Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
Seite der Buren. Sicher kommt er gern mit und wird segensreich tätig werden.«
Milner zuckte die Achseln. Er hatte Kevin in seinem hellen, mit schweren, teuren Möbeln eingerichteten Büro in Pretoria empfangen und bot freigebig Whiskey und Sandwiches an. Kevin betrachtete das unwillig. Wenn die Versorgungsmängel in den Camps wirklich derart groß waren, sollte hier nicht Luxus demonstriert werden.
»Ich bezweifle nicht, dass der junge Mann willig ist«, bemerkte der Lord. »Aber Sie machen sich ja keine Vorstellung von der Stimmung in den Camps! Diese Burenweiber … ja, ja, nach dem, was die Zeitungen schreiben, sterben sie wie die Fliegen und können sich vor Schwäche kaum auf den Beinen halten. Aber in Wirklichkeit haben sie noch ganz gut Kraft, Gift zu versprühen. Wann immer sie eines Reporters habhaft werden, geben sie Statements ab, in denen sie ihre Männer auffordern, weiterzukämpfen. Sie wehren sich gegen alles und jedes: medizinische Versorgung, Schulunterricht für die Kinder … Und wenn jemand auch nur ein bisschen ausschert und der Lagerleitung ein wenig entgegenkommt, dann wird er zur Zielscheibe geballten Hasses.« Milner nahm einen Schluck von seinem Whiskey. »In Chrissiesmeer wollten wir vor ein paarWochen ein paar Kriegsgefangene unterbringen. Es erwies sich als gänzlich unmöglich. Die Weiber beschimpften die Leute als Feiglinge, weil sie sich ergeben hatten, statt sich erschießen zu lassen. Und darauf hätten sie sich nicht beschränkt, wir mussten die Männer schließlich wegbringen, sonst hätte man sie umgebracht. Überlegen Sie sich gut, ob Sie Ihren Mijnheer Pienaar dem aussetzen wollen …«
Kevin seufzte. »Mein Mijnheer Pienaar mit seiner liberalen Einstellung wird wahrscheinlich überall auffallen, auch in den Männercamps. Ich kann’s also immerhin versuchen. Wobei es vielleicht hilfreich wäre, wenn er mit Leuten aus seiner engeren Heimat zusammen wäre. Können Sie mir sagen, wohin die Buren aus der Gegend um Wepener geschickt worden sind? Und ob das Lager zufällig unter denen ist, die für mich noch zur Auswahl stehen?«
Die Umgebung des Ortes Karenstad erinnerte Kevin eher an seine Heimat als die Savannen und das Buschland, das er mit den Rough Riders durchquert hatte. Der Ort lag im Vorgebirge, es war längst nicht so heiß wie in den Ebenen, und Kevin erschien die Luft herrlich frisch, die zerklüfteten Berge aufregend und die saftigen Wiesen einladend. In den Bächen gab es sicher Fische, Kevin und Vincent fühlten sich mal wieder wie auf einem Angelausflug, als sie an einem davon biwakierten. Der Zufall – und Kevins Entscheidung für das Lager in der Nähe von Ventersburg – hatte die Freunde wieder zusammengeführt. Vincent hatte, ebenso wie Kevin und Tracy, gegen Coltrane ausgesagt, und Major Robin hatte die beiden gleich mit versetzen lassen. Tracy verschlug es nach Pretoria an Barristers Krankenhaus, Vincent landete als Tierarzt in Karenstad. Die Männer ritten also zusammen nach Ventersburg, während Cornelis Pienaar einem Gefangenentransport zugeteilt worden war.
»Es ist absolut unmöglich, dass er mit Ihnen reitet!«, hatte Milner erklärt, als Kevin vorschlug, seinen künftigen Verbindungsmann zu den Gefangenen gleich mitzunehmen. »Die Frauen würden sofort davon ausgehen, dass er allein auf Ihrer Seite ist. Wenn er mit einem normalen Transport kommt, hat er wenigstens eine kleine Chance.«
»Eigentlich hübsch hier«, meinte Kevin, als sie sich dem Ort Karenstad näherten, und blickte bedauernd auf die Ruine eines Farmhauses. Es war sicher einmal in ähnlichem Stil erbaut worden wie das Blockhaus seiner Eltern, aber heute konnte man nichts mehr davon erkennen. Wie überall in den aufständischen Burenrepubliken war ein Großteil der Farmen niedergebrannt, die Felder, auf denen vorher meist Mais angebaut worden war, waren verwüstet. »Gefällt mir besser als das Veld …«
Vincent lachte. »Du gehst nur davon aus, dass es hier weniger Löwen und Nashörner gibt«, neckte er seinen Freund. »Aber schau, an Antilopen mangelt es nicht.«
Eine Herde der Tiere zog eben über eine grasbewachsene Ebene, die früher wohl ein Maisfeld gewesen war. Die Natur eroberte die Anbauflächen bereits zurück.
»Dann frage ich mich, weshalb sie in den Lagern kein Fleisch haben«, brummte Kevin. »Man könnte hier doch auf die Jagd gehen.«
Aber je näher die Männer dem Ort kamen, desto weniger Wildtiere sahen sie. Kein Wunder, Karenstad war umgeben von
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