Die Traene des Drachen
verdanken?“, wollte Elea zugleich neugierig und empört wissen. Jadora räusperte sich wieder ausgiebig, bevor er antwortete: „Also, ähm... ich habe sie – es ist eine Stute – für Euch ausgesucht. Maél hat mich damit beauftragt, für Euch ein passendes Pferd zu suchen.“
„ Das ist Euch offensichtlich gelungen“, schnaubte Elea dem Hauptmann zu, während sie gleichzeitig Maél einen giftigen Blick zuwarf. Dieser konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Jadora fügte noch kleinlaut hinzu. „Sie heißt Shona und ist lammfromm. Ein besseres Pferd gibt es nicht für Euch. Sie ist leicht zu reiten. Ihr müsst so gut wie nichts machen.“
Obwohl Elea alles andere zumute war, als sich zu streiten, hatte sie keine Lust, einfach klein beizugeben und sich kampflos zu ergeben. „Und was spricht dagegen, dass wir diese Reise genauso bestreiten, wie schon die erste. Da war es doch auch kein Problem, dass ich bei Euch mit auf dem Pferd saß.“ Jadora nestelte verlegen an seinem Schwert herum, als ob es nicht an seinem richtigen Platz saß, und sah hilfesuchend zu Maél. Während Eleas durchbohrender Blick sich abwechselnd auf die beiden Männer heftete, erlöste Maél endlich Jadora und beantwortete in seinem gewohnt überheblichen Ton Eleas dringliche Frage. „Es ist immer eine Belastung für ein Pferd zwei statt einer Person zu tragen. Erst recht, wenn es Sturm und Schnee ausgesetzt ist oder noch zusätzliches Gepäck tragen muss. Wie Ihr wahrscheinlich bereits festgestellt habt, haben wir drei Packpferde, die nur unsere Ausrüstung und unseren Proviant tragen. Darüber hinaus müssen die Pferde der Reiter auch deren persönliches Gepäck tragen, was im Winter deutlich schwerer ausfällt als zu anderen Jahreszeiten.“
Elea musste – ebenso wie schon kurz zuvor Belana, als es um ihre Haare ging – schweren Herzens zugeben, dass Maél unbestreitbar recht hatte, und zwar ebenfalls aus praktischen Gründen. In diesem Fall konnte man natürlich nicht auf eine junge Frau Rücksicht nehmen, die sich aus unerfindlichen Gründen sträubt, sich allein auf ein Pferd zu setzen. Elea wollte schon einlenkend Maél zunicken, als dieser noch etwas anzumerken hatte.
„ Außerdem denke ich, dass es nicht schadet, ein Pferd eigenständig zu reiten, bevor man einen Drachen reitet. Seht es also als eine Übung an!“, sagte er mit einer Stimme, aus der Elea deutlich den amüsierten Unterton heraushören konnte. Zu der Hitze auf ihrem Brustbein begann es nun auch noch in ihrem Innern zu brodeln. Sie war nahe dran, über ihre Schmerzen hinwegzusehen und sich wutschnaubend auf ihn zu stürzen. Er schafft es immer wieder, mich so zu reizen, dass ich überhaupt nicht mein schauspielerisches Talent bemühen muss. Sie schloss die Augen und atmete wieder dreimal tief ein und aus. „Worauf warten wir dann noch?“ Sie stieß Maél zur Seite und befestigte ihren Rucksack am Sattel. Dann holte sie noch ihre Fellbündel. Nachdem sie diese ebenfalls an den Sattel gebunden hatte, legte sie sich ihren Umhang um die Schultern. Maél und Jadora beobachteten sie dabei mit offen stehendem Mund und ohne einen Laut von sich zu geben. Ihre Wut ließ sie sich viel zu ruckartig bewegen, sodass der Schmerz auf ihrem Brustbein wieder heiß aufflammte. Sie biss jedoch die Zähne zusammen und ließ sich nichts anmerken. Als sie sich jedoch mit einem Fuß im Steigbügel am Sattel hochziehen wollte, entrann ihr doch ein schmerzvolles Aufstöhnen. Dennoch hielt sie nicht in ihrer Bewegung inne, sondern bestieg Shona, als würde sie es täglich tun. Oben angekommen blickte sie stolz auf Maél, dessen Miene plötzlich schuldbewusstes Mitgefühl widerspiegelte. Dafür ist es jetzt zu spät, du Mistkerl! Mit etwas belegter Stimme setzte er noch hinzu: „Schön, dass Ihr so einsichtig seid. So sparen wir kostbare Zeit. Zumal wir ohnehin schon spät dran sind.“ Dann gab er den Kriegern das Zeichen aufzusitzen. Jadora kam sofort zu ihr geritten und sagte aufmunternd: „Ich werde die ganze Zeit an Eurer Seite bleiben und Euch sagen, was Ihr zu tun habt. Ihr werdet sehen, es wird ein Kinderspiel sein. Ihr könntet ja mit ihr reden und ihr zu verstehen geben, dass ...“ Weiter kam Jadora nicht, da Elea ihm einen Blick zuwarf, der ihn sofort zum Erstarren brachte.
Schon auf dem Weg, der sich den Berg hinunterschlängelte, kam Elea zu dem Schluss, dass Shona in der Tat ein zartfühlendes Geschöpf war. Sie schritt in gleichmäßigem Tempo ohne hektische
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