Die Traene des Drachen
Recht. Das brauchst du nicht. Jadora macht so etwas nicht zum ersten Mal...“ Elea schaute Maél entschlossen in die Augen. „Ich habe gesagt, dass ich es machen werde. Oder glaubst du vielleicht ich bin nicht dazu fähig?! Ich habe dir bereits eine Pfeilspitze aus deinem Knochen gerissen. Und ich habe meine schlimme Brandwunde selbst versorgt. Dann werde ich auch Finlays Finger, der ohnehin schon so gut wie durchgebissen ist, auch abschneiden können.“
„ Elea, ich zweifle keinen Moment daran, dass du dazu fähig bist. Ich weiß aber, dass dich es sehr mitnehmen wird. Ich habe dich die ganze Zeit beobachtet, wie du Finlay versorgt hast. Er ist dir nicht gleichgültig. Du hast ihn gern.“ Dabei warf er Finlay einen eifersüchtigen Blick zu, den dieser mit einem strahlenden Lächeln zur Kenntnis nahm. Dann fuhr er mit eindringlicher Stimme fort: „Bitte, lass es Jadora tun!“ Elea hatte bereits das kleine, scharfe Messer aus dem Beutel geholt und es sorgfältig mit dem Branntwein gereinigt. Dann sah sie zuerst Finlay in die Augen, bevor sie ihren Blick auf dem Mann ruhen ließ, den sie mehr als ihr Leben liebte. „Ich sage es jetzt zum letzten Mal: Ich will und werde es tun. Und gerade weil ich Finlay gern habe, wie du bereits richtig festgestellt hast, komme nur ich hierfür in Frage. In ein paar Tagen werden du und ich getrennte Wege gehen. Dann habe ich nur noch ihn. Ich weiß nicht warum, aber ich spüre, dass er in meinem Leben noch eine wichtige Rolle spielen wird, und auf meine Gefühle kann ich mich verlassen, wie du weißt. Also lass mich jetzt endlich meine Arbeit tun, damit wir deinem brennenden Wunsch nachkommen und von hier verschwinden können!“ Maél musste tief Luft holen und sie lange wieder ausatmen, da ihn Eleas Worte tief berührten und zugleich schockierten, erst recht, weil sie der Wahrheit entsprachen. „Also gut. Wie du willst! Brauchst du noch irgendetwas?“, fragte er mit brüchiger Stimme. „Ja! Jadora soll mir noch Wundtücher oder andere saubere Tücher bringen. Und du kannst dir schon mal darüber Gedanken machen, wie Finlay mit seinen verbundenen Händen reiten soll. Die Zügel kann er jedenfalls nicht halten“, erwiderte sie noch immer in unfreundlichem Ton. Maél setzte sich sofort in Bewegung, nachdem er Finlay mitfühlend und zugleich aufmunternd die Schulter gedrückt hatte. „Dass er zu einer solchen Gefühlsregung imstande ist, hat er einzig und allein dir zu verdanken“, kommentierte Finlay Maéls ungewohnte Geste, während er Elea nicht aus den Augen ließ. Die junge Frau war im Moment nicht in der Lage zu sprechen. Sie versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was sie jetzt gleich tun musste. Sie hatte bisher noch nie einem Lebewesen einen Körperteil abgetrennt. Breanna hatte ihr jedoch alles in der Theorie beigebracht, was sie wissen musste. Viel zu tun hatte sie ohnehin nicht mehr, da der Wolf das Gelenk nach dem ersten Fingerglied durchgebissen hatte. Nachdem sie das Fleisch, das den Finger noch an der Hand hielt, durchtrennt hätte, müsste sie nur eventuell verbliebene Knochensplitter entfernen und dann die offene Wunde so gut es ging zunähen. Endlich kam Jadora mit den sauberen Tüchern. Er sah besorgt in die beiden Gesichter. Bevor er etwas sagen konnte, kam Elea ihm mit entschlossener Stimme zuvor. „Jadora, bemühe dich nicht. Ich werde es tun.“ Sie nahm ihm die Tücher ab und legte eines unter die Hand von Finlay. Dann holte sie noch die kleine Zange aus dem Beutel heraus, mit der sie die Knochenreste aus der Wunde ziehen konnte. Auch diese reinigte sie mit dem Branntwein. Dann sah sie zu Finlay auf und hielt ihm die Flasche an den Mund. Er nickte und trank bereitwillig ein paar große Schlucke. „Willst du, dass ich dir schildere, was ich tun werde oder willst du lieber gar nichts davon hören?“ Finlay fühlte auf einmal einen Kloß in seiner Kehle, der ihn fast zum Würgen brachte. Mit gepresster Stimme antwortete er noch halb scherzend: „Ich glaube, ich bin zu feige, um das zu hören, was du tun wirst. Nicht, dass ich in Ohnmacht falle, bevor du überhaupt angefangen hast!“
„ Gut. Dann würde ich vorschlagen, dass Jadora deine Hand für alle Fälle festhält und du schließt die Augen oder schaust zu unserem knurrenden Wolf hinüber.“ Maél saß wieder Arok zu Füßen und beobachtete angespannt das Geschehen aus der Ferne. Finlay entschied sich, die Augen zu schließen. „Ich werde mich beeilen, Finlay. Es wird auch nur ein
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