Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
habe ich niemanden getötet, und das soll auch so bleiben.«
Doortje zog die Augenbrauen hoch. »Und meine Brüder und meine Mutter? All die Toten hier? Dafür sind Sie verantwortlich, egal, was Sie sagen!«
Kevin zuckte die Schultern. »Dafür ist die englische Armeeführung verantwortlich«, korrigierte er. »Und die Sturheit Ihrer Kommandos, die einen Krieg in die Länge ziehen, den sie nicht gewinnen können. Man hätte Sie trotzdem nicht internieren und Ihre Höfe abbrennen dürfen, da bin ich ganz Ihrer Meinung. Ich allein kann es jedoch nicht ändern. Ebenso wenig wie besonnene Buren wie Cornelis etwas an der Kriegführung der Kommandos ändern können. Können nicht wenigstens wir beide Frieden schließen, Doortje? Sie wissen doch, dass ich Ihnen nichts Böses will.«
Er streckte ihr hilflos die Hand entgegen. Doortje nahm sie nicht. Aber sie errötete. War das ein Zeichen ihres inneren Aufruhrs?
»Ich kann das nicht alles vergessen!«, erklärte sie hart. »Und verzeihen erst recht nicht. Es ist unser Land, Sie dürften nicht hier sein, Sie …«
Kevin rieb sich die Stirn. »Nicht schon wieder, Doortje. Nicht schon wieder diese leidige Diskussion darüber, wer wo sein oder nicht sein dürfte. Lassen Sie uns doch einfach über uns beide reden … Sie müssen es doch auch spüren! Ich bin nicht Ihr Feind!«
Doortje stieß scharf die Luft aus. »Gedenken Sie jetzt, die Zweite aus unserem Haushalt zu verführen? Genügt Ihnen Nandé nicht mehr? Weiße Haut ist eben doch attraktiver, oder, Herr Doktor?«
Kevin schüttelte den Kopf, jetzt langsam verärgert. Er hatte ihr die Sache mit Nandé nun wirklich schon zehnmal erklärt.
»Doortje, ich will niemanden verführen!«, erwiderte er heftig. »Das habe ich nicht nötig, ich muss eine Frau weder zwingen noch überreden, mit mir ins Bett zu gehen, da finden sich genug Freiwillige!« Er biss sich auf die Lippen, als Doortje ihn entsetzt anstarrte. Natürlich, in ihrem Umfeld sprach man nicht so offen über die geschlechtliche Liebe. Dazu kamen die furchtbaren Erlebnisse, mit denen sie fertig werden musste. »Verzeihen Sie«, sagte er deshalb leise. »Ich wollte keine … keine zotigen Reden führen. Aber Sie … Sie müssen mich auch nicht immer so aufbringen! Es schmerzt mich, wenn Sie mir nicht glauben. Es beleidigt mich, wenn Sie …«
»Wenn ich nicht begeistert bin über Ihre Liebelei mit meinem Hausmädchen?«, fragte sie. »Wenn es mich beleidigt, wenn ein weißer Mann Unzucht treibt mit einem Kaffernweib?«
Kevin seufzte. Aber er würde sich jetzt nicht wieder provozieren lassen. Zumal er auch nicht glaubte, dass aus Doortjes Worten nur ihr Abscheu gegen Unzucht mit Abhängigen sprach. Eher vermutete er Eifersucht. Doortje war schließlichnicht dumm, sie hätte seine Erklärungen zu Nandés Auftritt in jener Nacht akzeptieren müssen.
Kevin kam der Gedanke, die junge Frau seinerseits ein bisschen zu ärgern. »Mit Verlaub, Doortje, ich habe Ihnen mehrfach erklärt, was zwischen mir und Nandé war oder besser gesagt nicht war«, sagte er gelassen. »Ich mache mir diese Mühe, weil ich möchte, dass Sie die Wahrheit wissen und glauben. Wenn ich Nandé dagegen wirklich liebte, brauchte ich nichts zu erklären. Das ginge Sie dann nämlich überhaupt nichts an.« Zufrieden registrierte er, dass sie ihn fassungslos anstarrte. Dann fuhr er fort. »Ich bin ungebunden, und Nandé ist es auch, wir brauchten also kein Geheimnis daraus zu machen, wenn wir heiraten wollten.«
»Heiraten?« Doortjes Stimme klang schrill.
Kevin nickte. »Warum nicht? Wenn ich Nandé wirklich liebte, würde ich sie natürlich fragen, ob sie mich heiraten wollte.«
»Aber sie ist schwarz!«, wandte Doortje ein.
Kevin lachte. »Na und? Mir wäre es völlig egal, ob meine Frau schwarz ist oder weiß. Hauptsache, sie ist klug und wortgewandt, leidenschaftlich, gern auch ein bisschen kratzbürstig.« Er schob sich auf die Sesselkante, näher an Doortje heran. »Nandé ist ein liebes Kind, Doortje. Und sie hat Schlimmes durchgemacht, glauben Sie mir, es ist ihr nicht besser ergangen als Ihnen. Auch sie wurde missbraucht, auch ihre Familie ist tot. Wenn sie da ein Spitzennachthemd ein bisschen tröstet, und wenn es sie glücklich macht, in meiner Küche zu schlafen und so zu tun, als sei sie selbst die ›Baas‹ … Was ist so schlimm daran? Ich jedenfalls wusste nichts davon, bevor sie mich damals weckte. Das sage ich Ihnen jetzt zum letzten Mal, und Sie können es mir
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