Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Titel: Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
Vater und Mutter und Bruder und Nandé. Wir immer haben gearbeitet auf Felder von Baas VanStout.«
    Beim Gedanken an ihre Familie verdüsterte sich Nandés Miene. Patrick sah das und fragte nicht nach dem Schicksal ihrer Verwandten.
    »Das klingt aber nach mindestens zwei Männern, Miss Nandé. Hier dagegen …« Er ließ den Blick über drei bereits bepflanzte Beete schweifen. »Haben Sie das alles allein gemacht?«
    Nandé bejahte. »Mr. Kevin sagt, helfen, wenn hat Zeit.Wenn er Zeit hat.« Sie verbesserte sich und wirkte stolz, als Patrick ihr zunickte. »Aber hat viel Arbeit in Hospital. Arzt schwere Arbeit. Aber gut! Gut, dass helfen Leute.« Nandé nahm das Baby auf, das sich in seinem Körbchen regte.
    »Aber Sie brauchten hier auch Hilfe«, meinte Patrick. Dann warf er einen Blick auf das Buch, das Nandé eben etwas nervös in Abes Körbchen versteckte. »Das war übrigens mein Buch, früher …«
    Nandés Teint verdunkelte sich. Patrick registrierte ihre unauffällige Art, rot zu werden. Er fand sie hinreißend, noch nie war ihm ein Mensch mit einem derart sprechenden, offenen Gesicht begegnet. Nandé nestelte das Buch jetzt rasch wieder aus den Decken.
    »Oh, Verzeihung. Ich nicht wusste. Gebe zurück, natürlich. Bitte verzeihen!«
    Patrick schüttelte den Kopf. »Da brauchen Sie sich doch nicht zu entschuldigen. Bestimmt hat’s Ihnen meine Mutter gegeben, nicht wahr? Und ich schenke es Ihnen jetzt …«
    Nandé strahlte. »Ehrlich, Mr. Patrick? Eigenes Buch? Dann ich hab schon drei, zwei von Miss Roberta und jetzt dies. Dies schöner als andere. Andere von Kinder, die arm und traurig. Armer kleiner Oliver und armer kleiner David. Aber hier lustige Tiere! Kaninchen sprechen! Und Mädchen.«
    Patrick lachte. »Damit hat Kevin mich immer gehänselt. Dass ich Mädchenbücher lese. Und ich muss auch zugeben: Dies hat zuerst Matariki gehört, meiner Halbschwester. Solche Bücher gehen von einem zum anderen, Miss Nandé. Sie können es dann ja an meine Tochter zurückschenken, in zehn Jahren … Bis dahin lesen Sie wahrscheinlich Bulwer-Lytton.«
    Nandé schaute etwas verständnislos, lächelte aber. »Kleine May sehr süß!«, sagte sie. »Aber Sie mir jetzt geben Spaten. Muss ich weitermachen, Baas Doortje sonst ärgerlich. Undmuss auch noch Gras schneiden und Schafe füttern und Kuh melken, bevor kommt zurück.«
    Patrick hatte mit dem Graben innegehalten, solange er mit Nandé über das Buch sprach. Jetzt stieß er den Spaten erneut mit aller Kraft in die Erde.
    »Was zahlt Ihnen mein Bruder eigentlich dafür?«, fragte er dann, etwas ärgerlich. Es sah aus, als habe diese junge, schwarze Frau Angst vor Kevins Doortje. Die Hast, mit der sie grub, der Versuch, das Buch zu verstecken. »Sie spielen Kindermädchen, graben um, versorgen das Vieh … Sie ersetzen hier eine ganze Belegschaft, ist Ihnen das klar?«
    Nandé zuckte die Schultern. »Ich nicht kriegen Geld«, erklärte sie dann. »Wir nicht fragen Geld von Baas. Das ist … ungehörig …« Nandé kämpfte ein wenig mit dem schweren Wort. »Nicht Gottes Ordnung«, fügte sie dann hinzu. »Baas geben Arbeit und Essen, Kaffer arbeitet. Das Gottes Ordnung.« Nandé gab das emotionslos wieder. Sie schien es nicht zu hinterfragen.
    Patrick ließ den Spaten wieder sinken. »Sie schuften hier unbezahlt, Nandé?«, fragte er entsetzt und vergaß das vornehme Miss. »Weil es Gottes Ordnung ist, dass Weiße die Aufsicht führen und Schwarze arbeiten? Gegen Essen und Unterkunft? Na, da würde ich aber gern mal Miss Morison von der Tailoresses’ Union zu hören! Die würde Ihrer Doortje die Ohren lang ziehen! Und Kevin mit. Wie kann er …?«
    »Mr. Kevin sagt, will was geben. Nennt Taschengeld. Taschengeld vielleicht Gottes Ordnung?« Nandé schaute zweifelnd.
    Patrick verdrehte die Augen. »Nandé, Gott hat mit der Lohnstruktur in diesem Land sehr wenig zu tun. Damit befassen sich eher die Gewerkschaften. Hier jedenfalls gibt es eine Verfassung, die Sklaverei verbietet. Sie müssen nicht für Miss Doortje kostenlos den Garten umgraben.«
    Nandé zuckte die Schultern. Sie verstand mal wieder nichts. Aber in Patrick keimte eine Idee.
    »Nandé, wenn Sie für Ihre Arbeit bezahlt werden würden. Wie viel würden Sie fordern?«
    Nandé kaute auf ihren Lippen. Sie waren sehr voll und sehr klar geschnitten, es sah fast aus, als umrahmten sie ihren Mund mit einem feinen, dunkleren Strich. Patrick fragte sich, warum man die Lippen der Schwarzen wulstig nannte.

Weitere Kostenlose Bücher