Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
Der Soldat neben ihm schüttelte allerdings den Kopf. Besser kein Licht! Wenn sich draußen wirklich etwas tat, musste man den Feind nicht aufmerksam machen. Die Soldaten spähten angestrengt in die Nacht – aber Kevin brauchte nur Silver anzusehen, um zu wissen, wo er suchen musste. Das Pferd spitzte eifrig die Ohren und schaute nach Westen. Kevin folgte seinem Blick. DieBahnlinie machte hier eine Biegung, das nächste Blockhaus konnte man nicht sehen. Aber wenn man wusste, wonach man auszuschauen hatte, erkannte man im Dunkeln die Silhouette eines Ponys und hörte ein klickendes Geräusch.
»Nur einer?«, wisperte Vincent.
Einer der Soldaten schob sich neben die beiden, die im Schatten des Blockhauses sichere Deckung hatten.
»Der Erste schneidet den Draht durch«, erklärte der Soldat, ein Corporal. »An der Biegung. Wenn er fertig ist, kommen die anderen mit dem Dynamit.« Er schob sich tiefer in den Schatten des Blockhauses.
»Sollen wir den nicht gefangen nehmen?«, fragte Vincent.
Der Corporal schüttelte den Kopf. »Nein. Wir legen uns hier auf die Lauer und warten, bis sie alle drin sind. Warum einen fangen, wenn wir fünf oder sechs kriegen können? Oder mehr. Das ist doch garantiert das Kommando, hinter dem Major Coltrane her ist.«
Kevin und Vincent tauschten kurze Blicke. Für sie wurde es damit umso dringlicher, die Männer festzusetzen. Es konnte ihnen das Leben retten, wenn sie den Ärzten und den verhältnismäßig gelassenen Wachsoldaten in die Hände fielen, statt Coltrane und seinen Scharfschützen.
Gebannt, die Gewehre im Anschlag, verfolgten die Männer, wie sich der erste Bure mit einer Zange durch die Stacheldrahtbarriere kämpfte und dann ein Handzeichen gab, auf das hin sich weitere seiner Landsleute in Bewegung setzten. Der Corporal hatte inzwischen in der Hütte Bescheid gegeben, und auch die Besatzung des nächsten Blockhauses hinter der Schienenbiegung war alarmiert. Sobald die Buren sich an den Schienen zu schaffen machten, würden sie eingreifen. Die Gewehre lagen griffbereit. Schließlich waren es acht Männer, die durch die Zaunlücke krochen und sich damit in den gefährlichen Bereich zwischen zwei Stacheldrahtverhaue wagten.
»Zwei sichern mit Gewehren, die müssen wir ausschalten«, wisperte der Corporal. Er wies auf die Waffen der Ärzte. »Könnt ihr damit umgehen?«
Kevin und Vincent nickten.
»Dann gut. Kommt mit!«
Die Männer pirschten sich lautlos an, die Buren waren so konzentriert auf ihre Arbeit, dass sie nichts zu bemerken schienen. Nur die beiden Wachen behielten die Umgebung im Blick.
»Waffen weg! Ergebt euch!«
Kevin erschrak fast selbst, als der Ruf eines Soldaten aus dem nächsten Blockhaus ertönte. Gleichzeitig blitzten Taschenlampen auf, die den Schienenstrang zwar nicht gerade hell erleuchteten, die Schützen der Buren aber blendeten. Sie feuerten trotzdem in Richtung der Engländer, die das Feuer sofort erwiderten. Die Sicht für sie war deutlich besser, die bewaffneten Buren fielen sofort. Der Corporal neben Kevin schaltete zudem einen Mann aus, der nach einem ihrer Gewehre griff. Ein weiterer versuchte, eine der Minen zu zünden, aber aus Richtung des zweiten Blockhauses blitzte Mündungsfeuer auf, bevor Kevin noch selbst reagieren konnte. Der Mann brach über dem Dynamit zusammen. Drei wollten fliehen – einer, indem er den Stacheldraht auf der anderen Seite der Schienen zu durchklettern versuchte, zwei rannten die Schienen entlang. Die Soldaten hinderten sie am Weiterlaufen, indem sie vor ihnen auf den Boden schossen. Zudem schnitten ihnen jetzt britische Soldaten den Weg ab. Sie hatten keine Chance, widerstrebend blieben sie schließlich stehen, offensichtlich bereit, sich zu ergeben. Lediglich einer, ein schlaksiger junger Mann, hatte sofort alles Werkzeug weggeworfen und die Arme gehoben – ganz sicher gedachte er, sich nicht der »heiligen Sache der Buren« zu opfern.
Kevin trat näher an ihn heran und leuchtete ihm mit der Taschenlampe ins Gesicht.
»Cornelis!«, rief er verblüfft. »Cornelis Pienaar?«
»Dr. Drury!« Cornelis’ Stimme klang erfreut.
Der junge Bure machte spontan ein paar unsichere Schritte auf Kevin zu, der bemerkte, dass er stark hinkte. Und dann brach urplötzlich um sie herum die Hölle los! Schüsse peitschten durch die Nacht, ihr Lärm mischte sich in den Hufschlag galoppierender Pferde. Kevin riss Cornelis mit sich zu Boden und drückte seinen Kopf hinunter, als ein Burenpony in Panik über die beiden
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