Die Traene des Drachen
fragte er schmunzelnd. Ohne von Elea eine Antwort abzuwarten, wandte er sich zu Maél. „Die Stute hat von sich aus angehalten, weil sie bemerkt hat, dass Elea es vor Schmerzen kaum noch aushält. Da bin ich mir sicher, Maél.“
„ Was du nicht sagst, Jadora! Glaubst du etwa, dass mich das nach allem, was ich mit dieser Frau bisher erlebt habe, noch in Erstauen versetzt. – Los, lasst uns endlich weiterreiten!“ Bevor er Arok antrieb, neigte er sich zu Elea hinüber und sagte mit leiser und sanfter Stimme: „Elea, glaube mir, es fällt mir nicht leicht, dich so leiden zu sehen, aber ich verspreche dir, heute Abend werde ich es wieder gut machen.“ Er sah ihr dabei so tief und mitfühlend in die Augen, dass Elea ihre Wut auf ihn fast vergessen hätte, aber nur fast. Sie verspürte irgendwie Lust, ihm nach seinem Auftritt im Innenhof und von eben einen Stich zu versetzen. „Ich frage mich nur, wie du das anstellen willst, wenn wir wahrscheinlich heute im Laufe des Tages noch Besuch bekommen werden?“ Maél erwiderte völlig unbeeindruckt mit einem spöttischen Lächeln um seinen Lippen: „Falls du unseren verliebten Prinzen meinst, der glaubt, sich als dein Beschützer aufspielen zu müssen, dann weiß ich längst, dass er sich uns mit seiner Gegenwart beehren will.“
„ Du weißt davon?“ Dass Maél bereits über Finlays Plan im Bilde war und ganz und gar nicht so reagierte, wie sie erhofft hatte, fuchste Elea insgeheim, zeigen wollte sie ihm dies jedoch nicht. „Er hat es mir selbst gesagt“, erwiderte er ungerührt. „Und? Was sollen wir jetzt machen? Sollen wir ihm jetzt die ganze Zeit vorspielen, dass wir uns hassen? Dazu habe ich, ehrlich gesagt, keine Lust, wobei es mir gerade nicht schwer fallen würde, es zu tun. Und im Übrigen: Warum hast du mir verschwiegen, dass ihr einmal die besten Freunde oder sogar fast wie Brüder ward?“
„ Wir müssen ihm nichts vorspielen. Er stellt keine Gefahr dar. Er wird allerdings damit leben müssen, dass die Frau, in die er sich verliebt hat, seinen einstigen besten Freund liebt. Und um deine letzte Frage zu beantworten: Ich hatte dir alles über ihn gesagt, was du zum damaligen Zeitpunkt wissen musstest. Alles andere war unwichtig. Habe ich deine Fragen nun zu deiner Zufriedenheit beantwortet? Können wir jetzt endlich weiterreiten?“
„ Ja! Von mir aus“, erwiderte sie, nachdem sie unüberhörbar die Luft durch die Nase gestoßen hatte. „Darf ich noch etwas Wasser trinken, bevor wir weiterreiten oder muss ich verdursten?“ Maél schnaubte nun ebenfalls die Luft genervt durch die Nase. Jadoras Grinsen wurde immer breiter. Er wollte gerade zu einem Kommentar ansetzen, als Maél ihn anfuhr. „Ich warne dich, Jadora. Verschone mich mit deinem Kommentar!“ Daraufhin preschte er wieder an die Spitze und gab das Zeichen zum Weiterreiten.
Sie ritten den Rest der Tagesetappe in schnellem Schritt. Jadora versorgte Elea wie eh und je mit süßen Leckereien, die er eigens für sie auf dem Markt in Moray gekauft hatte. Um sich von ihren halbwegs erträglichen Schmerzen abzulenken, fragte Elea ihn nach der Ausrüstung aus. Sie hatten zahlreiche Felle und Zelte mitgenommen, die sie aufbauen würden, wenn es zu kalt wäre oder sie keinen geschützen Schlafplatz für die Nacht fänden. An trockenes Brennholz und kleine Metallbecken, um die Zelte zu beheizen, hatten sie ebenfalls gedacht. Außerdem hatten sie Seile und eine große Anzahl an Waffen dabei. Vor allem eine Unmenge an Pfeilen, um mögliche Gefahren aus der Entfernung auszuschalten. Elea wusste sofort, welche Gefahren er damit meinte: die Wölfe. Als Jadora die Seile erwähnte, konnte Elea nicht umhin, ihn leise zu fragen, ob er auch die Kette wieder dabei hätte. Daraufhin drehte Maél sich um, und warf den beiden einen bösen Blick zu. Kaum hatte der schwarze Krieger seine Aufmerksamkeit wieder auf den Weg vor sich gerichtet, nickte Jadora Elea als Antwort auf ihre Frage ernst zu.
Der Abend war schon nicht mehr fern, als Maél das von Elea herbeigesehnte Zeichen zum Anhalten gab. Sie drehte sich noch ein letztes Mal zum Schloss um. Sie waren außer Sichtweite, da Maél die Gruppe an ein Waldgebiet entlang geführt hatte, das die Sicht auf die Reiter versperrte. Sie umschlang den Hals von Shona und bedankte sich auf ihre Weise bei ihr für den sicheren Ritt. Als sie absteigen wollte, stand Maél bereits an Shonas Seite, um ihr zu helfen. Im ersten Moment zögerte sie, weil sie immer noch wütend
Weitere Kostenlose Bücher