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Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Titel: Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Reise beschert hatte – Lucille war Robertas zweiter Vorname.
    »Na, dann nenn das Schimmelchen doch gleich Lucie«, schlug Jenny vor.
    Sie ließ sich beherzt zeigen, wie man ihren Wallach sattelte und taufte ihn George, nach einem Onkel, dem er angeblich ähnlich sah.
    Vincent weihte Roberta akribisch in den Umgang mit Sattel und Zaumzeug ein und freute sich über jedes Lächeln, das sie ihm schenkte. Und auch Roberta erlaubte sich schließlich, sowohl das Zusammensein mit Vincent als auch das Reiten zu genießen. Lucie hatte weiche Gänge und war völlig scheufrei. Roberta strahlte, als sie vom ersten Ausritt ins Veld zurückkehrten, auf dem sie Zebras und Gnus gesehen hatten. Vincent wirkte wie der glücklichste Mann auf der Erde, als sie ihm dankte.
    Aber auch Kevin machte in den nächsten Wochen Fortschritte in seiner Werbung um Doortje VanStout. Robertas Bemerkung, sie interessiere sich für Bücher, hatte ihm zu denken gegeben. Natürlich, auch Cornelis hatte ihm erzählt, dass sie früher heimlich gelesen hatte. Nun ließ Kevin immer mal wieder ein Buch im Hospital herumliegen, beobachtete dann Doortje und überraschte sie, wenn sie neugierig hineinsah. Er lieh ihr die Bücher und versuchte, später mit ihr über den Inhalt zu sprechen. Und als die Regenzeit einsetzte und es somit unmöglich für sie wurde, sich zum Lesen an den Fluss zurückzuziehen, bot er ihr sein Büro an.
    »Da ist niemand außer Nandé, Miss Doortje. Und die stört Sie nicht und erzählt auch nichts weiter.«
    Doortje sperrte sich zunächst, aber dann war das Angebot,dem Schlamm und der feuchten Wärme im Lager wenigstens für kurze Zeit zu entkommen, doch zu verlockend. Inzwischen hatte man neue Familien in Doortjes Zelt einquartiert – und es schmerzte sie, die Fremden auf den Matten liegen zu sehen, auf denen kurz zuvor noch ihre Brüder geschlafen hatten und auf denen ihre Mutter gestorben war. Doortje empfand auch den Lärm im Zelt als unerträglich – die beiden neu eingetroffenen Frauen hatten schrille, laute Stimmen und kommandierten ihre Kinder ständig herum. Sie schalt sich für ihre Empfindsamkeit, aber in der letzten Zeit ließ sie jede Kleinigkeit aus der Haut fahren.
    Doortje sehnte sich nach Ruhe und litt ständig unter Heißhunger, obwohl sie all ihre Zusatzrationen allein verzehrte, statt sie mit den Kindern im Zelt zu teilen, wie ihre Mutter das zweifellos getan hätte. Sie wurde auch ihren Pflichten nicht mehr immer gerecht, fühlte sich zu müde, um mit ihren Leidensgenossinnen zu singen und zu beten. Nun fielen zum Glück auch weniger Trauerfeiern an, seit die Sterberate im Lager sank. Kevins Freundlichkeit, seine Versuche, sich ihr zu nähern, reizten sie manchmal bis aufs Blut, um sie am nächsten Tag seltsam anzurühren. Doortje hatte das sichere Gefühl, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Vielleicht würde es wieder ins Lot kommen, wenn sie wenigstens gelegentlich für ein paar Stunden dem Lagerleben entfloh. Kevins Romane versetzten sie dazu in eine fremde Welt. Sie verschlang Stolz und Vorurteil von Jane Austen und Jane Eyre von Charlotte Brontë, später schalt sie sich jedoch für ihre Begeisterung für diese oberflächlichen Liebesgeschichten, noch dazu so kurz nach dem Tod ihrer Familie. Was war das Liebesleid einer englischen Gouvernante gegen die Leiden der Voortrekker? Schließlich verlegte sie sich auf Sachbücher. Kevin lächelte, als er sie eines Abends in seinem Büro vorfand, den blonden Kopf über einen Bildband über Neuseeland gesenkt.
    »Gefällt Ihnen mein Land, Miss Doortje?«, fragte er sanft. »Die Tierwelt ist nicht so vielfältig wie hier, vor allem nicht so eindrucksvoll. Aber dafür sind alle Lebewesen friedlich.«
    Kevin zog sich einen Sessel neben den Lehnstuhl vor dem leeren Kamin, den Doortje bevorzugte. Dabei fragte er sich zum wiederholten Mal, wozu man bei diesem Klima einen Kamin brauchte. Doortje wandte sich zu ihm um. Es fiel ihr immer schwerer, ihn zu hassen, aber einen englischen oder neuseeländischen Arzt attraktiv zu finden, war noch schlimmer, als sich an albernen englischen Romanen zu ergötzen.
    »Suchen Sie deshalb den Krieg in unserem Land?«, fragte sie böse. »Weil es Ihnen in Ihrem zu nett und friedlich ist?«
    Kevin setzte sich. »Nicht ganz, aber ich bin vor etwas weggelaufen«, gestand er dann. »Vor einer Frau, genauer gesagt, also bevor Sie jetzt an ein Verbrechen denken … Und was den Krieg angeht: Ich bin Arzt. Ich kam her, um zu helfen. Bislang

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