Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
Ihm wäre hier eher ein Wort wie sinnlich eingefallen.
»Vielleicht … hm … ein Pfund?«, fragte sie unsicher.
Wahrscheinlich war ihr auch die Währung ihres neuen Landes noch ein Buch mit sieben Siegeln.
Patrick nickte. Er fühlte sich etwas schuldig bei seinem Vorhaben, aber Juliet würde er damit glücklich machen, und Nandés Situation konnte sich nur verbessern.
»Hören Sie, Nandé, meine Frau wünscht sich schon seit langem eine Zofe …«
»Zo…?« Nandé wusste mit dem Wort nichts anzufangen.
»Eine Zofe ist ein junges Mädchen, das einer Lady beim Ankleiden hilft und beim Frisieren«, erklärte er. »Es hält ihre Kleider in Ordnung, na ja, und bei uns würde auch manchmal Kinderhüten dazukommen. Aber es ist keine schwere Arbeit.«
Nandé nickte gelassen. »Ja, jetzt ich weiß. Auf Schiff mich genannt so die Leute. Zofe von Baas Doortje.«
»Gut«, meinte Patrick. »Also, hätten Sie nicht Lust, stattdessen die Zofe von Miss Juliet zu werden? Ich kann Ihnen nicht viel zahlen. Eigentlich leisten sich nur reiche Leute eine Zofe, und ich bin nicht reich. Aber ein Pfund in der Woche am Anfang, und später vielleicht auch zwei, das schaffe ich.«
»Die Woche?«, fragte Nandé fassungslos. »Dann bald ich reich!«
Patrick lachte. »Wenn Sie eifrig sparen!«, neckte er sie. »Also was ist, kann ich Sie abwerben?«
In Nandés Gesicht bekämpften sich Begehrlichkeit und Pflichtbewusstsein. Sie hatte Miss Juliet interessant gefunden – eine farbige Baas war in Südafrika undenkbar, aber vielleicht war sie ja nachsichtiger als eine weiße Baas. Und Miss Juliet lebte im Haus von Miss Lizzie. Es wäre ein Traum, dorthin zurückzukehren. Miss Lizzie war so nett, und auf Elizabeth Station hatte Nandé nicht im Stall schlafen müssen, sondern ein richtiges eigenes Zimmer gehabt mit einem Bett und sauberen Laken. Wie eine weiße Lady. Allerdings …
»Ich nicht kann, Mr. Patrick. Ich gehören zu Baas Doortje, unsere Familie arbeiten für ihre Familie. Immer. Ist Gottes Ordnung. Und Mr. Kevin auch noch bezahlt Schiff. Das muss ich abarbeiten, sagt Baas Doortje.«
Patrick schaute grimmig. Da war also durchaus über die Ungerechtigkeiten gegenüber der Schwarzen gesprochen worden in der jungen Familie Drury! Kevin wusste genau, dass er Nandé Unrecht tat. Also würde er nicht protestieren. Und was Doortje zu der Sache sagte, war ihm ehrlich gesagt ziemlich egal.
»Hören Sie zu, Nandé, ich nehme Sie jetzt mit. Nein, Sie müssen das Kind nicht allein lassen, das nehmen wir auch mit, meine Mutter wird sich freuen, den Kleinen mal wiederzusehen. Kevin und Doortje können ihn später abholen, und dann werde ich ihnen auch erklären, warum Sie jetzt für Juliet und mich arbeiten. Sie brauchen sich da gar nicht zu rechtfertigen. Dies ist ein freies Land, Nandé. Sie können gehen, wohin Sie wollen, und arbeiten, für wen Sie wollen. Und machen Sie sich keine Sorgen wegen der Schiffspassage. Die haben Sie längst bezahlt. Also, entscheiden Sie sich jetzt: Arbeitssklavin bei Miss Doortje oder Zofe und Kindermädchen bei Juliet und mir?«
Nandé holte tief Luft. Dann strahlte sie Patrick an.
»Ich arbeiten gern für Mr. Patrick. Und Miss Juliet sehr schön, Missy May sehr süß.«
Patrick lächelte. »Fangen Sie nur ja nicht an, meine Tochter zu siezen! Die wird schon genug verwöhnt. So, und nun schauen wir mal, ob mein Pferd uns beide trägt.« Er warf einen Blick auf Nandés nackte Beine und verspürte Regungen, die sich der Zofe seiner Gattin gegenüber eigentlich verboten. »Oder nein, das wäre nicht schicklich«, verbesserte er sich. »Sie reiten, Miss Nandé, und ich führe das Pferd. Nein, keine Widerrede, etwas Bewegung tut mir gut. Meinem Bruder im Übrigen auch. Der soll seinen Garten mal schön selbst umgraben.«
KAPITEL 6
Kevin Drury schaute in seiner Praxis in Lawrence vorbei, bevor er zur Goldgräberhütte hinaufritt. Niemand wartete davor, also hatte ihn wohl auch während der Tage, die er in Christchurch verbracht hatte, niemand vermisst. Der Bedarf der Dörfler an ärztlicher Hilfe war nicht groß, Kevin hatte ihn erheblich überschätzt, als er dem alten Dr. Winter angeboten hatte, seine Praxis zu übernehmen. Aber Lawrence war natürlich eine sehr kleine Gemeinde, fast alles frühere Goldgräber, die nicht mit jedem Wehwehchen zum Arzt gingen. Ihre Frauen wandten sich mit Problemen an die Hebamme, eine Maori-Heilerin gab es wohl auch in der Nähe. Und ganz sicher bildete sich niemand
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