Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
nach Addington. Er schien nicht sehr erpicht darauf zu sein, den Vorträgen und Diskussionen der Viehbarone beizuwohnen.
»Ist doch auch eigentlich eher der Job deines Bruders, oder?«, fragte Vincent bei ihrem ersten Whiskey. »Sagtest du nicht mal, dein Vater ginge gar nicht so gern zu diesen Veranstaltungen?«
Kevin zuckte die Achseln. »Patrick rührt sich zurzeit nicht von Juliets Seite. Und er hat drauf bestanden, dass sie mit ihm nach Otago zieht, auf die Farm meiner Eltern. Da wären sie mehr für sich und könnten sich wieder näherkommen. Es gäbe keine Ablenkungen wie damals in Dunedin …«
In groben Zügen schilderte er Vincent den bisherigen Verlauf von Patricks Ehe. Der Tierarzt lauschte aufmerksam. Und schürzte die Lippen, als er eins und eins zusammenzählte.
»Diese Juliet ist aber nicht das Mädchen, das dich in den Krieg getrieben hat, oder?«
Kevin grinste ertappt. »Wie kommst du darauf?«, fragte er, weit davon entfernt zu leugnen.
»Robertas Reaktion auf sie ließ so etwas vermuten. Sie ist doch sonst so höflich, aber auf diese Juliet reagierte sie geradezu allergisch. Und jetzt wohnt ihr alle auf dieser Farm? Du mit Doortje und Patrick mit Juliet? Schwierige Situation!«
Kevin schüttelte den Kopf. »Nein. Kein Gedanke. Juliet und Doortje finden einander unausstehlich. Wobei ich nicht weiß, was Juliet gegen Doortje hat …«
Vincent gluckste und hätte sich vor Lachen fast an seinem Whiskey verschluckt. »Soll ich mal ein paar Vermutungen äußern?«, fragte er.
Kevin sah ihn strafend an. »Mach dich nur lustig«, sagte er melodramatisch. »Was Doortje gegen Juliet hat, ist leider eindeutig. Sie stört sich an deren Hautfarbe. Juliet ist Kreolin – ach ja, du hast sie ja gesehen. Eine seltene Schönheit, nicht?«
Vincent zuckte die Achseln. »Schönheit ist nicht alles«, bemerkte er. »Gegen Roberta fällt sie ganz klar ab. Sie hat was … Gehetztes, wenn du mich fragst. So schnell wird die nicht sesshaft werden. Aber du magst ja diese Problemfälle. Doortje …«
»… war kaum zu bewegen, sich mit Juliet an einen Tisch zu setzen«, seufzte Kevin. »Und Juliet hat sich auch nicht gerade ladylike verhalten. Sie führte Doortje gnadenlos als Landpomeranze vor, und die hatte ihr zumindest so schnell nichts entgegenzusetzen. Wie auch, sie wundert sich ja schon, wenn eine ›Farbige‹ in ganzen Sätzen spricht.«
Vincent schüttelte den Kopf. »Das muss sich jetzt aber langsam mal ändern, Kevin. Ist sie immer noch so … so …?«
Kevin vergrub den Kopf in den Händen. »Wir führen nach wie vor keine Ehe, Vincent«, gestand er dem Freund. »Sie wehrt sich nicht, und ich muss gestehen, ich … in den letztenWochen habe ich sie zweimal genommen. Ich wollte es eigentlich nicht, aber ich bin auch nur ein Mensch. Und sie hatte keine Einwände. Im Gegenteil, sie sagte, sie habe sich schon gewundert … Aber sie lag da … stocksteif, teilnahmslos … das ist nicht richtig, Vincent. Nichts ist richtig. Und jetzt lebe ich mit ihr in dem alten Blockhaus.«
»Noch mal, wo lebt ihr?«, fragte Vincent nach. Bisher war nur von Dunedin und Elizabeth Station die Rede gewesen.
»In der Goldgräberhütte, die Michael für Lizzie gebaut hat, lange bevor sie die Farm hatten. Sie ist ganz stabil, wenn auch alt, näher an Lawrence, was für mich durchaus von Vorteil ist. Meine Eltern haben sie uns angeboten, nachdem Patrick … nun, er ist schon sehr deutlich geworden. Tatsächlich möchte er weder mich noch Doortje in der Nähe seiner Juliet …«
Vincent lächelte. »Ich kann’s ihm irgendwie nachfühlen«, spottete er.
»Wie schön, dass du dich amüsierst«, gab Kevin bitter zurück. »Jedenfalls war Doortje gleich dafür, sie sprach von einer eigenen Farm, was Patrick wieder aufbrachte. Die Goldgräberhütte steht auf dem Land von Elizabeth Station … Aber jedenfalls hatte er nichts dagegen, dass wir erst mal einzogen. Und Doortje tut jetzt so, als sei sie ganz zufrieden. Sie hat ein paar Schafe, eine Kuh, legt einen Garten an … Oder beaufsichtigt zumindest Nandé dabei, einen Garten anzulegen. Das arme Ding schuftet sich halb tot, aber für Doortje ist die Arbeitsteilung einfach klar: die gröberen Aufgaben für die Kaffern, die anspruchsvollen für die Baas. Sie selbst backt Brot, macht Käse … es wäre sehr schön, wenn sie … also wenn wir … ein Liebespaar wären. Du verstehst, was ich meine?«
Vincent nickte. »Natürlich.«
Es konnte romantisch sein,
Weitere Kostenlose Bücher