Die Traene des Drachen
dich nicht... Ich habe den Gedanken die ganze Zeit verdrängt. Aber wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, wie ich es fertig bringen soll, dich einfach zurückzulassen, in Darrachs Klauen. Ich wollte dir zum Abschied wenigstens meine Unberührtheit schenken, als vielleicht unsere schönste gemeinsame Erinnerung. Auch ich werde sie brauchen, wenn ich ohne dich, wer weiß wo, weiterleben soll.“ Eleas Stimme nahm bereits einen weinerlichen Ton an und ihre Augen glänzten verdächtig. Maél richtete sich langsam auf, während er Elea sanft in die Felle hinunterdrückte. Er wusste, dass er behutsam mit ihr umgehen musste, wenn er sie davon überzeugen wollte, dass es unter Umständen unumgänglich sein würde, sie ohne die Erfüllung seines Versprechens zu verlassen. Er sah ihr eindringlich in die Augen. „Darrach darf nicht in meine Reichweite kommen, solange du noch in meiner Nähe bist. Du weißt, wozu er mich schon gebracht hat. Du bist selbst darauf gekommen.“
„ Ja. Aber er würde dich niemals zwingen, mich zu töten. Er braucht mich und den Drachen für irgendetwas“, gab Elea aufgeregt zu bedenken. „Ja. Du hast Recht. Zumindest noch nicht. Aber bis dahin kann er mich zwingen, dir andere schlimme Dinge anzutun. - Möglicherweise ist meine Sorge diesbezüglich unbegründet und Darrach ist noch weiter von uns entfernt, als ich annehme. Dann werde ich mein Wort halten. Das verspreche ich dir. Aber falls ich das Gefühl habe, dass durch meine Anwesenheit dein Leben in Gefahr ist, dann werde ich mit oder ohne Finlays Hilfe verschwinden und du wirst mit dem Drachen den Akrachón verlassen. Wirst du mir das versprechen, Elea?“ Eleas Gesicht zierten mittlerweile zwei glänzende Tränenspuren, die ihr immer wieder Nachschub bekommend die Wangen hinunterliefen. Der Kloß in ihrem Hals war bereits von einer Größe, sodass sie ihn kaum noch hinunterschlucken konnte. Maél begann, ihr sanft die Tränen wegzuküssen. Dabei arbeitete er sich langsam zu ihrem Mund hinunter und streifte mit seinen Lippen hauchzart ihre, während er sie erneut mit leiser und flehender Stimme fragte: „Elea, wirst du mir das versprechen?“ Sie brauchte noch ein paar Augenblicke, bis sie zu Maéls Erleichterung endlich mit dem Kopf nickte. Doch er gab sich mit dem Nicken noch nicht zufrieden. „Bitte sage es mit deinen Worten!“
„ Du bist unerbittlich! Also gut! Ich verspreche dir, mit dem Drachen von hier wegzufliegen, auch wenn du mich bereits verlassen hast, ohne dass wir uns geliebt haben.“ Kaum hatte Elea die Worte ausgesprochen, da drückte Maél ihr erneut seinen Mund auf ihren und begann, sie leidenschaftlich zu küssen. Elea gab sich ganz seiner glühenden Wildheit hin. Zu mehr war sie nicht fähig, da er sie fest mit seinen Armen umschlungen hielt. Sein Kuss wollte nicht enden. Immer und immer wieder teilte sein Mund Eleas Lippen, damit sich wenigstens ihre Zungen vereinen konnten. Nach einer halben Ewigkeit ließ er nur zögernd von ihr ab und sah ihr mit lautem Atem sehnsuchtsvoll in die Augen. „Elea, egal was geschieht, vergiss nie, dass ich dich mehr als alles andere auf der Welt liebe. Für eine Sache bin ich Roghan und Darrach dankbar: Dass sie mich entsendet haben, dich zu ihnen zu bringen. Ich hätte sonst nie die Gelegenheit gehabt, mit dir die schönste Zeit meines Lebens zu verbringen.“
Maél spürte, wie Elea sich in seinen Armen bereits vor lauter Trauer und Schmerz verkrampfte. Sie stand wieder kurz vor einem Gefühlskollaps, der sich in einem nicht enden wollenden Tränenstrom und anschließenden Tiefschlaf äußern würde. Daher lenkte er sie rasch ab, indem er sie nach dem Innern der Höhle und dem Weg zum Drachen in ihrem Traum befragte. Er legte ihr auch nahe, sich unverzüglich mit dem Drachen zu ihrer Familie aufzumachen, und, falls diese es nicht schon längst getan hatte, ihren alten Wohnort zu verlassen.
In Maéls Armen und an seine Brust geschmiegt lauschte Elea geraume Zeit seinem Herzschlag, der wieder im selben Rhythmus schlug wie ihr eigener. Dies hatte eine einschläfernde Wirkung auf sie, sodass sie zu Maéls Erleichterung nach einer Weile zu ihrer gewohnt ruhigen und leisen Atmung fand. Maél hingegen machte die ganze Nacht kein Auge zu. Er saugte mit allen seinen übermenschlichen Sinnen zum letzten Mal Elea in sich auf: mit seinen Händen fühlte er ihre zarte Haut, mit seiner Nase zog er tief ihren Duft nach Rosen und Lavendel ein, mit seinen spitzen Ohren lauschte er ihrem
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