Die Traene des Drachen
paar Augenblicke, bis sein Keuchen nachgelassen hatte, dann klopfte er und trat sofort ein, ohne auf eine Aufforderung des Königs zu warten. Roghan sah ihm sofort an, dass etwas Unerfreuliches geschehen war. „Was ist Darrach? Hast du etwas über Elea herausgefunden?“, wollte er ungeduldig wissen und wies auf den Stuhl ihm gegenüber an dem Schreibtisch. Darrach ließ sich sofort erschöpft mit einem Seufzer darauf nieder und antwortete immer noch etwas außer Atem: „Sie ist eine Hexe. Ihr Mal, die Rosenknospe, hat es verraten. Es besteht nicht der geringste Zweifel. Allerdings stammt sie von einem uralten Hexengeschlecht ab, das eigentlich längst als ausgestorben gilt, schon lange, bevor vor hundertfünfzig Jahren alle magischen Wesen verschwanden. Sie ist eine Farinja .“
„ Eine Farinja ? Was bedeutet das? Über welche Fähigkeiten verfügt sie? Stellt sie eine Gefahr für den Erfolg unseres Vorhabens dar?“ Roghan hatte sich bestürzt von seinem Stuhl erhoben und lief unruhig hin und her. „Wenn ich es richtig dieser alten Schriftrolle entnommen habe, dann zaubert sie mit ihren Gefühlen. Sie vermag es, mit schönen Gefühlen eine magische Kraft zu erzeugen, mit der sie andere Lebewesen – Mensch oder Tier – manipulieren kann. Zum Beispiel kann sie sie besänftigen oder beruhigen, wenn sie aufgebracht oder aggressiv sind.“ Roghan blieb auf einmal wie versteinert stehen und starrte Darrach bleich vor Entsetzen an. „Verdammt! Dann hat mein erster Eindruck an jenem Abend, als sie mit mir und Finlay aß, mich nicht getrogen.“
„ Was meint Ihr? Was ist an jenem Abend vorgefallen?“
„ Finlay und ich wären, wenn sie nicht gewesen wäre, wie zwei wild gewordene Stiere übereinander hergefallen. Mit einem Mal stand sie neben mir und legte ihre Hand auf meinen Arm. Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass eine warme Decke über mich gelegt würde und ich konnte auf einmal gar nicht mehr so recht nachvollziehen, warum ich wegen Finlay so in Rage war. Ihn hat sie zwar nicht berührt, aber ich sah, wie sie ihm mit einem merkwürdigen Blick in die Augen sah. Außerdem sprach sie zu uns mit einer Stimme, die ungewöhnlich beruhigend auf mich wirkte. Aber glaube mir Darrach, sie tat es nicht zu ihrem eigenen Vorteil. Ganz im Gegenteil: Ich hatte ihr gerade offenbart, wie ich sie beim Drachenfest zur Schau stellen wollte. Sie reagierte panisch und ängstlich. Daraufhin begann Finlay mit mir zu streiten und mir Vorwürfe zu machen. Wir haben uns dann beide so in Rage geredet, dass wir uns an die Kehle gegangen wären, wenn sie nicht... Sie willigte schließlich sogar in meinen Plan ein, nur um die Wogen zu glätten. Sie wollte einfach nur unseren Streit schlichten. Da bin ich mir ganz sicher. Ist das nicht merkwürdig?“ Darrachs Stirn legte sich in Falten und seine Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. „Das ist wirklich merkwürdig. Aber eines wissen wir nun zumindest: Sie verfügt über Magie und sie kann sie auch einsetzen. Ich fürchte, dass sie sie bei Belana auch angewendet hat. Sie hat sich bei jeder Gelegenheit vehement für sie stark gemacht. Dies würde heißen, dass sie Menschen in ihrem Sinne auch zu einem bestimmten Verhalten bewegen kann.“ Roghan nickte Darrach zustimmend zu. „Glaubst du, dass sie in der Lage ist, Maél zu manipulieren, obwohl er gefühlskalt und gleichgültig gegenüber jedem ist und den du bisher an der Kandare gehalten hast?“, fragte der König besorgt.
„ Möglich wär’s. Zumal sie mit ihrer außergewöhnlichen Schönheit Männer leichter betören kann. Das beste Beispiel ist Finlay. Er hat sich auch gleich auf ihre Seite geschlagen. Und ich wette, dass nicht sein Groll Euch gegenüber es war, sondern bereits die erste Begegnung mit ihr in der Thronhalle, die ihn dazu bewogen hat. Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass er sich ihnen auf der Suche angeschlossen hat, weil er Maél nicht traut und meint, er müsse Elea vor ihm beschützen. – Wie dem auch sei! Ich werde unverzüglich mit einer Handvoll Krieger aufbrechen und die Verfolgung aufnehmen. Ich hoffe, dass Maél und Jadora auf Schwierigkeiten stoßen, die sie aufhalten.“
„ Das dachte ich mir schon, dass Finlay so etwas im Sinn hat. Wie willst du den Kriegern, die dich begleiten, erklären, dass du in der Lage bist, sie zu finden, ohne die geringsten Spuren zu lesen? Lange werden wir nicht mehr geheimhalten können, dass du ein Zauberer bist. Es
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