er ein echtes Gefühl in ihren Augen. Tief in ihrem Innern verbarg sich ein unendlich großer Schmerz und eine unfassbare Schuld. Ertränkt im Alkohol.
    »Ich habe es bereut.« Ihre Augen wurden feucht. »Nur konnte ich sie nicht wiederfinden. Ich habe überall gesucht, aber sie waren weg. Die feine Dame mit der Perlen ketteauch.« Hedda rieb über ihren Hals, um zu zeigen, wo die feine Dame die Kette getragen hatte. »Sie war verschwunden.«
    »Warum hast du behauptet, die Kinder wären ertrunken?« Patrik sah im Augenwinkel, dass Gösta in der Tür stand und zuhörte.
    »Ich habe mich geschämt. Vielleicht hatten sie es bei ihr ja auch besser. Aber ich habe mich so geschämt.«
    Sie blickte wieder aufs Wasser hinaus. Lange Zeit saßen sie schweigend da. Patriks Gehirn arbeitete unter Hochdruck. Allmählich wurde ihm klar, was ihre Worte bedeuteten. »Die feine Dame« musste Sigrid Jansson sein. Aus irgendeinem Grund hatte sie Hedda die Kinder weggenommen. Warum, würden sie vielleicht nie erfahren.
    Mit zitternden Beinen stand Patrik auf. Da sah er, dass Gösta etwas in der Hand hielt.
    »Ich habe ein Foto von den Zwillingen unter der Matratze gefunden.«
    Patrik nahm Gösta das Foto aus der Hand und betrachtete es genau. Zwei Kleinkinder, die bei ihren Eltern auf dem Schoß saßen. Sie sahen glücklich aus. Kurze Zeit später musste Gottfrid ertrunken sein, und alles brach zusammen. Patrik studierte die Gesichter der Kinder. Wo waren die beiden heute? War eins von ihnen zum Mörder geworden? Die runden Gesichter verrieten nichts. Hedda war wieder eingeschlafen, und Patrik und Gösta gingen nach draußen und atmeten die frische Meeresluft ein. Behutsam steckte Patrik das abgegriffene Foto in die Brieftasche. Er würde dafür sorgen, dass Hedda es so schnell wie möglich zurückbekam. Aber im Moment brauchten sie das Bild, um einen Mörder zu finden.
    Die Rückfahrt verlief genauso schweigend wie die Hinfahrt, doch diesmal war ihr Schweigen von Schock und Trauer geprägt. Wie klein und verletzlich der Mensch war. Und manchmal beging er schwerwiegende Fehler. Vor seinem inneren Auge sah Patrik Hedda durch Uddevalla irren.Sie musste verzweifelt nach den Kindern gesucht haben, die sie in einem Anflug von Mutlosigkeit, Erschöpfung und Gier nach Schnaps einer wildfremden Frau überlassen hatte. Er konnte die Panik nachempfinden, die sie überkommen hatte, als ihr klar wurde, dass sie die Kinder nicht wiederfinden würde. Aus Verzweiflung hatte sie dann behauptet, die Kinder wären ertrunken.
    Sie sprachen erst wieder, als Patrik den alten Kahn an einem der schwimmenden Stege von Badholmen vertäut hatte.
    »Nun wissen wir wenigstens Bescheid.« Gösta war deutlich anzumerken, dass ihn immer noch Schuldgefühle quälten.
    Auf dem Weg zum Auto klopfte Patrik ihm auf die Schulter. »Du konntest es nicht wissen.« Gösta gab keine Antwort. Doch Patrik hatte auch nicht geglaubt, dass er Gösta irgendwie helfen könnte, diese Sache musste sein Kollege mit sich allein ausmachen.
    »Wir müssen so schnell wie möglich rauskriegen, wo die Kinder abgeblieben sind.«
    »Hast du denn immer noch nichts vom Jugendamt in Uddevalla gehört?«
    »Nein. Es wird nicht leicht sein, die Unterlagen zu finden. Es ist so lange her. Aber irgendwo müssen sie schließlich sein. Zwei Fünfjährige können nicht einfach so verschwinden.«
    »Was für ein beschissenes Leben.«
    »Meinst du Hedda?« Patrik fragte nach, obwohl er die Antwort wusste.
    »Ja. Stell dir vor, du müsstest diese Schuld mit dir her um tragen. Ein Leben lang.«
    »Kein Wunder, dass sie versucht

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