Die Traene des Drachen
wozu er mich bringen kann. Deshalb musst du mich töten. Wenn du es nicht zur Rettung von Elea tun willst, dann vielleicht aus Rache.“
„ Ich hatte schon immer den Verdacht, dass Darrach dahintersteckt. Aber dass du letztendlich den tödlichen Pfeil auf sie abgeschossen hast, hätte ich nie für möglich gehalten. Du hast sie doch geliebt wie deine eigene Mutter!“ Finlay machte eine kurze Pause, bevor er weitersprechen konnte. Dann drehte er seinen Kopf, sodass er direkt in Maéls Gesicht sah, der ihn mit blutverschmiertem Gesicht erwartungsvoll anblickte. Drei, vier Atemzüge später sagte er mit Entschlossenheit: „Ich muss dich enttäuschen. Auch wenn ich im Augenblick nichts lieber täte, als dir dein eigenes Schwert in den Bauch zu rammen, muss ich fair genug sein und zugeben, dass du es unter Darrachs Zauberbann und gegen deinen Willen getan hast. Du hast zwar den Pfeil abgeschossen, aber Darrach war es, der ihn gelenkt hat. - So leicht werde ich es dir nicht machen. Du wirst dich ihm stellen müssen. Ich werde dich jedenfalls nicht töten.“ Mit einem Mal hatte Maél das Gefühl, dass sein Magen um die Hälfte schrumpfte. Seine Kehle war so eng, dass er kaum noch atmen konnte – aus Wut, aus Panik, da sein Plan zu scheitern drohte. Außer sich stürzte er sich auf Finlay und drückte ihm seinen Arm auf den Hals. „Glaubst du etwa ich fürchte seine Bestrafungen und seine Folter, die er sich sicherlich schon auf dem Weg hierher zurechtgelegt hat? Die kann ich ertragen. Sie haben mich mein Leben lang begleitet. Ich fürchte nur das, was er aus mir machen wird, um Elea das Leben noch schwerer zu machen, als es ohnehin schon ist. Vielleicht bringt er mich sogar so weit, dass ich sie töte, wenn er von ihr hat, was er offenbar so begehrt. Verstehst du, du Narr?!“, schrie er ihm ins Gesicht. „Dann kämpfe dagegen an, mit all deiner Liebe, die du für sie empfindest! Kämpfe gegen seinen Zauberbann an!“, schrie Finlay mit gepresster Stimme zurück, da Maél immer noch den Arm auf seine Kehle drückte. Maél ließ sich resigniert zurück auf den Rücken rollen, während Finlay seine schmerzende Kehle rieb. „Das wird nicht reichen, Finlay. Was glaubst du, was ich schon die ganze Zeit tue, seitdem wir hier sind. Der Zwang, mit ihr zurückzukehren wird immer größer. Wenn du mich nicht töten willst, dann schaffe mich wenigstens von hier fort. Du musst mich bewusstlos schlagen und von hier wegbringen, egal wie. Solange Elea noch hier ist, darf Darrach nicht in die Höhle gelangen und schon gar nicht, wenn ich hier bin. Dann bleibt noch... Verdammt! Das darf nicht sein!“ Maél spürte plötzlich, wie der Ring um seinen Hals schwerer und kälter wurde. Finlay sah wie gebannt auf den Schlangenring, dessen Auge mit einem Mal auch grün leuchtete. „Hat das etwas zu bedeuten?“, fragte er ängstlich, während er auf das leuchtende Auge zeigte. Maél sah das Leuchten nun auch. „Darrach ist wahrscheinlich angekommen. Finlay, wir müssen uns beeilen.“ Maél zog sich schnell seine Kleider wieder an. Auf die Fellkleidung verzichtete er. Er hob schweren Herzens sein Schwert vom Boden auf und betrachtete es kurz, bevor er es wieder in seine Scheide zurücksteckte. Er beschloss, es Elea zurückzulassen. Er würde es ohnehin nicht gegen Darrach einsetzen können. Er drehte sich zu Elea und dem Drachen um, die er eine ganze Weile aus den Augen gelassen hatte. Was er sah, ließ eine Gänsehaut über seinen Körper hinwegwachsen – und dies war bisher in seinem Leben äußerst selten vorgekommen. Der Drache hatte im Schlaf seine Position so verändert, dass Elea jetzt zwischen seinem großen Kopf und seinem Bein geschützt lag. Er sah zu Finlay, der es ebenfalls bemerkt hatte. „Du hast Recht, Maél. Bei ihm ist sie am besten aufgehoben. Er beschützt sie jetzt schon, während er schläft. Übrigens: Ich glaube, ich habe dein Rätsel gelöst. Kann es sein, dass der Mann, dem sich Elea als Jungfrau hingibt, irgendwie ihre Fähigkeiten oder die Kontrolle über sie bekommt?“
„ Nicht schlecht. Du bist nah dran.“ Daraufhin sah er auf den Drachen und dann wieder zustimmend zu Finlay, dessen Augen weit aufgerissen waren. „Er erlangt dadurch die Kontrolle über den Drachen?“
„ Verstehst du jetzt, warum nicht ich es sein darf, dem sie ihre Unberührtheit schenkt, so sehr wir es uns auch wünschen?“ Finlay staunte über Maéls selbstloses Verhalten, wozu er vor zwei Monaten noch nicht in der Lage
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