Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
Liegenden hinwegsprang.
»In den Kessel! Treibt sie in den Draht!«
Englische Rufe, Kevin wagte, kurz aufzusehen, und erblickte weitere Ponys, die mit ihren Reitern über die Schienen stolperten. Ihnen folgten die größeren Pferde mit den Rough Riders, die vom Sattel aus schossen. Und nicht nur auf die fliehenden Buren! Entsetzt sah Kevin die Männer des Sprengtrupps fallen, die sich bereits ergeben hatten. Die Besatzungen der Blockhäuser schrien – sie befürchteten nicht zu Unrecht, für Buren gehalten und ebenfalls niedergeschossen zu werden. Kevin blieb liegen und hielt auch den benommenen Cornelis dazu an. Die Schreie und Schüsse entfernten sich jetzt, aber der Gefechtslärm riss nicht ab. Kevin ahnte, was sich abspielte. Ein paar hundert Yards hinter dem Blockhaus war eine der Fallen vorbereitet – die Buren würden einen scheinbaren Fluchtweg von Stacheldrahtbarrieren versperrt finden. Sie konnten sich dann ergeben oder zum Kampf stellen. Dieses Kommando kämpfte.
Cornelis schien das auch zu wissen. Er seufzte.
»Kevin! Alles in Ordnung?« Kevin erkannte Vincents besorgte Stimme. Er hatte ihn während des Gefechtslärms nicht kommen hören, aber jetzt richtete der Tierarzt die Taschenlampe auf seinen immer noch am Boden liegenden Freund. »Oder hat dich das Pferd erwischt? Du lagst genau im Weg, du …«
Kevin richtete sich auf. »Nein, das Pony ist sauber über unsweggesprungen«, erklärte er. »Die Briten sollten es requirieren, das Tier hat Potenzial für Steeplechase-Rennen. Aber ich dachte, ich bleib lieber in Deckung. Zumal …«
Er wies auf Cornelis, der sich nun auch aufrappelte. Kevin half ihm hoch.
Vincent leuchtete ihn an. »Ist das nicht dein Patient von der VanStout-Farm?«, fragte er verdutzt. Kevin nickte. »Was machen Sie hier?«, fragte Vincent Cornelis. »Ihr Bein ist doch kaum verheilt!«
Der junge Mann sah ihn an, sein Ausdruck eine Mischung aus Trotz und Scham. »Ich bin Bure«, sagte er müde. »Ein Bure lacht über ein lahmes Bein. Zumindest hindert es ihn nicht am Reiten, wenn ihn Gott und Vaterland zu den Waffen rufen.« Cornelis lächelte schief.
»Dann ist dies das Kommando des Adrianus VanStout?«, fragte Kevin verblüfft. »So weit nördlich von Wepener?«
Cornelis schüttelte den Kopf. »Dies war das Kommando von Martinus DeGroot«, sagte er müde. »Adrianus VanStout ist vor zwei Monaten gefallen. Martinus hat das Kommando übernommen – und mich rekrutiert. Gleich einen Monat, nachdem Sie mich zusammengeflickt hatten.« Er rieb sich den Schmutz aus dem Gesicht.
Langsam verstummte der Gefechtslärm. Die Buren waren entweder entkommen oder, wahrscheinlicher, von Coltranes Brigade getötet oder gefangen genommen worden. Wahrscheinlich waren die Briten eben dabei, sie zu entwaffnen.
»Aber waren Sie nicht Kriegsgefangener?«, wunderte sich Vincent. »Lass uns zum Blockhaus gehen und das Lazarettzelt aufbauen, Kevin. Gleich kommen ganz sicher Verwundete – wenn auch wieder nur Engländer …«
Kevin biss sich auf die Lippen. Er sah, wie der Corporal, mit dem sie eben das Sprengkommando aufgehalten hatten, die erst gefangen genommenen und dann niedergeschossenen Männerauf Lebenszeichen untersuchte. Er schüttelte in Kevins Richtung den Kopf. Unnötig, dass der Arzt sie sich noch ansah.
»Meine Mutter und meine Tante haben mich rausgeschmuggelt«, gab Cornelis Auskunft. »Gleich nach Ihrem Abzug …«
»Frisch operiert?«, fragte Kevin entsetzt. »Mit der geflickten Arterie, die jederzeit wieder hätte reißen können?«
Cornelis zuckte die Achseln. Aber dann gab er einen heiseren, erschrockenen Ton von sich und taumelte auf einen der Gefallenen zu. Der Mann, der versucht hatte, durch den Stacheldraht zu entkommen. Vergebens natürlich, aber die Wunden, die er sich dabei zugezogen hatte, hätten ihn nicht getötet. Der große, hellblonde junge Mann war an einem Schuss in den Rücken gestorben.
»Martinus …«, flüsterte Cornelis ungläubig.
Kevin starrte ihn an. »Der … Martinus?«, fragte er tonlos.
Cornelis nickte.
Kevin und Vincent halfen ihm, den Körper von Doortje VanStouts Verlobtem aus dem Drahtverhau zu befreien.
KAPITEL 3
Einen Monat später stand Kevin Drury vor Major Robin, dem die gesamten Regimenter aus Neuseeland schon seit Anfang des Krieges unterstellt waren. Der Major und zwei weitere Militärs als dessen Beisitzer hatten sich seine Klageführung über Colin Coltrane angehört und anschließend den Major dazu
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